Jana Lehnert: Mit Ausdauer und viel Feingefühl durch Kanadas Wälder

7.1.2015, 19:25 Uhr
Jana Lehnert: Mit Ausdauer und viel Feingefühl durch Kanadas Wälder

© Foto: Jascha Eidam

Wenn man das schmucke kleine Haus betritt, das Jana Lehnert mit ihrem Freund Marco Schmidt, auch er ein Einradfahrer, bewohnt, steht man schon fast in der Einradgarage der beiden. Im Garderobenraum zur rechten hängen sie an der Wand. In zwei Reihen bis unter die Decke reihen sich die Einräder, verschiedene Sattelhöhen, unterschiedliche Kurbellängen, Bereifung von Rennrad- bis Mountainbike-Breite mit dicken Stollen oder Straßenslicks. Manche Einräder sind auch in ihre Einzelteile zerlegt, denn an ihren Sportgeräten montiert und baut die 22-Jährige ausschließlich selbst. „Da lasse ich niemanden ran.“

Wenn man Jana Lehnert wenig später fragt, wie viele Einräder sie wohl besitzt beugt sie sich über ihre große Teetasse und macht „Hmm“. „Zwölf vielleicht?“, sagt sie, schaut ihr Gegenüber fragend an und lacht. Am Anfang hat sie mehr Disziplinen gefahren, als sie jetzt Einräder besitzt, allerdings mit weniger Einrädern.

Es begann beim TV Thalmässing in der Gruppe „Bewegungskünste“. Man jongliert dort und fährt Einrad. Damals war Jana Lehnert zwölf Jahre alt und fuhr zum Spaß mit zwei Freundinnen, Lena Kretschmer und Regina Schneider. Irgendjemand sagte ihnen dann, dass es eine bayerische Meisterschaft im Einradfahren gibt. Für Jana, Lena und Regina keine Frage, da mussten sie hin. „Für uns war das damals eine tolle Erfahrung zu sehen, was es da alles für Tricks auf dem Einrad gibt“, erzählt sie heute. Spätestens da gab es für Jana Lehnert kein Halten mehr, und sie fing an, weitere Disziplinen im Einradsport zu trainieren.

„Das Wichtigste ist die Kondition“, erklärt Lehnert. Deswegen trainiert sie vor allem Klettern, Laufen, Fahrradfahren und derzeit besonders intensiv Schwimmen, denn in diesem Jahr will sie auch beim Challenge Roth in einer Staffel starten. An zweiter Stelle steht für sie das Technik-Training für ihre Disziplinen.

Am liebsten Downhill

Am liebsten fährt sie Downhill, auf dem Einrad im Gelände bergab – über Stock, Stein und Wurzeln, mit einem größeren Einrad, Mountainbike-Bereifung und natürlich mit Helm und Schutzkleidung. „Da ist man draußen in der Natur und meistens in der Gruppe, das gefällt mir.“ Bei schwierigem Gelände kann es aber auch einer erfahrenen Einradfahrerin mal ein wenig mulmig werden. „Man muss seine Grenzen kennen, ich fahre auf Sicherheit und wenn ich Angst habe, steige ich lieber ab. Es ist für mich nach wie vor ein Hobby.“

Ein Hobby, in das sie eine Menge Zeit investiert. Denn neben ihrer sportlichen Karriere auf einem Reifen spielt Jana Lehnert auch noch Geige, hat bei Siemens eine dreijährige Ausbildung zur Fachinformatikerin absolviert und studiert seit kurzem neben der Arbeit technische Betriebswirtschaft. Ein strenges Zeitmanagement macht’s möglich. „Das ist alles nur eine Herausforderung“, sagt sie über schwierige Bodenverhältnisse, die sie lieber mit einem Allround-Reifen bewältigt, anstatt ständig zu wechseln. Eine Aussage, die sich aber auch gut als Jana Lehnerts Lebenseinstellung allgemein nehmen lässt.

Inzwischen konzentriert sie sich beim Techniktraining und in Wettkämpfen auf einige wenige Disziplinen. Während sie bei der WM in Neuseeland 2010 in 15 verschiedenen Wettkämpfen gestartet war, waren es 2014 in Kanada nur noch sechs. Neben Downhill sind das unter anderem Uphill, in der man den Berg hinauf statt hinunter fährt, Cross Country, wo es bergauf und bergab durchs Gelände geht und Cyclo Cross, wo man in einer bestimmten Zeit auf einem Geländerundkurs besonders viele Runden schaffen muss.

Vor allem Ausdauer nötig

Neben Downhill scheint Jana Lehnert gerade das Cyclo Cross zu liegen. Bei der Weltmeisterschaft 2014 holte sie sich in ihrer Altersklasse die Silbermedaille und wurde Vierte in der Gesamtwertung. Vor allem Ausdauer ist in dieser Disziplin nötig — ein wenig wie bei den zwei Schildkröten, die in einem Terrarium in Lehnerts Wohnzimmer krabbeln. Sie laufen vielleicht langsamer als andere Tiere aber dafür umso beständiger auf ihr Ziel zu. „Ich lasse bei Massenstarts das Feld erst mal vor, ich mag es nicht, wenn man sich seinen Weg gegen andere erkämpfen muss und punktet da lieber mit Ausdauer. Deswegen mag ich auch lange Strecken“, erklärt Jana Lehnert.

„Eine Materialschlacht“

Eine dermaßen überragende Bilanz wie bei den Weltmeisterschaften 2010 in Neuseeland, wo sie dreimal Gold holte, oder in Italien, wo sie einmal Gold und einmal Silber gewann, war bei der jüngsten WM freilich nicht mehr drin. Das liegt zum einen an einer Professionalisierung im Einradsport („das ist inzwischen eine Materialschlacht“) und auch daran, dass der Sport in den vergangen fünf Jahren an Popularität gewonnen hat. Aber um Medaillen geht es ihr auch gar nicht in erster Linie. „Es ist schon total super, unter den ersten Zehn zu landen und das freut mich jedes Mal riesig, wenn ich das schaffe“, sagt sie bescheiden.

Für Jana Lehnert steht nicht Leistung im Vordergrund, sondern der Teamgeist. So nimmt sie gerne in einem Vierer-Team mit Freund Marco Schmidt an zwölf Stunden-Downhill-Rennen teil und fährt oft nur der Atmosphäre und der Freude am gemeinsamen Sport wegen zu Wettkämpfen. Und: „Am schönsten finde ich es eigentlich, wenn alle zusammen nach dem Wettkampf dann gemeinsam am Lagerfeuer sitzen und den Tag ausklingen lassen.“

 

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