Hilpoltstein: Günter Grünwald und seine Angst vor Zugreisen

27.7.2014, 16:40 Uhr
Hilpoltstein: Günter Grünwald und seine Angst vor Zugreisen

© Christoph Raithel

Dass der Ingolstädter Kabarettist damit aber bereits den ersten Punkt auf seiner Seite hat, wird schnell klar, als er kurz vor der Treppe ins Publikum auf dem Absatz kehrt macht „Ich lass mir doch mein Programm nicht versau’n!“ Günter Grünwald schießt in den folgenden zwei Stunden eine Salve nach der anderen ab, beschäftigt sich mit Persönlichem und Alltäglichem. So zum Beispiel mit „vorausschauendem Einkaufen“, er könne das nicht. Wo erfahre man denn am Montag, was man am Mittwoch brauche? Ja, freilich, am Donnerstag könne er einem auch sagen, was er am Mittwoch gebraucht hätte, aber im Voraus? „Ich bin doch kein Nostradamus.“

Vorhersehung liegt Grünwald nicht, sonst hätte er wohl auch eine Bahnfahrt von Ingolstadt nach Köln nicht angetreten. Eigentlich wollte er vor Abfahrt noch in die Buchhandlung am Ingolstädter Hauptbahnhof, einen „richtig schweren Schinken“ kaufen, weniger um auf der langen Fahrt zu lesen, mehr um einen potenziellen Deppen neben ihm zu erschlagen. Kurz nach dem Einsteigen sieht er den Gang einen „schrankbreiten“ Bodybuilder entlanggehen. „Der hat beim Bewegen gequietscht, so aufgepumpt war der!“ Auf dem freien Platz hinter Grünwald setzt sich das Muskelpaket und beginnt direkt mit Dehnübungen, sein Bein schwingt im zehn Sekundentakt bis knapp ans Ohr des Vordermannes.

In Würzburg steigt dann eine Gruppe Monteure eine. Nicht dass deren Schweißgeruch schon anstrengend genug wär, vier Döner und ebenso viel warmes Dosenbier erledigen ihr Übriges. „Da hat’s gestunken, als ob ein Nilpferd 14 Zentner Zwiebeln verdrückt und dann neben dich hinreihert.“

Einen Halt weiter steigt die Gruppe Monteure aus und wird von fünf „17-jährigen Gören“ abgelöst. Schon beim Einsteigen telefoniert eine Jugendliche ständig mit dem Mobiltelefon „Ja – ich glaub es nicht – ja“. Später stellt sich heraus, dass der Freund mit der Telefonierenden soeben Schluss gemacht hat.

„Kennen Sie diese Momente“, fragt Grünwald sein lauthals lachendes Publikum, „diese Momente, wo man sich denkt: Hey, wo ist denn meine Spitzhacke?“ Doch dann kommt der Schaffner, „Der Erlöser“ und fragt im breitesten Sächsisch nach den Fahrkarten. „Nie mehr Bahn!“ das Fazit Grünwalds.

Und auch den ganz alltäglichen Problemen einer Beziehung stellt sich Günter Grünwald. Frauen und Männer seien grundverschieden, das falle schon beim Abendessen beim Italiener um die Ecke auf. Der Mann macht sich einen genauen „kulinarischen Fahrplan: kein Bissen zu viel, keiner zu wenig“. Es wird bestellt, worauf man Hunger hat und was man schafft.

Die Frau hingegen bestellt sich nur eine „klitzekleine Vorspeise“, weil sie zuerst keinen Hunger habe, als dann aber die Pizza des Mannes kommt, frägt sie: „Könnt ich vielleicht einen Bissen von der Pizza haben?“ Als Gentleman der „ganz alten Schule“ hatte man ja schon zuvor der Frau den schöneren Platz mit Blick in das Restaurant hinein überlassen und dann auch noch die Pizza.

Mit vielen Anekdoten bringt Günter Grünwald sein Publikum an diesem Abend zum Lachen und bewegt sich dabei immer kurz über der Gürtellinie und manchmal darunter. Das Publikum applaudiert und fordert Zugabe. Doch die gibt’s nicht, da bleibt Grünwald hart, aus „Gleichberechtigungsgründen“.

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