Noch fehlt ein "rot(h)er Faden"

12.10.2018, 16:42 Uhr
Noch fehlt ein

© Foto: Stadt

Vielleicht hat er tatsächlich begonnen, der Wandel. Metropolen wie San Francisco oder Stockholm wollen "Zero Waste"-Städte werden und Müll auf Teufel komm raus vermeiden. Münster, Osnabrück und Düsseldorf würden demnächst gern "plastiktütenfrei" sein.

In Freiburg, Göttingen sowie Bielefeld hat man ein Mehrweg-System für Coffee-to-go-Becher eingeführt. Es gibt verpackungsfreie Läden in den Großstädten und die Verbraucher ziehen mit Gemüsenetzen in den Supermarkt, um lose Frischwaren kaufen zu können.

Bei den großen Brüdern tut sich was. Und in der Kleinstadt? Auch da, aber: "Es ist schwieriger als gedacht", gibt Melanie Hanker zu. Die städtische Angestellte wurde mit der Koordination des noch jungen Arbeitskreises "Umweltbewusstes Roth" betraut und meint ehrlich: "Uns fehlt noch der rote Faden..."

Im AK "Umweltbewusstes Roth" haben sich Vertreter aus Stadtverwaltung, Stadtrat, der örtlichen Wirtschaft und vom Bund Naturschutz zusammengefunden, um gemeinsam zu überlegen: "Wie kann man den Müll in der Kommune reduzieren?", fokussiert Andrea Schindler, Grünen-Stadträtin und BN-Mitglied, den Kern der Sache.

Der erste Versuch, die Verteilung von 10 000 kostenlosen Mehrwegbeuteln mit städtischem Logo und "Plastikfrei!"-Bekenntis, sei jedenfalls "gründlich in die Hose gegangen", blickt Schindler auf den Juli des vergangenen Jahres zurück. "Da sind Plastikbeutel für eine plastikfreie Stadt verteilt worden – läuft gar nicht".

Ein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen, ist das für Schindler aber nicht. Im Gegenteil. Sie engagiert sich nach wie vor im AK und beim BN, weil ihr mit Blick auf eine globale Mülldystopie bangt: "Wir haben nicht viel Zeit!"

Drum sei sie neulich mit anderen BN-Mitgliedern vor dem E-Center gestanden und hätte Fragebögen zum Einkaufsverhalten der Leute ausgefüllt. Vorläufiges Fazit: "Bequemlichkeit und Gewohnheit siegen leider viel zu oft!"

Da würden Bananen in dünne Plastiktüten gesteckt, "weil man´s schon immer so gemacht hat". Und gerade das Müllaufkommen an Einweg-Plastiktrinkflaschen sei ein immenses, was teils daran liege, dass die Leute Mehrweg von Einweg nicht unterscheiden könnten. "Es fehlt an Aufklärung", hat Andrea Schindler festgestellt. Auch deshalb sitze sie im AK "Umweltbewusstes Roth".

Dessen neueste Aktion ist die Einführung eines Mehrwegbecher-Pfandsystems namens "reCup". Das Prinzip: "Kaffeegenießer kaufen ihren Coffee-to-go im recyclebaren reCup-Becher und hinterlegen einen Euro Pfand dafür. Leere Becher können deutschlandweit bei allen 1000 reCup-Partnern abgegeben werden, um das Pfand zurückzuerhalten. Die Becher werden dann vor Ort gereinigt und direkt wieder im System eingesetzt", verheißt die Pressemeldung des Münchener Unternehmens.

Alexander Storl, Wirt des Restaurants "Waldblick" im Leoni-Sportpark und Rother AK-Mitglied, füllt diese Sätze gerade mit Realitätsgehalt. Als einer der ganz wenigen im Landkreis.

Verhaltenes Interesse

"Bürgermeister Edelhäußer hat versucht, die Idee auch anderen Gemeinden und Partnern ans Herz zu legen", erzählt AK-Koordinatorin Melanie Hanker. Weil: Je mehr Ausgabestellen vor Ort, desto besser. Die Resonanz sei allerdings "verhalten" ausgefallen, formuliert Hanker es vorsichtig.

Für Alexander Storl nur schwer nachvollziehbar, zumal er "die ewige Umweltverschmutzung durch Kaffee-Einwegbecher gründlich satt" habe.

Für ihn hegt reCup nur Vorteile. Zum Beispiel den: "Wenn ein Kaffeevieltrinker wie ich, sich in Roth einen Kaffee gönnt und damit nach München fährt, dann spart er auf der Hin- und Rückfahrt locker sechs Einwegbecher!", freut sich der Gastronom und hofft, "dass sich das rumspricht." Bei Konsumenten, Tankstellen, Bäckereien, Gaststätten, Cafés. Sobald sich die Leute nämlich "bewusst dafür entscheiden, ihren Kaffee künftig bei mir zu holen", würde es sicherlich ganz schnell Nachahmer geben. Bislang sei´s lediglich die Bäckerei Schmidtkunz in Eysölden, die neben Storl am reCup-System festhalte.

"Warten wir ab, ob noch was kommt", meint Hanker zweckoptimistisch. Eine plastikfreie Kommune hält sie indes aber "nicht für unmöglich." Problem dabei: "Zurzeit muss da Vieles ehrenamtlich laufen." Aber vielleicht votiere der Stadtrat "ja doch irgendwann dafür, einen Umweltschutzbeauftragten einzustellen..."

Ähnlich, wie ihn sich die Kreisstadt Pfaffenhofen an der Ilm leistet. Dort gebe es nicht nur einen hauptamtlichen Nachhaltigkeitsmanager, sondern inzwischen auch einen plastikfreien Wochenmarkt, weiß Andrea Schindler. Anlass genug also für den Arbeitskreis "Umweltbewusstes Roth", sich demnächst Impulse in der oberbayerischen Kreisstadt zu holen. Denn Stolpersteine hin oder her — "wir sind als Kommune auf dem Weg".

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