Messer im Landratsamt Roth gezückt

5.1.2018, 15:00 Uhr
Messer im Landratsamt Roth gezückt

© F.: NN

Rückblick: Am vergangenen Donnerstag, am späten Nachmittag, hatte der junge Mann das Sozialamt aufgesucht. Nicht zum ersten Mal. Die für ihn zuständigen Sachbearbeiter, eine 30-Jährige und ihr 56-jähriger Kollege, kannten ihn und seine familiäre Vorgeschichte bereits. Und wussten auch um seine Probleme.

An diesem Nachmittag jedoch sah der 26-Jährige offensichtlich keine persönliche Perspektive mehr und zog mitten im Gespräch mit den beiden Landratsamts-Angestellten ein Messer. "Als sich die Gesprächssituation in dieser Form zuspitzte, hatten meine Mitarbeiter von Anfang an viel mehr Angst, dass sich ihr Klient selbst etwas antut als zum Angriff überzugehen." So hätten ihm die beiden Sachbearbeiter die Situation selbst geschildert", berichtete Landrat Herbert Eckstein, der am Morgen nach dem Zwischenfall mit den direkt Betroffenen das Gespräch suchte und die Situation analysierte.

Schnell vor Ort

Dennoch war die Polizei innerhalb kurzer Zeit mit Streifen aus Roth, Schwabach und Hilpoltstein sowie Nürnberger Spezialeinheiten vor Ort. Sie sperrten den Bereich um das betroffene Büro für den Besucherverkehr ab.

Denn während der 56-jährige Sachbearbeiter auf den aufgebrachten jungen Mann beruhigend einredete, informierte seine jüngere Kollegin über ein für solche Ernstfälle festgelegtes amtsinternes Kommunikationssystem einen weiteren Kollegen über die kritische Lage; dieser wiederum alarmierte die Polizei.

"Auch wenn wir informiert waren, dass nicht unmittelbar Lebensgefahr droht, rollt in so einem Fall im Hintergrund eine ganze Maschinerie an, um für den Worst Case jederzeit gerüstet zu sein. Man weiß nie, ob eine solche Situation nicht doch noch eskaliert", so der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken, Michael Konrad rückblickend.

Nicht nur, dass die örtliche Polizei von Spezial-Einsatzkräften unterstützt werde. Parallel dazu versuche man auch, so viele Informationen wie möglich über die Person, von der die Gefährdung ausgehe, zu erfahren, um so besser einschätzen zu können, wie sich die Situation eventuell weiterentwickle.

Schnelles Ende

Tatsächlich konnte der Einsatz rund eine halbe Stunde später bereits beendet werden. Ohne Verletzte! Und ohne, dass die Polizei massiv hätte eingreifen müssen.

Der 26-jährige Mann hatte nämlich noch im Büro das Messer wieder eingesteckt, um nach Hause zu gehen. Vor der Bürotür erwartete ihn dann die Polizei, die den jungen Mann, der keinen Widerstand leistete, festnahm und aufgrund seiner laut Polizei-Pressesprecher "offensichtlichen psychischen Ausnahmesituation" sofort ins Bezirksklinikum zur ärztlichen Behandlung brachte.

Ein Strafverfahren wurde nach Befragung aller Zeugen nicht eingeleitet. "Unseren Erkenntnissen zufolge, hat der junge Mann andere nicht bedroht, sondern war eher eine Gefahr für sich selbst", führt Konrad zur juristischen Seite dieses Falls aus.

"Hier haben die Beteiligten wirklich besonnen und umsichtig gehandelt. Besser kann man‘s nicht machen", heißt es von Seiten der Polizei zum Vorgehen innerhalb des Landratsamtes.

Ähnlich sieht es auch Landrat Herbert Eckstein. Die beiden Mitarbeiter seien "unaufgeregt, gelassenen und souverän" mit der sicher nicht einfachen Situation umgegangen. Was den Polizeieinsatz angehe, habe sich gezeigt, dass "die Handlungswege, die wir amtsintern für solche Situationen festgelegt haben, die richtigen sind und im Ernstfall greifen".

Genaue Analyse folgt

Dennoch werde man in den nächsten Tagen den konkreten Fall noch genauer analysieren, um eventuell das bestehende Sicherheitskonzept nachzubessern. Was aber ganz sicher nicht bedeute, das Landratsamt und dessen Mitarbeiter mehr als bisher abzuriegeln. "Denn auch Sicherheitswachen oder Büros mit Scheiben garantieren keinen 100-prozentigen Schutz. Wir waren ein offenes Haus für alle Bürger. Das soll auch so bleiben. Das will nicht nur ich. Das wollen auch meine Mitarbeiter", macht Eckstein deutlich.

Was wichtig war und bleibe, sei eine gute interne Vorbereitung auf mögliche Gefahrensituationen. Denn "Tatsache ist, dass immer mehr Menschen keine angemessene Lösung ihrer psychischen Probleme finden und sich andere Ventile suchen. Das bekommen wir im Landratsamt zu spüren. Meistens Gott-sei-Dank ,nur‘ in Form von Drohbriefen oder entsprechenden Mails. Das ist aber auch an anderen Stellen immer deutlicher und häufiger Alltag", erläutert Eckstein. "Das ist eine generelles Problem, mit dem wir uns als Gesellschaft eigentlich mehr auseinandersetzen müssten".

Von Panikstimmung jedenfalls kann im Fall "Landratsamt Roth" nicht die Rede sein. Natürlich war und ist der Polizeieinsatz Thema in der rund 300 Mitarbeiter zählenden Behörde. Doch Tatsache ist auch, dass die beiden Sachbearbeiter bereits am Tag danach wieder – wie üblich — in ihren Büros zum Arbeiten saßen.