Mit Brustbrett und Kandare: Der Gredinger Trachtenmarkt

3.9.2017, 15:14 Uhr
Mit Brustbrett und Kandare: Der Gredinger Trachtenmarkt

© Foto: Jürgen Leykamm

Die Faszination des Marktes mit internationalem Renommee erschließt sich gleich beim Betreten der Gredinger Altstadt. Von den ersten Metern an begegnen dem Besucher Gewandete in den Trachten verschiedenster Landstriche und Epochen.

Zu sehen sind zum Beispiel die edle Lindhorster Tracht aus der einstigen Dynastie Schaumburg-Lippe in Niedersachsen oder hausierende Landkramer in Rissthaler Bauerntracht aus der Bodenseeregion. Es sei eben ein "einzigartiger Markt in einer außergewöhnlichen Stadt", erklärt daher auch Bürgermeister Manfred Preischl zur Begrüßung.

In der Tat habe das barocke Ambiente Gredings einst den Ausschlag gegeben, den Trachtenmarkt seit nun schon fast zweieinhalb Jahrzehnten hier stattfinden zu lassen, betont Martin Wölzmüller, Geschäftsführer des Landesvereins für Heimatpflege, als einer der drei Veranstalter. Dritter im Bunde ist neben Stadt und Verein der Bezirk Mittelfranken.

Thüringen ist in diesem Jahr Gastregion des Marktes. Zwischen Chemnitz und Leipzig ist die "Altenburger Tracht" zuhause. Präsentiert wird sie auf der Rathausbühne vom dortigen "Folklore-Ensemble", das sich seit 37 Jahren der Pflege dieses Kulturguts widmet.

Das Ensemble versteht es, die Gewänder geschickt in Szene zu setzen und dabei Besonderheiten aus der Heimat kundzutun. So war es auf den Bauernhöfen im Raum Altenburg üblich, dass der jüngste Sohn alles erbte und die älteren auszahlen musste, heißt es auf dem Podium. Ein Brett im Mieder (der spanischen Hofmode nachempfunden) sorgte einst dafür, dass die "Marche" (Bäuerin) aufrecht geht. Der Vorstecklatz ließ sich gut verwenden, um Kleinigkeiten darin aufzubewahren. "Ein Vorläufer der heutigen Tupperdose", kann sich Kiebisch nicht verkneifen. Der "Malcher" (Bauer) trug beim Fest ganz klassisch die Kniebundhose, deren Hosenheber sich "Kandare" nennt, an die ihn die "Marche" wohl ab und zu zu nehmen gedachte.

Die vom Deutschen Trachtenverband gekürte Tracht des Jahres ist diesmal im "Fläming" im südwestlichen Brandenburg zuhause. Woher der Name kommt? "Von unseren Ahnen, den Flamen", erklärt der Chef der von dort angereisten Trachtengruppe, Charles Koppehele. Das Band, das bei den gewandeten Damen das Mieder zusammenhält, nennt sich hier "Riegel". "Der Muff gehört dazu, zu Feierlichkeiten auch die Bluse mit Puffärmelchen", erläutert Ehegattin und Trachtenexpertin Marlies. Bei den Herren habe der Zylinder Einzug in die Tracht gefunden. Eine Uhrenkette mit Medaillon und Haarsträhne der Liebsten soll ihn Treue üben lassen.

Eine Gruppe aus dem Spessart steht im Mittelpunkt der Aufführungen des Rhein-Main-Gauverbandes. Hier gibt es auch eine musikalische Einlage zu erleben: Mit Kuhglocken gespielt, erklingt der Schneewalzer. Das bleibt nicht ohne Wirkung – weiß schwebt es zwar bald darauf nicht vom Himmel herab, dafür fallen dicke "Freudentränen", wie es beschworen wird. Zuvor können "D'Spessartwäldler" ihre Tänze noch zu Ende bringen, die im klassischen "Schuhbladln" münden.

Neben den Aufführungen finden die zahlreichen Besucher Gefallen an den "lebenden Werkstätten" mit alter Handwerkskunst oder einen Blick in die Anfänge der leonischen Industrie, auf die eine Häkelgalonmaschine verweist. Es gibt Gelegenheit zur "Spitzen-Analyse" im Rathaus oder zum Schnäppchenmachen bei einer Trachtebörse im Pfarrheim. Verschiedene Kurse wie Weißstickerei, Perlbeutel-Strickerei oder Occhi runden den Tag ab, die Kinder können zum Beispiel Kränze binden.

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