Hilpoltstein: Inklusion über Kooperation

4.1.2018, 06:00 Uhr
Hilpoltstein: Inklusion über Kooperation

© Jürgen Leykamm

Neun Schüler des Förderzentrums der Rummelsberger Diakonie haben so die Chance, über mehrere Jahre durch den Kontakt mit ihren Kameraden aus der Mittelschul-Partnerklasse Selbstbewusstsein zu tanken. Denn das geschieht hier zwangsläufig, wenn diese Form der Inklusion praktiziert wird, weiß die Comenius-Schulleiterin Renate Merk-Neunhoeffer aus Erfahrung.

Auch ihr Amtskollege von der Mittelschule, Willibald Schaffer, ist sehr angetan von dem Projekt: "Wir sind beide sehr zufrieden, dass die Zusammenarbeit so unaufgeregt läuft, was unserer Meinung nach das beste Zeichen dafür ist, dass hier gemeinsames Lernen und Erleben zum Schulalltag gehört. Kooperation und ein unbeschwerter Umgang miteinander sind wichtige Bausteine hin zu einer inklusiven Gesellschaft."

Dreimal pro Woche haben die 5b der Mittelschule und die M3 der Comeniusschule gemeinsam Unterricht: WTG (Werken und textiles Gestalten), Kunst und Sport beziehungsweise Schwimmen heißen die Fächer, bei denen beide Klassen zusammenfinden. Auch die Pausen werden gemeinsam genossen. Aller Anfang war hier schwer.

Berührungsängste verschwanden

"Zuerst standen immer alle um uns herum," erinnert sich Merk-Neunhoeffer zurück. Das ist lange vorbei. Längst wird gemeinsam durch den Pausenhof getobt. Die vielen Begegnungsmöglichkeiten werden reichlich genutzt. In den vergangenen Wochen ließ man ein gemeinsames Weihnachtsdorf entstehen.

Die Schullandfahrt hat beide Gruppen richtig zusammengeschweißt. Wer gemeinsam an einem Tag 16 Kilometer zu Fuß zurücklegt oder sich im Bergwerk vereint den Fledermäusen stellen muss, legt auch Berührungsängste ab. Natürlich und unkompliziert sind die Beziehungen seither gewachsen. Bei den Klassensprecherversammlungen sind auch Andreas und Lorena als Vertreter der M3 ganz selbstverständlich mit dabei.

Arbeitsweisen werden weitergegeben

Die gelungene Kooperation kann freilich auch nicht über die Schattenseiten der Lebensumstände hinweg täuschen. Ein Schüler musste als Flüchtlingskind nach Aserbaidschan zurück. Ein anderes Kind muss mit einem furchtbaren Schicksal zurechtkommen – die Luft- und Speiseröhre sind zusammengewachsen. Für die 5b aber heißt das: Sozialkompetenz wird gestärkt. Vorurteile können hier erst gar nicht Fuß fassen.

Und die Schüler können auch von der M3 lernen. Denn die Arbeitsweisen beider Einrichtungen sind verschieden – so profitieren die Besucher der einen von den Methoden der anderen Schule. Vom eigenen Lerntempo, das den Comeniusschülern zugestanden wird, zeigen sich etwa die Mittelschüler inspiriert. Für ein Schulkind geriet die Klassenpartnerschaft zur inneren Nagelprobe. Eines seiner Geschwister besucht die Schule am Auhof. Im Rahmen des Projekts fanden sich nun beide in der Mittelschule ein. Vom peinlichen Berührtsein wandelte sich aber bald das Blatt, nun sind beide auch im Rahmen der Partnerschaft ein Herz und eine Seele.

Ausgrenzungserfahrungen gilt es immer wieder neu zu überwinden. "Unsere Schüler müssen den Glauben an sich erst lernen", so Merk-Neunhoeffer. Der Weg hierzu scheint durch das Inklusionsprojekt geebnet: "Die Kinder spüren die Anerkennung und die Sympathie ihrer Mittelschulkameraden." Verstärkt wird dieses Zusammengehörigkeitsgefühl auch durch gemeinsame Gottesdienste oder Schulfeste. Zwischen beiden Schulen gab es auch bisher schon projektbezogene Zusammenarbeit.

Als Partnerklasse hatten die Comeniusschüler bislang eine Grundschulklasse aus Heideck, wo allerdings der Mittelschulbetrieb eingestellt wurde und so keine Fortführung im Sinne eines jahrgangsgleichen Lernens möglich war. Mit der Hilpoltsteiner Mittelschule als Partner ist das nun wieder garantiert.

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