Roth: Grundschulen kooperieren mit Kindertagesstätten

11.4.2014, 18:53 Uhr
Roth: Grundschulen kooperieren mit Kindertagesstätten

© Petra Bittner

Märchenerzähler Olivier wirft lässig seine braune Mähne über die Schulter, um in einen imaginären Topf zu gucken – und schaut mit großen Augen in die Röhre! 140 Kinder lachen aus vollem Hals. Es sind die Vorschul-Steppkes der Awo-Kita "Waldwichtel", des evangelischen "Regenbogen"-Kindergartens und des "Guten Hirten" in Pfaffenhofen. Heute Morgen statten sie den Erst- und Zweitklässlern am Nordring einen Besuch ab - "weil sie zur Schulfamilie gehören", sagt Grundschullehrerin Edith Katheder mit einer gewissen Selbstverständlichkeit.

Doch selbstverständlich ist das keineswegs. Eher die Initialzündung für ein großes Miteinander. Denn dass alle drei Kindertagesstätten, die im Einzugsbereich des Nordrings liegen, mit der Bildungseinrichtung ein gemeinsames Event bestreiten, gilt als Novum - "ein zartes Pflänzchen, aus dem was werden kann", freut sich Heidi Niemietz nicht ohne Stolz.

Immerhin ist sie "schuld" am Entstehen der Veranstaltung: Als Waldwichtel-eigene "Fachkraft für Sprache und Integration" hat sie beim eloquenten Märchenonkel vorgefühlt; als "Kooperationsbeauftragte" hat sie ihn und die anderen Kitas an die Schule geholt – dank der finanziellen Unterstützung des Nordring-Elternbeirats und dem Zutun von Edith Katheder. Auch die Erstklasslehrerin fungiert nämlich seit gut zwei Jahren als "Kooperationsbeauftragte". Oder anders gesagt: Die beiden Damen sind der "heiße Draht" zur Institution der jeweils anderen. Kooperationsbeauftragte. Die Vokabel ist inzwischen kein Fremdwort mehr an bayerischen Schulen und Kindertagesstätten. Alle haben sie eine(n), weil: "Gemeinsam Verantwortung tragen" lautet das erklärte Ziel. Zum Wohle der Kinder.

Diese Maxime haben sich das Bayerische Kultus- und das Sozialministerium 2012 sogar in ihre BayBL geschrieben – die "Bayerischen Bildungsleitlinien für die Erziehung von Kindern bis zum Ende der Grundschulzeit". Dort wäre es nachzulesen, erklärt Sozialministeriumssprecher Maximilian Griebl: Damit "Kindern und Eltern der Übergang vom Kindergarten in die Schule erleichtert" werde, seien "Bildungsinhalte besser aufeinander abzustimmen und die Zusammenarbeit der Bildungseinrichtungen nachhaltig zu organisieren".

Viel mehr Struktur

"Neu ist das nicht", meint Schulrat Alexander Schatz: "Die Kindergärten arbeiten seit Jahren nach dem Bayerischen Bildungsplan. Seitdem läuft Vieles strukturierter", erläutert er. Jährliche Kooperationstreffen von Kita- und Grundschulpersonal, das durch ErzieherInnen begleitete Einschulungs-Screening, Schulschnuppertage oder gemeinsame Projekte von Kindergarten und Schule gehören inzwischen zum guten Ton. Auch Vorkurse für Kita-Kinder mit und ohne Migrationshintergrund zählen dazu. An der Kupferplatte intensiviere ein Arbeitskreis die Kooperationsbemühungen auf Landkreisebene... – Gleichwohl hat man es jetzt institutionalisiert, das Streben nach mehr Miteinander. Denn seit diesem Schuljahr stehen erstmals zusätzliche Lehrerstunden für die Kooperationsarbeit auf der Agenda. Im Schulamtsbezirk Roth seien es 56, erklärt Schulamtschefin Dröse - "und nächstes Jahr wird’s weitergeführt". Das Bildungsfinanzierungsgesetz (Bif) mache es möglich.

Eine Nachricht, die Edith Katheder gerne hört. Sie selbst muss mit einer Bif-Stunde pro Woche auskommen, tue das aber gerne, weil sie mittlerweile weiß: "Durch eine intensive Kooperation lassen sich viele Ängste abbauen". Alleine das sei es wert, die Energie nicht nur in gemeinsame Eltern-Infoabende oder die obligatorische Schnupperstunde für Vorschulkinder zu stecken.

Aktivitäten-Kalender

Im vergangenen Jahr habe man mit den Awo-Wichteln ein Heckenprojekt angepackt, heuer sollen die "Regenbogen“-Kids den Lebensraum Wiese mit ihren Erstklass-Kollegen erkunden. Vorlesestunden, Schulhausrallye und neuerdings auch „Unterricht in der Kita“ stünden ferner auf dem Plan – besser gesagt: im "Kooperationskalender". Denn einen solchen hat Edith Katheder zusammen mit Heidi Niemietz und der "Regenbogen"-Kooperationsbeauftragen Anita Sauer konzipiert, um die vielen Aktivitäten besser koordinieren zu können.

Es sind Interna, die extern große Wirkung zeigen: "Wenn die Kinder mit ihren Eltern zum Einschulungstest kommen, kennt man sie teils schon mit Namen", sagt Edith Katheder. Das schaffe Vertrauen – bei Kindern wie Eltern. Und: "Mütter – oft gerade die mit Migrationshintergrund – erzählen mir sogar beim Einkaufen ihre Sorgen", führt die Pädagogin als Indiz einer neuen Offenheit an.

Aber auch für sie selbst zahle sich das Engagement aus: "Zum Schulbeginn kann man die Schüler einfach schon besser einschätzen", hat Edith Katheder gemerkt.

Entspanntere Lehrer, entspanntere Kinder, entspanntere Eltern also? "Auf jeden Fall" bestätigt die Lehrerin einschlägige Plus-Effekte. Deshalb will sie jetzt einen weiteren Aspekt forcieren: die Elternpartnerschaft. Im Klartext: "Eltern sollen mehr in den Schulalltag einbezogen werden". Und zwar ab der Vorschule.

Anja Barth, Leiterin der Awo-Kita "Waldwichtel", ist "sofort dabei". Denn auch sie hat – wie ihre Kolleginnen Christine Rosert vom "Regenbogen" und Claudia Schwab vom "Guten Hirten" – festgestellt: "Wenn eine positive Bindung zur Schule da ist, fühlen sich alle Beteiligten gut aufgehoben". Brücke statt Bruch laute die Devise. Der Ernst des Lebens? "Das war einmal". Daran glaubt Edith Katheder ganz fest. Zumindest am Start solle es inzwischen keiner mehr dem Märchenerzähler gleichtun müssen - und in die Röhre schauen...

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