Landkreis Roth: Im Presssack-Schlaraffenland

8.2.2019, 12:00 Uhr
Landkreis Roth: Im Presssack-Schlaraffenland

© Foto: Stefan Bergauer

13 Juroren beurteilten im Landratsamt die roten Prachtstücke. Aussehen, Konsistenz und, natürlich besonders wichtig, der Geschmack, daran müssen sich die gefüllten Schweinemägen messen lassen. "Lieber Herbert", hatte der sechsjährige Simon Stengel aus Schwanstetten, vor einem Jahr über seinen Brief geschrieben und Landrat Eckstein gebeten, Teil der Jury sein zu dürfen. Simon ist schon seit langem Liebhaber der Spezialität, und Landrat Eckstein, ebenfalls seit langem Liebhaber, lud ihn gerne ein. "Iss dich voll bis zum Gehtnichtmehr, und dann wirst du schön. Schau sie dir alle an", rät Eckstein zu Beginn der Blindverkostung und verweist auf die anderen, meist ausgelosten Jurymitglieder.

Vor 15 Jahren hat Eckstein den Wettbewerb ins Leben gerufen, um auf Qualität und Vielfalt der heimischen Produkte hinzuweisen. Die Diskrepanz blieb bestehen: Die meisten sagen zwar, regional kaufen zu wollen, aber nur ein Bruchteil macht das dann tatsächlich.

16 Metzgereien hatten sich heuer mit Kostproben beworben. Heiner Rabus aus Rednitzhembach, der sich im vergangenen Jahr mit der Metzgerei Böbel aus Rittersbach den ersten Platz geteilt hatte, ist nicht mehr dabei, sondern nun Juror. Dritter ist Rabus in der Ewigen Bestenliste des Wettbewerbes. Doch nach 50 Jahren im Geschäft hat er vor einigen Wochen dicht gemacht — Azubis, Gesellen, die helfenden Hände waren nicht mehr zu finden.

Eigentlich dürfe alles in den Presssack, meint Rabus, verweist aber auf Salz, Pfeffer, Majoran und Piment als Hauptzutaten neben dem Fleisch. Geschmacksverstärker oder Ähnliches braucht’s nicht: "Der Presssack ist die ehrlichste Wurst", sagt Rabus. Das Fleisch sollte bei der Verarbeitung am besten schlachtwarm sein. Nicht so hart im Biss sei der Presssack dann, "die Schwarte köstlich".

Die Versuchsobjekte liegen in allen Merkmalen weit auseinander. "So eine Bandbreite hatten wir selten", meint Eckstein. Erwin Dürr, zum dritten Mal glückliches Jurymitglied, widerspricht. Vor zwei Jahren habe es das schon mal gegeben, trotzdem seien es diesmal große Unterschiede. Simon Stengel hat damit kein Problem. Kurz vor dem Wettbewerb war er etwas nervös, doch nun gefällt es ihm, sich wie die Erwachsenen durchs Angebot im Presssack-Schlaraffenland zu futtern.

Fein säuberlich werden auf der Wertungskarte Punkte eingetragen. Am Ende hat der beliebteste Presssack 254 Punkte, der letztplatzierte 171. Simon hatte einen Favoriten und freut sich riesig, als der unter den Gewinnern des Vorentscheides ist: Die Metzgerei Wechsler aus Spalt ist beim Finale auf der Freizeitmesse am 1. März (11 Uhr) dabei.

Ebenso wie Vorjahressieger Böbel und die Metzgereien Ennich aus Rednitzhembach, Herrler aus Greding, Knäblein aus Röttenbach, Lederer aus Thalmässing und die Direktvermarktung Schmidt aus Abenberg. Auch Simons Hausmetzgerei Peipp aus Schwanstetten ist dabei. Der Schüler will persönlich die erfreuliche Nachricht überbringen.

Vielleicht gab es ja eine Scheibe als Dank. Aber auch wenn gerade keine zur Hand war, wird am Wochenende wahrscheinlich wieder ein Stück Presssack auf Simons Brot landen. Das darf der Papa machen, die Mama mag keinen Presssack. Die Spezialität hat halt ihre Fans, große und kleine, aber sie ist auch nicht jedermanns Sache.

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