Im Drogenrausch Lottoläden geplündert

9.4.2014, 00:00 Uhr

Im Laufe der Verhandlung stellte sich als Haupttäter der 20-jährige Ali (alle Namen geändert) heraus, der zum Tatzeitpunkt in Roth lebte. Er stiftete in der Nacht zum 19. Oktober 2013 seinen 19-jährigen „Kumpel“ Max aus dem südlichen Landkreis an, irgendwo einzubrechen. Zuvor hatten sich die beiden, wie sie selbst vor Gericht zugaben, „zugekifft“.

Sie besorgten sich von einer Baustelle in der Rother Innenstadt ein paar Pflastersteine, nahmen Sturmhauben, Handschuhe und zwei leere Reisetaschen mit und fuhren spontan nach Georgensgmünd. Gegen 5 Uhr morgens schlugen sie mit den Steinen die Glastüre zu einem Lottogeschäft ein, durchsuchten die Räume, nahmen aus einer offenen Kasse Bargeld und Lose im Wert von 500 Euro sowie Tabak und Zigaretten im Wert von 2500 Euro mit. Das Öffnen einer weiteren Kasse misslang. Um das ganze Diebesgut überhaupt transportieren zu können, mussten sie zweimal in das Geschäft gehen. Der angerichtete Schaden betrug zirka 800 Euro. Einen Teil ihrer Beute verzockten die beiden anschließend gleich in einem Kasino.

Max’ Vater kam seinem Sohn einige Tage später auf die Schliche und Max beichtete ihm alles. Sein schlechtes Gewissen ließ ihm keine Ruhe und er zeigte sich selbst bei der Rother Polizei an. Allerdings hatte er auch ein schlechtes Gewissen seinem Freund Ali gegenüber und versuchte ihn noch von der Polizeiinspektion aus per SMS zu warnen „O Shit! Hau ab!“ Wenig später schlug die Polizei bei Ali auf und durchsuchte dessen Räumlichkeiten, wobei sie einen Teil der Beute auffand. Den Rest hatte er bereits zu Geld gemacht, das er dringend für seine Drogen brauchte.

Nach dem Geständnis bei der Polizei fand Max aber immer noch keine Ruhe und im Januar besuchte er reumütig den Besitzer des Gmünder Lottoladens, um sich bei ihm mit einer Flasche Wein und mit 100 Euro zu entschuldigen.

Derartige Gewissensbisse schien Ali nicht zu haben. Ganz im Gegenteil. Trotz laufender Ermittlungen schlug er in der Nacht zum 15. November 2013 abermals zu. Die Geschichte lief ähnlich ab. Diesmal saß er mit dem 18-jährigen Leo aus Roth zusammen. „Ich war auf Koks und kam dann irgendwie auf die Idee“, sagte Ali. Leo hatte ein Bierchen getrunken. Und schon ging’s los, wieder mit einer Reisetasche, Sturmhaube, Handschuhen und dieses Mal sogar mit einem Butterflymesser ausgerüstet. „Das wollte ich als Werkzeug benutzen, um die Kasse aufzumachen“, meinte Ali.

Von einem Zeugen erwischt

In jener Nacht hatte er es auf den Lottoladen am Rother Marktplatz abgesehen, der erst vier Wochen vorher überfallen worden war. „Damit habe ich aber nichts zu tun“, so Ali. Wieder nahm er Pflastersteine und schlug die Glastür ein, während Leo „nur“ Schmiere stand. Plötzlich brüllte jemand zum Fenster raus: „Ich hab schon die Bullen gerufen, Ihr Penner“. Leo erschrak und rief Ali, sie müssten abhauen. Der kam lediglich mit einer Beute von zwölf Euro aus dem Geschäft. Die beiden flüchteten, schmissen die Reisetasche weg, wurden aber schnell von der Polizei geschnappt.

Vor Amtsrichter Reinhard Hader zeigten sich alle drei geständig, bereuten ihre Taten und entschuldigten sich bei den Ladenbesitzern. Leo und Max hatten bis zu diesen Vorfällen eine reine Weste. Nur Ali hat bereits vier Einträge im Bundeszentralregister und hat schon drei Arrestaufenthalte verbüßt wegen Diebstahls und Sachbeschädigung. Die Jugendgerichtshelferin sprach in allen drei Fällen von nicht einfachen Familienverhältnissen – Trennungskinder, teilweise Schulschwierigkeiten, Reifungsverzögerungen, abgebrochene Ausbildung, Arbeitslosigkeit und im Fall von Ali insbesondere auch ADHS und Drogenabhängigkeit. Für Max und Leo gab sie eine gute Sozialprognose ab: Max macht derzeit eine Ausbildung und Leo bemüht sich intensiv um einen Ausbildungsplatz.

Nicht ganz so einfach sieht es bei Ali aus, der zurzeit bemüht ist, sein Drogenproblem mit Hilfe diverser Beratungsstellen in Griff zu bekommen. Doch die Staatsanwältin sieht bei ihm eine hohe kriminelle Energie und sprach von einem „hektischen Aktionismus“ hinsichtlich seiner Therapiebemühungen, den er kurz vor der Hauptverhandlung an den Tag legte. Sie forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten.

Therapie statt Strafe

Alis Anwalt fand, dass es sinnvoller sei, die Strafe zur Bewährung auszusetzen und als Bewährungsauflage eine Therapie zu verhängen. In diese Richtung ging dann auch das Urteil von Amtsrichter Hader: Ali muss sich einer zirka achtmonatigen stationären Therapie unterziehen. Diese Zeit wird ihm auf die Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten angerechnet. Der Rest gilt als Bewährungszeit, ausgesetzt auf drei Jahre. Glimpflicher kamen Max und Leo davon. Max erhielt eine Freiheitsstrafe von acht Monaten ausgesetzt zur Bewährung. Außerdem muss er 1500 Euro an den Kreisjugendring zahlen. Leo muss 80 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten.

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