Kindergarten auf dem Bauernhof: Offenbau macht's vor

4.9.2018, 05:54 Uhr
Kindergarten auf dem Bauernhof: Offenbau macht's vor

© Foto: Marco Frömter

"Die Kinder erfahren von Anfang an, was das Thema Schöpfung ausmacht", erklärt die studierte Sozialarbeiterin. Anders als in "normalen" Kindergärten würden die Jungen und Mädchen in Offenbau mit Schafen und landwirtschaftlichen Gebräuchen aufwachsen. Es würden Bäume gepflanzt und das Zusammenspiel der Natur stünde im Vordergrund. "Nur so kann man das Leben verstehen", sagt Dollinger.

Es sei besonders wichtig, dass bereits in jungen Jahren verständlich gemacht werde, dass man auf den Planeten Erde gut aufpassen müsse. Durch das Programm des Bauernhof-Kindergartens könne dies gelingen: "Ein solches Bewusstsein kann man nicht mit dem Kopf erlangen, sondern nur mit dem Herzen", weiß Dollinger. Es könne deshalb nicht früh genug damit begonnen werden, dass man die Natur und Landwirtschaft zu schätzen lernen würde.

Natürlich sei es auch wichtig, zu vermitteln, etwas für andere zu tun – und dabei gleichzeitig zu wissen, was andere für einen selbst machen. "Solche Qualitäten sind wichtig für unsere Welt. Ich bin davon überzeugt, dass sich sämtliche Mühen, die wir in diese Vision gesteckt haben, auch wieder auszahlen werden. Unser Kindergarten soll lange bestehen", sagt Dollinger. Das Team rund um den Offenbauer Bauernhof-Kindergarten sei jedenfalls motiviert: "Unsere Erzieherinnen haben richtig Lust, das zu machen."

Die Betreuung selbst findet am Ortsrand von Offenbau in einem großen Gartenhaus statt. Eine offene Feuerstelle, ein großes Indianerzelt und ein Schafgehege gehören mit dazu. "Wir wollen so viel Zeit wie nur möglich im Außenbereich verbringen", heißt es. Wenn es kalt wird, dann wird die Hütte aufgesucht. Für Claudia Dollinger steht eines fest: "Bei uns ist jeder willkommen. Egal, welche Religion gelebt wird oder welche Hautfarbe ein Kind hat. Das braucht unsere Gesellschaft."

"Obba liest vor"

Neben vielen spannenden Projekten gehört auch einer von drei "Vorlese-Obbas" zum festen Inventar der Einrichtung. Auf die zwei "weichen B" im Wort Opa legt Horst Paulik aus Hofberg besonders wert: "Wir sind Franken", scherzt er. Einmal in der Woche wird er den Kindern kurze Geschichten im gemütlich eingerichteten Indianerzelt vorlesen. Dann heißt es: "Obba liest vor." Für Paulik ist ein Bauernhof-Kindergarten eine "außergewöhnliche Sache, die unterstützt werden muss".

Auch für Thalmässings Bürgermeister Georg Küttinger ist der neue Kindergarten "etwas ganz Besonderes." Er sei darüber sehr froh, dass die Marktgemeinde Thalmässing dadurch weitere 15 Kindergartenplätze anbieten kann: "Das steigert unsere Lebensqualität und ein solches Projekt passt hervorragend in unser Landschaftsbild." Zusammen mit seinem Marktgemeinderat stünde er hinter diesem Konzept – und das von Beginn der Planung an. Er hoffe darüber hinaus, dass der Bauernhof-Kindergarten über die Landkreisgrenze hinaus an Anziehungskraft gewinnt. Ein großes Kompliment sprach auch Landrat Herbert Eckstein aus: "Ich ziehe meinen Hut vor so einer Leistung." Für ihn ist ein Bauernhof-Kindergarten besonders wichtig und gleichzeitig ein großer Schritt zurück.

Weg vom Fernseher

Er erinnere sich noch lebhaft an seine Kindertage: "Ich habe beim Nachbarn im Schuppen gespielt oder auf der Straße." Durch solche Aktivitäten sei es möglich gewesen, in einem Leben ohne Ängste aufzuwachsen. Dazu gehöre Lachen und Weinen — und vor allem: Weg vom Fernsehgerät. "Wir brauchen ein schönes Miteinander", wünscht sich Eckstein. In Wald- und Bauernhof-Kindergärten würde dieser positive Schritt zurück jedenfalls gut gelingen.

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