Mauersegler in Roth: Vierlingsbrut im Nistkasten 726

19.9.2014, 17:43 Uhr
Mauersegler in Roth: Vierlingsbrut im Nistkasten 726

© Foto: Bittner

Bäuerlein lässt niemanden „von der Mauer segeln“. Das garantiert er weiß auf dunkelblauem Sweatshirt-Grund. Doch an seinem Pulli haftet noch mehr: ein Bekenntnis zu den „interessantesten Vögeln, die ich kenne“. Und er kennt viele.

Denn Bäuerlein ist seit den 1980er Jahren Mitglied im LBV. Aber nicht nur das. Er hat sich in dieser Zeit zum Experten gemausert und darf sich ehrenamtlicher „Leiter der Arbeitsgruppe Gebäudebrüter“ nennen.

Das heißt: Er weiß vieles über Große Mausohren und Breitflügelfledermäuse, über Hausrotschwänze, Turmfalken und Schleiereulen. Um nur einige zu nennen.

Ganz besonders faszinieren ihn jedoch: Mauersegler. Die Hochgeschwindigkeitspiloten, die – wenn’s sein muss – bis zu 200 Stundenkilometer auf die Schwingen bringen, weihen ihr Leben nämlich dem Flug. Selbst wenn sie fressen, schlafen oder sich paaren – sie fliegen dabei. „Es gibt nichts Vergleichbares“, lautet Bäuerleins überzeugtes Credo.

Sogar die Weltraumbehörde Nasa habe dem schwalbenähnlichen „Luftikus“ bereits ein forschendes Augenmerk geschenkt – „weil der Mauersegler den Autopilot-Modus in Perfektion beherrscht, inklusive reduzierter Herz-/Flügelschlagfrequenz“, weiß Bäuerlein.

Weil dem so sei, hat sich der Abenberger eine Mission auf die Fahnen geschrieben: die Verbreitung dieses „hochinteressanten Vogels“ zu unterstützen.

Das tut er nicht nur als LBV-Mann vor Ort, sondern auch als Angehöriger einer Beringungsgemeinschaft der Vogelwarte Radolfzell, die im Auftrag des Max-Planck-Instituts für Ornithologie die Eigenheiten der kleinen Flattermänner in den Fokus genommen hat.

Kasten an Kasten

Unterm mächtigen Rother Schlossdach wird Bäuerleins Engagement offenbar, gleich 50-fach. Denn genau so viele Nistkästen hängen an der Innenseite der schwarz-weiß gestreiften Fensterläden. Von außen verraten das nur unauffällig ins Holz gesetzte Einfluglöcher.

Während er gemeinsam mit Museumsleiter Guido Schmid und Gästeführerin Marlene Lobenwein die steilen Holztreppen zum sanierten Dachboden hinaufsteigt, bleibt dem Experten Zeit zu erzählen: von den 44 Paaren, die hier zwischen Mitte April und Ende August brüteten; davon, wie der Mauerseglerschutz anno 1994 in der Kreisstadt seinen pionierhaften Anfang nahm; oder von den fehlenden Nistmöglichkeiten allerorten, die den Mauerseglern allmählich den Garaus machen: „Inzwischen wird jede Fassade verschalt, verputzt, vergittert“. Und dabei bräuchten diese Vögel doch gerade das: Nischen, Nischen, Nischen.

„Äußerst dankbar“ sei er daher, betont Bäuerlein, „dass die Kooperation zwischen Naturschutz und Kommune in Roth so vorbildlich klappt“. Da kenne er Anderes, sagt er – und führt „mit Schaudern“ die Vertreibung der Gebäudebrüter in der Spalter St. Emmeranskirche als Beispiel an. Dort hätten Baulärm und „Glattsanierung“ den Mauerseglern endgültig die Lust am Bleiben vergällt.

Dabei kann so etwas teuer werden: „Der Mauersegler unterliegt dem Bundesnaturschutzgesetz“. Soll heißen: Wer eine Kolonie während der Brutzeit erheblich stört – durch Bauarbeiten etwa – dem drohen Ordnungsgelder oder gar die zeitweilige Stilllegung der Baustelle.

Miteinander geredet

Auch als 2007 mit der Dachstuhlsanierung des Rother Schlosses begonnen wurde, hätten sich die Verantwortlichen zunächst „keine Gedanken um den Mauersegler gemacht“, erinnert sich Bäuerlein. Erst als Gerüst und Maschinen standen, kam die Ernüchterung. Aber: „Man hat miteinander geredet“, erklärt er.

Am Ende wären Ersatznistkästen am Gerüst angebracht worden, um den brutplatztreuen Luftseglern, die Jahr für Jahr dieselben Niststätten aufsuchen, adäquate Behelfsquartiere zu bieten. Eine Lock-CD mit den charakteristischen „Srieh-srieh“-Rufen sollte ein Übriges tun. Auch so, lobt Bäuerlein, „kann das laufen“.

Muss allerdings nicht verwundern. Immerhin hat die landkreisweit größte Kolonie im Schloss ihre Fans: Gästeführerin Marlene Lobenwein ist einer. „Wir konnten durch Mauersegler und Wanderfalke zwei Attraktionen dazu gewinnen“, unterstreicht sie – und führt regelmäßig Besucher auf den Dachboden hinauf.

Um noch mehr Bewusstheit für die „unglaublichen“ Piepmätze zu schaffen, lädt Bäuerlein auch regelmäßig zu Mauersegler-Workshops ein. Für private Häuslebesitzer, für Architekten, „für Interessierte einfach“.

Interessiert ist Museumsleiter Guido Schmid am Wohlergehen „seiner“ Mauersegler allemal. „Die gehören einfach zum Schloss.“ Wenn um den 20. April herum noch keiner von ihnen im Anflug sei, dann werde er unruhig, gesteht Schmid. Denn erst dann sei er gewiss: „Es wird Frühling!“

Hausbesitzer, die Mauerseglern Nistmöglichkeiten bieten wollen, melden sich bei Klaus Bäuerlein unter Telefon (0 91 78) 55 49. Auch wer ein beringtes Tier findet, kann sich mit ihm in Verbindung setzen. Außerdem suche die Beringungsgemeinschaft immer „helfende Hände“, heißt´s.

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