Mit dem Paten an der Seite klappt der Start in den Schulalltag

30.9.2014, 18:17 Uhr
Mit dem Paten an der Seite klappt der Start in den Schulalltag

© Foto: Manfred Klier

Im Morgenkreis sitzen die Schülerinnen und Schüler von Lehrerin Verena Thiel an der Grundschule Heideck zusammen und berichten vom Wochenende. Nichts Außergewöhnliches an diesem Montagmorgen, wäre da nicht eine Besonderheit. Im Klassenzimmer – man erinnert sich unwillkürlich an frühere Zeiten – lernen nämlich Kinder der ersten und zweiten Jahrgangsstufe gemeinsam.

Nach Beendigung eines Modellversuchs können einige bayerische Grundschulen dieses bisherige Modellkonzept als Regelkonzept umsetzen. Die Grundschule Heideck ist mit dabei. Laut Kultusministerium sollen dadurch den Kindern „Wege eröffnet werden, die ihren unterschiedlichen Begabungen und Interessen sowie ihrer individuellen Lernentwicklung noch besser gerecht werden.“

Für die „Eingangsstufe“, also die bisherigen Jahrgangsstufen eins und zwei, ist ein „passgenaues und individualisierendes Lernangebot“ vorgesehen. Dazu gehört auch eine flexible Verweildauer. Das heißt, die beiden ersten Klassen können wie bisher in zwei, aber auch in drei, oder in nur einem Jahr absolviert werden. Das dritte Jahr wird dabei nicht auf die Pflichtschulzeit angerechnet. Das ist aber nur in Klassen mit „Jahrgangsmischung“ möglich.

Jeder der Schulanfänger hat aus den Reihen der Zweitklässler einen Paten bekommen, der ihm zur Seite steht. Maximilian beispielsweise ist der Pate von Uli: „Ich helfe ihm in Mathe, Deutsch und HSU. Wenn er etwas nicht versteht, erkläre ich es ihm nochmal.“ Lukas hilft seinem „Patenkind“ beim Schreiben des Namens und beim Abheften der Arbeitsblätter. Die „Großen“ sind die „Tiger“ und recht stolz darauf, dass sie nun nicht mehr die Kleinsten sind und den „Bären“ helfen können. Darüber freut sich auch Alisa: „Es ist gut, wenn man immer einen Paten neben sich hat.“ Und Uli ist froh, wenn „der Maximilian mit mir in der Pause spielt“.

Inzwischen sitzen die Kinder im Doppelkreis einander gegenüber und erzählen sich gegenseitig ihre neuesten Erlebnisse. Zeit für Klassenleiterin Verena Thiel, über ihre Erfahrungen mit dieser Unterrichtsform zu berichten. Schon am ersten Schultag sei es eine große Hilfe für sie gewesen, dass sie sich lediglich auf zehn Schulanfänger konzentrieren musste und dass ihr die Zweitklässler viel Organisatorisches abgenommen haben. Sie haben den Neuen geholfen, sich im Schulhaus und in den beiden Klassenzimmern zurechtzufinden.

Zur individuellen Förderung stehen dieser Kombiklasse zwei Räume zur Verfügung. „Die Heterogenität ist toll und macht mir viel Spaß“, bekennt sie, „die Kinder haben die Möglichkeit, ihr Wissen den anderen gegenüber zu äußern. Man kann die Unterschiedlichkeiten gut nutzen, es entsteht ein gutes Gemeinschaftsgefühl.“ Am Beispiel „Igel“ erläutert die Klassleiterin das Vorgehen: „Während die eine Gruppe ein Igelbild malt, schreibt die zweite Gruppe dazu passende Begriffe auf und die am weitesten fortgeschrittene Gruppe versucht sich an einer kleinen Igelgeschichte.“ Ganz im Sinne der Kompetenzorientierung des neuen Grundschullehrplans.

Neben den gemeinsamen Unterrichtsstunden werden die Schüler der ersten und zweiten Jahrgangsstufe in vier Wochenstunden getrennt unterrichtet, um besonderem Unterrichtsstoff gerecht zu werden.

Dennoch stellt diese Form des Unterrichts eine Doppelbelastung der Lehrkraft dar, die Verena Thiel mit viel Idealismus meistert. Allerdings wäre in einem solchen Fall auch Unterstützung von bildungspolitischer Seite wünschenswert, etwa in Form weiterer Stundenermäßigung. Der Anspruch, jedem Kind gerecht zu werden, ist eine zusätzliche Belastung. Als Lohn für die Mühen, das stellen Schulleiterin Martina Wirsing und Klassleiterin Verena Thiel übereinstimmend fest, steht die Stärkung des Selbstbewusstseins der „Tiger“, die Förderung des Gemeinschaftsgeistes aller Schüler, sowie das Beachten der Heterogenität, verbunden mit individueller Vermittlung des Lernstoffes.

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