Gustenfelden "bundesweit einzigartig"

11.8.2016, 17:47 Uhr
Gustenfelden

Los ging es in Gustenfelden, das in Sachen Direktvermarktung „bundesweit einzigartig ist“, wie Werner Wolf als Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Roth (AELF) unterstreicht. Mehrere Hofläden haben sich zusammengeschlossen, um Einheimische und Gäste mit regionalen Spezialitäten zu versorgen. Mit dabei ist auch der „Milch- und Geflügelhof Wagner“. Der Hof liegt zentral im Ort, und zwar so zentral, „dass wir von unseren Nachbarn eingekesselt sind“, erzählt Betriebschef Manfred Wagner dem Besucher. Diese Enge war auch der Grund dafür, einen Betriebszweig zu verlegen. Im Aussiedlerstall hat nach der Jahrtausendwende die Legehennenhaltung ihren Platz gefunden.

Die Wagners setzen auf das Volieren-System mit Wintergartenauslauf und mehreren Ebenen, auf denen sich die 5000 Tiere frei bewegen können. Die Vorgaben würden eine weitere Belegung ermöglichen. Um ein Drittel des jetzigen Bestands könnte aufgestockt werden. Doch die Familie gönnt dem Federvieh lieber mehr Platz.

Auf dem Weg zu dem Stall kommt man am Gänsegehege vorbei, wo sich auch ein Mobilstall befindet – das Meisterprojekt von Sohn Sebastian. Der 27-Jährige hat sich auch ein Beschäftigungsprogramm für einige der 500 Gänse ausgedacht. Er lässt sie heuer erstmals durchs Maisfeld stolzieren und dort nach Herzenslust knabbern. Ein kleiner Hügel sorgt dafür, dass die 200 Bronzeputen nebenan ihren Spieltrieb ausleben können. Sie sind auch für ihre Redseligkeit bekannt. Als die Wagners den Gast vorbeiführen und die Stimmen etwas lauter erschallen lassen, schnattern die Puten wie auf Kommando zurück. Ein Effekt, den vor allem Kinder kennen, wie Doris Wagner erzählt.

Das Ehepaar beschäftigt sieben Mitarbeiter, bald kommt ein Azubi dazu. Herzstück des Betriebs ist die im vergangenen Jahr bezogene Hofmolkerei. Der Liter Frischmilch kostet hier einen Euro. Der Erzeugerpreis, der anderswo gezahlt wird, schockt auch hier. Trotzdem denkt Sebastian Wagner schon über die Verwirklichung eines sogenannten Kompoststalls nach, den er gemeinsam mit anderen Landwirtsfamilien vor Ort verwirklichen will. Derzeit sind es 30 Milchkühe, die sich im alten Laufstall tummeln.

Dankbar sind die Wagners der Regierung für den erst kürzlich fertig gestellten Kreisverkehr am Ortseingang Gustenfeldens, der die Infrastruktur enorm aufbessere. Und dem AELF dafür, dass sie mit dem Tag des offenen Dorfes und vielem mehr der Entwicklung Gustenfeldens in Sachen Direktvermarktung entscheidende Impulse geliefert habe.

Lob in beide Richtungen gibt es auch von Stefanie und Thomas Burk, die in Gustenfelden auf zwei festen betrieblichen Standbeinen stehen: Sie bauen Heilkräuter und Tabak an. Der Tabakanbau hat in der Familie Burk schon seit Generationen Tradition. Diese führen Stefanie und Thomas Burk nun weiter. Auf 18 Hektar bauen sie die nikotinarme Sorte „Virgin“ an. Geerntet wird per Hand. Die Mitarbeiter (derzeit sind ein Dutzend Saisonarbeitskräfte beschäftigt) fahren dafür auf Gefährten, die stark den Kettcars ähneln, durch die Reihen und pflücken die goldgelben Blätter, die dann zu den Geschäftspartnern nach Ägypten exportiert werden. 90 Prozent der Produkte von den Tabakfeldern der Burks werden dorthin geliefert. Die veredelten Blätter sind zum Gebrauch in Wasserpfeifen bestimmt. Auch in den in Deutschland immer beliebteren Shishas dürfte sich des Öfteren Tabak finden, der hier in Gustenfelden angebaut wird.

Bevor die Blätter auf die Reise gehen, werden sie auf dem Hofe der Burks getrocknet. Dann geht es zur großen Verwiegehalle der Erzeugergemeinschaft „Bayern Tabak“ nach Kottensdorf. Im gemeinsamen Namen setzt man zwar auf weißblau als Marke, aber eigentlich flattert der rotweiße fränkische Rechen über sämtliche 22 Anbaubetriebe im Freistaat.

Die Familie Burk setzt seit 1992 auch auf Heilkräuter und braucht für die rund 4,3 Hektar Anbaufläche keine Pflanzenschutzmittel. Aus Überzeugung und auch, weil die Abnehmer dies so wollen. Das bedeutet mechanische Mehrarbeit und auch mehr Risiko. In diesem Jahr zum Beispiel leidet der Alant aufgrund der Witterung besonders unter der Rostkrankheit.

Auch Baldrian, Liebstock, Angelika oder die Traubensilberkerze finden sich hier wieder. Verarbeitet werden jeweils nur die Wurzeln. Die eigene Erzeugergemeinschaft betreibt eine Gemeinschaftswaschanlage für das handverlesene Wurzelwerk. Ihre frischgewaschenen Kräuterwurzeln trocken die Burks dann am eigenen Hof in einer gesonderten Trockenanlage. Sowohl diese als auch jene für den Tabak sollen in naher Zukunft modernisiert und damit energieeffizienter gestaltet werden.

Und dann soll die Betriebsführung ja auch an die nächste Generation weiter gegeben werden. Die fünfjährige Tochter Eva übt schon, Verantwortung zu übernehmen: Sie kümmert sich derzeit um zwei Hasen am Hof.

(Weiterer Bericht vom Besuch des Regierungspräsidenten folgt)

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