Kaum Schattenwurf und Lärm: Jetzt ruhen Hoffnungen auf Rotmilan

12.12.2012, 00:00 Uhr
Kaum Schattenwurf und Lärm: Jetzt ruhen Hoffnungen auf Rotmilan

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Zwar habe der Hilpoltsteiner Stadtrat Mitte Juli beschlossen, zwei vor Jahren als Vorrangflächen ausgewiesene Grundstücke bei Jahrsdorf und Pierheim aus dem Regionalplan zu streichen (wir berichteten) und stattdessen vier neue aufzunehmen, betonte Mahl, doch habe der Regionale Planungsverband der Industrieregion Mittelfranken darüber noch nicht entschieden. Ergo gelte noch die „alte“ Regelung. Mitte Januar werde sich der Planungsausschuss mit diesem Thema beschäftigen und der Hilpoltsteiner Bürgermeister hat starke Zweifel, ob die Streichung der früheren Vorrangflächen einer Prüfung standhält.

Wenig Chancen räumt er auch dem Beschluss des Stadtrats ein, den Abstand von Windkraftanlagen zu jeglicher Wohnbebauung auf 1000 Meter festzusetzen. Denn in diesem Fall, so Mahl, müsste die Abstandsregelung in der gesamten Region pauschal auf 1000 Meter ausgeweitet werden.

Mahl wurde aber auch nicht müde zu erklären, dass es in Bayern keine gesetzlichen Abstands-Regelungen, sondern lediglich Empfehlungen gebe. Diese würden zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung 800 Meter vorsehen; zwischen Windrädern und Mischgebieten sollten 500 Meter und zu Gewerbegebieten 300 Meter eingehalten werden. Der Abstand der von Grimm geplanten 199 Meter hohen Anlage mit einer Leistungsfähigkeit von 2400 Kilowattstunden beträgt zu Jahrsdorf 845 und zu Grauwinkl 895 Meter. Als Vergleichswert zur Windkraftanlage namens Nordex 117, die bei Jahrsdorf in die Höhe gezogen werden soll, nannte Landschaftsarchitekt Rainer Brahm vom Rother Landschaftsplanungsbüro Ermisch und Partner ein bereits bei Göggelsbuch stehendes Windrad, das 600 Kilowattstunden produziere.

Sowohl Brahm als auch Grimm sicherten in der Bürgerversammlung zu, dass für die Windkraftanlage Nordex117 sämtliche Auflagen erfüllt werden, um die Bevölkerung der umliegenden Dörfer vor Belästigungen zu schützen. Beide beriefen sich dabei auf entsprechende Gutachten des TÜV Süd, die Grimm in Auftrag gegeben hatte. Aus der Zuhörerschaft heraus wurde allerdings die Seriosität dieser Gutachten angezweifelt. Tenor: Wer zahlt, gibt auch die Tendenz vor.

Zwei Überschreitungen

Was den Schattenwurf angeht, der wie der Geräuschpegel von sechs Standpunkten aus gemessen worden sei, wie Brahm mitteilte, gebe es lediglich zwei Überschreitungen der Grenzwerte, die eine Maximalbeschattung von 30 Minuten pro Tag beziehungsweise 30 Stunden im Jahr zulassen würden. Kein Problem, meinte Grimm, der zusicherte, dass in die Windkraftanlage eine Schattenabschaltung eingebaut werde. Die Befürchtung der Jahrsdorfer, dass Teile des Ortes dadurch phasenweise im Dunkeln sitzen, konnte er damit nicht wirklich entkräften. Genauso wenig wie Brahm, der darauf hinwies, dass bei der Berechnung von Optimalwerten ausgegangen werde. So viele Sonnenstunden würden aber in der Region nie erreicht werden. Nach Auskunft Brahms bleibt auch die Lärmbelästigung deutlich unter den gesetzlichen Richtwerten von zwischen 40 und 45 dB (A). So betrage der Maximalwert am Ortsrand von Jahrsdorf 35 db(A).

Wie kommen Fledermäuse und Vögel mit 200 Meter hohen Windkraftanlagen klar? Brahm erklärte in diesem Kontext, dass es nur zwei Fledermausarten gebe, die in diesen Höhen auf Jagd gehen würden. Um den nächtlichen Jägern nicht den Garaus zu machen, werde in die Windkraftanlage ein Bat-Detektor eingebaut, der das Windrad abschaltet, sollten die Fledermäuse den 117 Meter langen Rotoren zu nahe kommen.

Was den Schutz von Vögeln angeht, so Grimm, werde nächstes Jahr eine Bestandsaufnahme erfolgen. Und in dieser Hinsicht könnte der Rotmilan dem Investor tatsächlich einen Strich durch die Rechnung machen – sofern dieser geschützte Raub- und Zugvogel tatsächlich die Gegend um Jahrsdorf zum Sommerdomizil und Brutrevier erkoren hat. Doch diese Beurteilung unterliege Experten, sagte er.

Sollte das Landratsamt Roth dem Grimm’schen Projekt grünes Licht erteilen, würden rund 37500 Euro an Ausgleichszahlungen fällig werden, die in den bayerischen Naturschutzfonds fließen, aber für Maßnahmen in der Umgebung der Windkraftanlage eingesetzt werden. Apropos Landratsamt. Mahl machte mehrfach klar, dass die Entscheidung über dieses Projekt am Rother Weinberg und nicht im Hilpoltsteiner Stadtrat getroffen werde. Dieser sei lediglich in punkto gemeindliches Einvernehmen gefordert. „Wir geben unsere Stellungnahme ab. Was das Landratsamt Roth macht, wissen wir nicht.“ Damit reagierte der Bürgermeister auf eine Bitte aus dem Publikum, der Stadtrat möge doch den Widerstand der Jahrsdorfer berücksichtigen und respektieren. Etwas drastischer formulierte dieses Anliegen der Jahrsdorfer Walter Landkammer. „Wenn der richtige Vogel da ist, wird die Windkraftanlage nicht gebaut, aber der Mensch zählt nicht. Das finde ich traurig.“

Ungeachtet des Widerstands will Grimm „das Ding durchziehen. Ich stoppe nicht wegen einer Gegenstimme“. Er hofft, Mitte, Ende nächsten Jahres die Genehmigung für die Windkraftanlage zu erhalten.

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