Lieber ein Fernpendler als nicht mehr bei der SG

31.8.2015, 16:16 Uhr
Lieber ein Fernpendler als nicht mehr bei der SG

© Foto: Staudt

Wenn die Büchenbacher Schachspieler sich ins goldene Buch der Gemeinde eintragen, kommen sie nicht zum Bürgermeister, sondern der Bürgermeister zu ihnen. So steht Helmut Bauz im Vereinsheim – das goldene Buch unter dem Arm – und würdigt den Aufstieg mit Sätzen wie: „Dieser Erfolg wird Büchenbach in gewissen Kreisen weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt machen“ oder „ohne Vereine wie die SG wäre Büchenbach bloß eine Aneinanderreihung von Häusern.“

Im Vereinsheim sitzen während Bauz’ Rede einige Männer in roten Polohemden, die Büchenbach längst über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt gemacht haben — etwa in Berlin und Frankfurt, in Bamberg sogar schon vor über 20 Jahren. Es sind die Fernpendler der SG, alles Eigengewächse des Vereins, die es irgendwann zum Studieren und Arbeiten weit weg getrieben hat. Trotzdem sind sie ihrem Verein treu geblieben, auch wenn es mitunter mit hohen Kosten und einem Spagat zwischen Hobby und Familie verbunden ist.

Herbert Adler hat seiner damaligen Verlobten 1992 gleich klargemacht, worauf sie sich mit ihm einlässt: „Dass ich weiterhin zum Schach gehe, war eine Bedingung. Sonst hätte ich sie nicht geheiratet.“ Seitdem pendelt der 54-Jährige zu den Heimspielen nach Büchenbach (einfach rund 90 Kilometer) und auswärts in die Region. 1999 versuchte er es mit einem Bamberger Schachclub, nach einem Jahr war er schon wieder zurück bei seinem Stammverein. „Mit den Kilometern, die ich für die SG zurückgelegt habe, würde ich einmal um die Welt kommen“, sagt Adler.

Jetten von und nach Berlin

Robert Braun pendelt zwar erst seit 2009, dafür reist er jedes Mal aus Berlin an — mit dem Flugzeug. „Man überlegt sich jedes Mal, ob sich das eigentlich lohnt“, sagt der 40-Jährige. Vor allem, wenn daheim Frau und kleines Kind warten. Braun kommt trotzdem, einmal hat er sogar seinen gebuchten Rückflug verpasst, weil er in einer Partie unbedingt auf Sieg spielen wollte. Beim Berliner SK Tegel hat er mal hineingeschnuppert, aber „dort saßen nur alte Knacker herum“, erzählt Braun. Also bleibt er weiterhin seinen Büchenbachern treu, „es sei denn...“, setzt er an, doch sofort wird er von einem lauten „Vorsicht“ aus dem Hintergrund unterbrochen. Also winkt der Wahlberliner ab, er wird schon hierbleiben.

Jeder der Fernpendler kann überzeugend erzählen, warum er sich nicht einem Schachclub in Wohnnähe anschließt, sondern lieber pendelt. Es läuft auf diesen Punkt hinaus: „Wir sind nicht unbedingt, was man sich unter einem Schachverein vorstellt“, sagt der 20-jährige Markus Hofer, der seit 2010 in Bayreuth studiert. Bei der SG Büchenbach/Roth sitzen vier Generationen an einem Tisch. Das Gründungsmitglied Harry Dreißig ist mit Mitte 80 nicht wegzudenken und schon im Juniorenbereich ist die SG eine namhafte Schach-Adresse.

Dort waren mehrere Fernpendler nacheinander als Leiter tätig, bevor sie Büchenbach verließen. Einer von ihnen ist Daniel Häckler, den es vor drei Jahren nach Frankfurt gezogen hat. Die Freundin in Erlangen ist schon ein Grund, an den meisten Wochenenden nach Franken zu kommen. Von der Zweisamkeit wird aber immer etwas abgezwackt, wenn die Schachspieler gerade Spieltag haben. Ach ja, die Jugend: So ganz hat keiner der Fernpendler diesen Bereich verlassen. Beim jährlichen Ausflug sind sie alle mit dabei, es geht immer in eine andere Stadt. Der Ortswechsel ist auch nötig, wenn man den Andeutungen von Häckler glaubt: „Wir müssen das Ziel immer verändern. Bei den Wochenenden steht nämlich alles außer Schach im Vordergrund.“

„Kein Peso“

So auch am Abend nach dem Eintrag ins goldene Buch. Kapitän Michael Ludwig verließ das Vereinsheim gleich nach der Rede des Bürgermeisters, um daheim den Grill anzufeuern. Natürlich werden auch Braun, Häckler, Adler und Hofer dabei sein. Nur die beiden Studenten Alexander Kuhlemann (Würzburg) und Matthias Margraf (Dresden) konnten nicht zur Eintragung ins goldene Buch kommen. Doch für die neue Saison stehen sie zur Verfügung. Dann werden die Fernpendler zu den Spieltagen nach Mittelfranken und in die Oberpfalz kommen — ohne Aufwandsentschädigung versteht sich. Häckler: „Wir kommen nicht nur wegen dem Schach, sondern weil wir Freunde sind. Von uns bekommt niemand einen Peso.“

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