Hilpoltstein: Die Wirtschaft ist gefordert

2.9.2017, 09:00 Uhr
Hilpoltstein: Die Wirtschaft ist gefordert
Hilpoltstein: Die Wirtschaft ist gefordert

© Fotos: Robert Unterburger

Diese Wanderausstellung war in den vergangenen Jahren in 60 Orten des Freistaats zu Gast und ist bereits für 2018 komplett ausgebucht. Nun ist sie in den nächsten dreieinhalb Wochen im Haus des Gastes zu sehen.

Landrat Herbert Eckstein konnte bei der verregneten Eröffnung neben Vertretern der "Bayern Innovativ GmbH", die die Wanderausstellung konzipiert hat, auch Vertreter der solid GmbH, die Bürgermeister fast aller 16 Landkreisgemeinden, Mitglieder des Umweltausschusses im Rother Kreistag, eine Reihe von Kfz-Händlern, Vertreter der Berufsschule Roth und Stromversorger willkommen heißen.

Eckstein erläuterte, dass der Anteil an regenerativen Energien im Jahr 1990 bei 3,6 Prozent gelegen habe. 2000 sei der Anteil auf 6,6 Prozent, 2010 auf 16,6 Prozent und 2016 auf 29,5 Prozent gestiegen. In Deutschland gebe es im Moment 45 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor, aber nur gut 34 000 Elektrofahrzeuge.

2030 bereits 50 Prozent

Im Landkreis Roth habe es 2010 zehn Elektroautos, 2015 50 gegeben und 2017 seien 128 registriert worden. Insgesamt macht das erst 0,1 Prozent aller Fahrzeuge im Landkreis aus.

Nach dem Pariser Klimaabkommen werde angestrebt, dass es 2030 50 Prozent Elektroautos gebe. Nach den Prognosen der Bundesregierung sollen dann sechs Millionen Elektroautos in Deutschland existieren. Das bedeute, dass pro Jahr 400 000 Elektrofahrzeuge gebaut werden müssten.

Während ein Elektroauto aus 200 Einzelteilen bestehe, habe ein Auto mit Verbrennungsmotor 14 000 Einzelteile, berichtete der Landrat weiter.

"Gefordert ist die Wirtschaft", so Herbert Eckstein, "wir alle müssen lernen, dass wir Stück für Stück mitmachen". Und: "Wir brauchen Geduld für alle Bereiche; müssen versuchen mitzuhelfen, wenn es gilt, praktische Erfahrungen zu sammeln." Leider gebe es noch zu wenige Ladestationen.

Dr. Rainer Seßner, Geschäftsführer der Bayern Innovativ GmbH, wies darauf hin, dass die Bayerische Staatsregierung das Thema Elektromobilität zu den "wichtigsten politischen Handlungsfeldern in Bayern" zähle. Um die Akzeptanz dieser zukunftsweisenden und umweltfreundlichen Technologie in der Bevölkerung zu erhöhen, müsse vorrangig eine öffentlich zugängliche Lade-Infrastruktur aufgebaut werden.

Allerdings gebe es beispielsweise in Hilpoltstein erst zwei und in Roth erst drei Ladesäulen. "Wir haben Handlungsbedarf und müssen in diese Technologie rein", betonte Seßner, "die Batterietechnik kann nur der erste Schritt sein." Ziel sei es, bis zum Jahr 2020 7000 Ladesäulen in Bayern zu errichten.

Mit der Wanderausstellung wäre es möglich, wichtige Informationen zum Thema "Elektromobilität" zu erhalten, untermauerte Seßner. Sieben Module präsentierten anschaulich die wichtigsten Themenbereiche rund ums Thema Elektromobilität: Geschichte der Elektromobilität, Elektromobilität in Bayern, Elektrisches Fahren: neue Mobilität und Wirtschaftlichkeit, Ladetechnik und Lade-Infrastruktur, Energie und Elektromobilität, Fahrzeugtechnik sowie Europäisches Schnellladenetz und Förderung der Elektromobilität.

Seit über 135 Jahren

Diplom-Physiker Dr. Guido Weißmann, seines Zeichens Projektmanager Technologie Elektromobilität bei Bayern Innovativ GmbH, berichtete, dass es Elektroautos schon seit über 135 Jahren gebe. Weltweit existierten heute 50 verschiedene E-Modelle, 30 davon stammten aus Deutschland.

"Der Strombedarf eines Elektroautos ist so groß wie der Strombedarf eines Einfamilienhauses", berichtete Wirtschaftsingenieur Markus Rützel, Geschäftsführer bei solid GmbH, "wir sind in der Metropolregion im `Ladeverbund Franken plus` organisiert. 2012 hatten wir 16 Ladestationen in der Metropolregion, jetzt haben wir 160 und streben 200 an." Außerdem: "Wir gehören inzwischen zu den Top Ten in Deutschland", fügte er nicht ohne Stolz hinzu.

Elektroautos seien geräuscharm, teuer — trotz staatlicher Förderprämien —, der Betrieb sei aber billig. Man brauche keinen Ölwechsel und keine Zündkerzen, das Tanken dauere immer noch lange, die Reichweite sei gering, es gebe keine Schaltvorgänge. Die Lebensdauer der Batterien lasse noch zu wünschen übrig, andererseits sei aber der Energieverbrauch geringer als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

Elektroautos eigneten sich kaum zum Ziehen von Lasten, es gebe verschiedene, teilweise inkompatible Steckersysteme für die Betankung solcher Fahrzeuge und der Einsatz von Heizsystemen gehe zu Lasten der Reichweite. Wegen der geringeren Wartungskosten des verschleißarmen Antriebs habe ein E-Auto aber eine höhere Lebensdauer als herkömmliche Fahrzeuge, so Rützel.

In der sich anschließenden Diskussion wünschte sich ein Zuhörer, dass die E-Ladestationen "deutlicher kenntlich gemacht werden", denn in Nürnberg seien die Ladestationen oft zugeparkt. Er könne sich vorstellen, dass solche Stationen mit einem Blinklicht ausgestattet würden; in Norwegen seien die Ladestationen gut gekennzeichnet. Seßner erwiderte jedoch, dass man bereits Probleme mit Anwohnern bekommen habe, die sich durch das Blinken gestört fühlten.

Als der Regen aufgehört hatte, konnte man sich endlich nach draußen begeben. Dort warteten vor dem Haus des Gastes schon sechs Elektroautos, die begutachtet werden wollten. Die Gäste hatten auch Gelegenheit, mit Autohändlern Fachgespräche zu führen und sich die Funktionsweise der Elektro-Flitzer erklären zu lassen.

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