Handgemachte Wiederverwertung wird zur Kunst

7.8.2014, 17:29 Uhr
Handgemachte Wiederverwertung wird zur Kunst

© Braun

„Handmade upcycling.“ Das ist eine Art der Abfallverwertung, bei der aus einem minderwertigen Stoff ein höherwertiger entsteht. Das ist es, was die Männer und Frauen im Alter von 17 bis 26 Jahren bei der Umweltstation betreiben. Aus Armenien, der Türkei, Russland, Spanien, Serbien oder Südkorea sind sie auf eigene Kosten angereist. Für ihre Versorgung und Unterkunft arbeiten sie jeden Tag fünf Stunden in der Umweltstation. Zu jeweils acht teilen sie sich ein Zimmer im „Haus der Geschichte“ und in der Diakonie. Bei Stockbetten und nur einem gemeinsamen Bad kann von Luxus keine Rede sein, aber darauf käme es den umweltbewussten Jugendlichen auch gar nicht an, erklären sie.

Zu Beginn lernen erst einmal alle, die männlichen ebenso wie die weiblichen Workshop-Teilnehmer, wie man mit einer Nähmaschine umgeht. Denn diese Fähigkeit ist essentiell für ihr Vorhaben mit Doris Hautum.

Zusammen sammeln die jungen Erwachsenen Plastiktüten in Haushalten. „Überrascht“ seien sie gewesen, „wie viele davon die Bürger noch benutzen“. Dann geht es an die wirkliche Arbeit. Mit Hilfe von Schere, Backpapier und Bügeleisen werden die Tüten zu Kulturbeuteln, Tragetaschen oder Laptop-Hüllen verschmolzen. Andere Resultate des Workshops sind zum Beispiel Einkaufstaschen aus zerschnittenen Tetra Paks mit Fahrradreifen als Henkel.

Passend zum Motto „What goes around comes around“ fertigen die vier Studenten an der nächsten Station Bumerangs aus Holz, die sie dann bunt bemalen. Während ein handwerklich begabter junger Mann die Wurfgeschosse aus Holz feilt, sitzt ein russisches Mädchen neben ihm und versieht ein bereits in Form gebrachtes Exemplar mit bunten Rosen. Mit „tollem Teamwork“ entstehen hier „wahre Kunstwerke“, findet nicht nur Dieter Schöbel, der die Umweltstation leitet.

Auf dem Tisch reihen sich schon die Bumerangs, einer davon fällt mit einem aufgemalten Auge besonders auf. Denn der Jugendliche, der danebensitzt, trägt ein dazu passendes Tattoo auf seinem Unterarm.

Wenige Meter vom Arbeitsplatz dieser Studenten entfernt steht die Humus-Toilette. Sie wird momentan mit der Hilfe des Künstlers Uli Hallmeyer aus Spalt ausgebaut. Als Vorbild für das äußere Erscheinungsbild der Sanitäranlage haben sich die Workcamper die Werke von Friedensreich Hundertwasser ausgesucht. So erstrahlt das Häuschen nun in kräftigen Farben.

Durch den im ersten Workcamp 2007 angelegten Kräutergarten gelangt man zur letzten der drei Arbeitsgruppen. Sieben Jugendliche und der Referent Peter Bauer aus Regensburg bauen dort an einem Sichtschutz aus Holz. Auch hier werden nur Materialien verwendet, die normalerweise nicht benötigt beziehungsweise weggeworfen werden.

Durch die Unterstützung von Willi Winkler, dem Leiter des Georgensgmünder Bauhofs, haben die jungen Frauen und Männer im Camp große Mengen an Ästen und Regentonnen parat. Mit Schutzbrillen vor den Augen, arbeiten sie mit Säge und Zollstock daran, die Plastiktonnen in Streifen zu schneiden. Und beim Aufstellen der Holzbalken kommt noch die alteingesessene Methode des „Zapfens“ statt Zusammenklebens oder -schraubens der Balken zum Einsatz.

Die Jugendlichen lernen laut Schöbel „Gestaltungskompetenzen“ und bilden so ihre „Persönlichkeit“. Auch weil „handwerkliche Fähigkeiten in der Schule kaum noch gelehrt werden“, findet er es wichtig, dies den jungen Erwachsenen zu vermitteln. Denn Umweltbewusstsein, das im Gegensatz zu „unserer extremen Konsumgesellschaft“ steht, soll Teilnehmern nicht nur theoretisch näher gebracht, sondern „vor allem in der Praxis verständlich gemacht werden“.

„Umweltbildung hat leider einen viel zu kleinen Stellenwert“ findet auch Ben Schwarz, Bürgermeister von Georgensgmünd. Deswegen setzt er alles daran, das Workcamp trotz „großer finanzieller Schwierigkeiten“ auch im nächsten Jahr wieder in das Rezatstädtchen zu holen.

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