Meinungen gespalten: Wann ist ein Wolf ein Problemwolf?

26.10.2017, 06:00 Uhr
Meinungen gespalten: Wann ist ein Wolf ein Problemwolf?

© Robert Schmitt

 "Ein echter Gewinn", sagen Naturschützer und Biologen. "Eine große Gefahr für unsere Tiere", entgegnen Schäfer und Landwirte. Bei einer Podiumsdiskussion der Jungen Union im Kreis Roth prallten die Meinungen aufeinander. Moderator JU-Chef Daniel Nagl ließ den Ball nicht im siebenköpfig besetzten Podium kreisen. Auch einige der etwa 100 Besucher kamen immer wieder zu Wort.

Dabei nahm die Pro-Wolf-Fraktion die Bedenken der Skeptiker durchaus ernst, pochte aber darauf, dass im Augenblick noch gar nicht viel gesagt werden könne, weil die Erfahrung fehle. Ihre Empfehlung: Dialog und Prävention. "Wir müssen über alle entstehenden Probleme offen sprechen, um aus Fachwissen vernünftige Lösungen zu entwickeln", meinte LBV-Artenschutz-Referent Dr. Andreas von Lindeiner.

Schließlich seien Schadensfälle nicht wegzudiskutieren. "Wir brauchen einen auf Bayern zugeschnittenen Managementplan", so der Biologe. "Prävention ist ganz wichtig", erklärte auch Uwe Köberlein, stellvertretender Bezirksvorsitzender des Ökologischen Jagdverbands. "Es darf nicht dazu kommen, dass in einer Nacht 30 bis 40 Schafe gerissen werden."


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Wann sollte abgeschossen werden?

Bernhard Schönmüller, Leiter des Forstbetriebs Allersberg, sprach sich ebenfalls für einen lösungsorientierten Dialog aus. Das sei leistbar, war er überzeugt, "denn wir haben das Know How zu entscheiden, wann Grenzen erreicht sind". Ferner sprachen sich von Lindeiner, Köberlein und Schönmüller ganz klar für die Entnahme von "Problemwölfen" aus. Dabei war man sich allerdings nicht ganz einig, was unter einem solchen Tier zu verstehen ist. "Ein Wolf, der Menschen bedroht", meinten die einen. "Ein Wolf, der nicht nur einmal Nutztiere reißt", die anderen.

Für Robert Lechner vom Bayerischen Verband der Schafhalter und Landwirt Gerhard Freytag aus Schwand steht fest: "Der Wolf wird sich zum Großteil von Nutztieren ernähren", so Lechner. "Er wird das Vieh jagen, das er am leichtesten erwischt", fügte Freytag hinzu. Er könne nicht verstehen, meinte Lechner, warum bisherige Erfolge auf dem Gebiet der Biodiversität wegen eines Tieres in Frage gestellt würden.

Denn Schafhaltung sei Landwirtschaft, wie sie der Verbraucher wolle. Sie fördere die Entwicklung extensiv bewirtschafteter Weiden und erhalte Mager- und Trockenstandorte. All diese Entwicklungen bedrohe der Wolf.

CSU will den Schutz-Status senken

Der Kammersteiner Landtagsabgeordnete Volker Bauer (CSU) argumentierte ähnlich. Wenn infolge wachsender Schäden durch den Wolf Schäfer aufgeben, dann "müssen wir uns fragen, wie die Bilanz des Naturschutzes aussieht", erklärte Bauer. Schließlich seien es die Schäfer, die auf vielen Flächen Artenvielfalt ermöglichen würden.

Lechner, Freytag und Bauer waren sich einig, den Schutzstatus des Wolfs zu verringern. "Das hat die CSU schon vor einem Jahr gefordert", erklärte Volker Bauer. Alle drei befürchteten, dass anderenfalls seine Population relativ schnell überhand nehmen würde. "Wir dürfen nicht dieselben Fehler machen wie beim Biber", sagte Bauer, "sonst werden die Probleme zu groß". Insbesondere warnte Bauer vor einem Ausufern der Schäden, deren Ausgleich eine Forderung der Schäfer ist. "Das könnte zum Fass ohne Boden werden".

Vernünftige Koexistenz

Andreas von Lindeiner sah wenig Chancen, eine Veränderung des Schutzstatus in Bayern zu erreichen. "Das wird in Brüssel entschieden und setzt einen günstigen Erhaltungszustand des Wolfs hier voraus", erklärte er. Der sei aber nicht gegeben, war Lindeiner überzeugt, "weil es in Bayern noch nicht einmal ein Rudel gibt".

Er betonte nochmals die Bedeutung zielorientierter Zusammenarbeit aller Beteiligten.

"Wir sollten eine vernünftige Koexistenz mit dem Wolf suchen, indem wir uns alle an einen Tisch setzen, um konstruktive Lösungen auf den Weg zu bringen", erklärte der LbV-Vertreter. "Der Wolf gehört zu unserer Tierwelt, aber wir stehen noch ganz am Anfang", ergänzte Bernard Schönmüller.

Konflikte zwischen Stadt und Land

Gerhard Tausch, Vorsitzender der Jägervereinigung Schwabach-Roth, befürchtete einen Rückgang des Wilds und eine Verhaltensänderung der Wildbestände, die die Jagd seiner Überzeugung nach erschweren oder gar unmöglich machen werde. "Der Wolf wird zur Heiligen Kuh", fand Tausch und kritisierte die Politik, beim Wolfsschutz insbesondere den Forderungen der städtischen Bevölkerung nachzugeben.

Es sei nicht hinnehmbar, "wenn die Menschen aus den Ballungsräumen darüber bestimmen, was wir auf dem Land zu akzeptieren und zu erdulden haben".

Für Volker Bauer ebenfalls ein entscheidender Gesichtspunkt. Denn auch in Sachen Biber habe die Münchner Öko-High-Society erst reagiert, "als die Tiere im Englischen Garten die alten Buchen angefressen haben", schilderte der CSU-Politiker.

 

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