Historischer Abschied von der Kirchturmpolitik

29.1.2016, 18:07 Uhr
Historischer Abschied von der Kirchturmpolitik

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Historischer Abschied von der Kirchturmpolitik

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Mit jeweils einhelliger Zustimmung der drei Räte zur Satzung haben die drei Gemeinden im Verlauf dieser Woche ein gemeinsames Kommunalunternehmen gegründet. Die Anstalt des öffentlichen Rechts trägt den Namen „Gewerbepark Mittelfranken Süd". Ihre Aufgabe ist es, auf Flächen der drei Gemeinden „Gewerbegebiete zu planen, zu erschließen, zu unterhalten und zu verwerten". Damit soll insbesondere einer Konkurrenz der Gemeinden untereinander bei der Ansiedlung von Unternehmen entgegengewirkt werden. Bei Bedarf, hieß es, können in der Zukunft weitere Gemeinden beitreten.

Erstmals haben sich damit im Landkreis Roth mehrere Gemeinden institutionell zusammengeschlossen, um die ökonomische Entwicklung der Region gemeinsam voranzutreiben. „Das ist ein historisches Ereignis und ein starkes Zeichen für einen starken Wirtschaftsraum", kommentierte der Spalter Bürgermeister Udo Weingart die Gründung des Kommunalunternehmens. Eine ähnliche Zusammenarbeit existiert in Mittelfranken lediglich ein weiteres Mal: Nürnberg, Wendelstein und Feucht haben vor 20 Jahren einen Zweckverband für ein gemeinsames Gewerbegebiet ins Werk gesetzt.

Im Landkreis Roth hat man den erst vor gut zehn Jahren vom Gesetzgeber eröffneten Weg des „gemeinsamen Kommunalunternehmens" gewählt, um unternehmerisch handeln zu können. „Heutzutage müssen Entscheidungen schnell und direkt getroffen werden", sagte Weingart. Dazu gibt es in dem Unternehmen einen Vorstand für das operative Geschäft und einen sechs Mitglieder starken Verwaltungsrat. Ihm gehören die drei 1. Bürgermeister und jeweils ein Vertreter der Gemeinderäte und des Stadtrats an. Der Posten des Vorstands wird aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer der drei Gemeindeverwaltungen heraus besetzt. „Wir haben eine relativ kurze Satzung beschlossen und eine schlanke Spitze", sagte Röttenbachs Bürgermeister Thomas Schneider. Weil hier jede Gemeinde ihre Stärken einbringen könne, „ist ein interkommunales Gewerbegebiet zu erwarten, in dem ausschließlich Stärken vertreten sind", fügte Schneider hinzu.

„Das ist ein echtes Novum im Landkreis" betonte Georgensgmünds Bürgermeister Ben Schwarz die Besonderheit der Entscheidung, „Vertrauen ist der Anfang von allem", skizzierte Schwarz die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit aus seiner Sicht. Gegenseitiges Vertrauen kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass sämtliche Gewerbesteuereinnahmen den drei Gemeinden immer zu jeweils einem Drittel zufließen.

Wertegemeinschaft gegründet

Für Udo Weingart ist mit den Satzungsbeschlüssen der vorläufige Schlusspunkt hinter „eine echte demokratische Entwicklung" gesetzt worden. In einem Jahr Vorlauf und bei drei gemeinsamen Sitzungen aller beteiligten Gemeindeorgane „wurde hier auch eine Wertegemeinschaft gegründet", so Weingart. Seiner Überzeugung nach verknüpft das Projekt drei wesentliche Punkte miteinander. „Die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum, eine ökologische Komponente, weil Flächenfraß verhindert wird, und ökonomische Stärke in der Region", so Weingart, der im vierspurigen Ausbau der B 2 eine der größten Chancen für das Kommunalunternehmen sah. Eine erste Entwicklungsmaßnahme steht bereits fest. Sie ist auf 15 Hektar südlich der Spalter Straße in Georgensgmünd vorgesehen. Im in der Satzung bereits festgelegten Gesamtgebiet soll es dann nach und nach weitergehen.

Jörg Pfaffenritter, staatlicher Jurist beim Landratsamt Roth, trat für den Landkreis ans Mikrofon. „Das Landratsamt begrüßt diese Entwicklung außerordentlich", sagte er und beglückwünschte die Gemeinden „zum Abschied von der Kirchturmpolitik". Seit Jahren sei das der Wunsch des Landkreises gewesen.

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