Hundertstel an der Krönung vorbei

1.2.2018, 19:00 Uhr
Hundertstel an der Krönung vorbei

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Mitte Januar ging es für das Bob-Team Hafer, in dem Tobias Schneider als Bremser und Anschieber fährt, für die letzten drei Europacup-Rennen nach Winterberg. Im Hochsauerland fuhr Schneider mit seinem Piloten Christoph Hafer im Zweierbob auf den zweiten Rang. Bei den beiden Viererbob-Wettbewerben war er dann allerdings zum Zuschauen verdammt. Die Trainer hatten entschieden, ihn zu schonen. "Das hat mich schon geärgert", gibt Schneider zu.

Den Europacup dominiert

Deutlich positiver fällt sein persönlicher Rückblick auf die zweite Europacup-Saison aus. "Ich bin absolut zufrieden mit der Saison. Wir haben sehr, sehr gute Ergebnisse erreicht und gemacht, was wir sollten: den Europacup dominieren." Mit 176 Punkten Vorsprung holt das Bob-Team Hafer den Gesamtsieg. Für Tobias Schneider ist der Gewinn der Europacup-Wertung der erste wichtige Titel als Bobfahrer.

Wenige Tage später reiste die deutsche Mannschaft nach St. Moritz, wo mit der Junioren-Weltmeisterschaft der absolute Höhepunkt dieser Saison wartete. Die ersten Trainingsfahrten auf der einzigen Natureisbahn der Welt verliefen nicht optimal. "Es hat schleppend angefangen", erzählt der 25-Jährige. "Wir sind mit der Bahn irgendwie nicht zurechtgekommen." Unter anderem passten die Starts nicht. Während sie bei Europacup-Rennen in der Regel zu den schnellsten Startern gehören, landeten sie in Graubünden bei den ersten Trainingsläufen deutlich weiter hinten. Und auch der Bob lief nicht wie er soll. Nicht zuletzt für Schneider war es eine Umstellung. Dem ehemaligen Sprinter kommen "schnell steil werdende Bahnen entgegen", wo er seine Schnelligkeit ausspielen kann. In St. Moritz ist das anders, dort muss man "mehr drücken. Daran musste ich mich erst gewöhnen". Nach einigen Trainingsläufen war das Team Hafer zurück in der Spur.

Das "erste Kribbeln" kam bei WM-Neuling Schneider am Mittwochabend mit der feierlichen Eröffnungszeremonie. Die einzelnen Sportler wurden vorgestellt, "und ab da steigt bei allen die Anspannung", auch bei den Erfahrenen. Das erste Mal richtig ernst wurde es für den Eckersmühlener am Samstag mit dem Zweierbob. Nach dem ersten Lauf lagen Christoph Hafer und Tobias Schneider trotz eines nicht optimalen Starts mit fünf Hundertstel in Führung. Im alles entscheidenden Lauf mussten sie also als Letzte in den Eiskanal. "Das ist immer am schwersten", findet Schneider. Der zweite Start klappte besser, mit 140 km/h ging es die Naturbahn hinunter. Im Ziel leuchtete … die 2 auf: Um gerade einmal zwei Hundertstel waren die beiden langsamer als das deutsche Duo Richard Ölsner/Alexander Schüller. Die Enttäuschung war groß, "ich war vom Kopf her völlig am Ende", meint Schneider. Nicht zuletzt ärgerte ihn, dass auch das bessere Material – die Konkurrenz durfte mit einem neueren und damit schnelleren Schlitten fahren – an diesem Tag den Ausschlag gab.

Recht lang und sehr schnell

Doch für langes Ärgern war keine Zeit. Bereits am nächsten Tag hat das Bob-Team Hafer im prestigeträchtigen Vierer die nächste und zugleich letzte Chance, ihre hervorragende Saison mit dem WM-Titel der Junioren zu krönen. Die Vorzeichen standen eigentlich gut für die vier: Das Team hat den Europacup in dieser Saison klar dominiert und die Olympia-Bobbahn St. Moritz-Celerina gehört nicht zu den schweren Bahnen. Dafür ist sie recht lang und sehr schnell. Dementsprechend wichtig ist es – neben einem guten Start – die Konzentration zu halten. Für Tobias Schneider und Co. gab es daher nur ein Ziel: "Wir wollten unbedingt gewinnen!"

Doch auch im Vierer lief es nicht optimal. Im ersten Lauf schaffen sie es trotz eines erneut nicht optimalen Starts auf Rang zwei. Im zweiten Lauf war die Startzeit besser und vor allem im zweiten Streckenteil gelang ihnen eine sehr gute Fahrt. Mit 146,28 km/h brachte ihr Schlitten an diesem Tag die höchste Geschwindigkeit aufs Eis. Im Ziel führten sie – und trotzdem reichte es am Ende nicht. Obwohl sie den zweiten Lauf gewinnen, war das deutsche Team um Pilot Pablo Nolte in der Endabrechnung acht Hundertstel schneller. "Wir haben Gold verloren, nicht Silber gewonnen." Die Enttäuschung, dass es wieder knapp nicht gereicht hat, ist groß. Andererseits: "Wir können stolz auf unsere Leistung sein und haben uns nix vorzuwerfen", zieht Schneider Bilanz. "Das Team Nolte war einfach den Tick besser an dem Tag."

Die nächsten Wochen ist jetzt erst einmal abschalten und Olympia schauen angesagt. Zum einen, weil das "natürlich ein Ansporn" ist. Zum anderen, weil sich dann die Gelegenheit bietet, "noch krassere Randsportarten als Bobfahren anzuschauen." Welche? "Curling zum Beispiel."

Ab März beginnt das Grundlagentraining für die kommende Saison. Und in Ainring steht ab Ende März für den Polizeimeisteranwärter der zweite von fünf Ausbildungsabschnitten an. Vier Monate lang wird dann nicht der Sport, sondern die Berufsausbildung im Vordergrund stehen – meistens wenigstens.

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