Nonstop durch den Gardasee

28.9.2017, 15:10 Uhr
Nonstop durch den Gardasee

© Foto: Privat

Wer kennt ihn nicht, den Gardasee. Für unzählige deutsche Aktivurlauber ist der oberitalienische See der Inbegriff von Bella Italia und Jahr für Jahr eine Reise wert. "Am Rand des Sees sind viele schon mal geschwommen", meint Schall, der vor rund eineinhalb Jahren die Idee der Längsquerung kam. Nachdem sie sich seit Jahren im Bodensee, ihrer "Pfütze", abarbeitet, habe sie schlichtweg "einfach mal wieder etwas anderes sehen" und mehr als nur den Rand des Gewässers erleben wollen.

Bei der Suche nach Mitstreitern wurde sie in der Triathlonabteilung der TSG 08 Roth schnell fündig: Neben Lunel van der Merwe sind außerdem "Mr. Rothsee" Marcus Schattner und Daniel König bei dem Abenteuer mit dabei. Als fünftes Teammitglied und zugleich einer der Hauptsponsoren ist zudem Alexander Gallitz, seines Zeichens ehemaliger Spitzenschwimmer und nun Chef der Schwimmschule Flipper, dabei. Philipp Frik komplettiert als Motivator, Helfer und Coach auf dem Begleitboot die Mannschaft.

Nachdem mehrere Anläufe im Vorjahr sowie heuer aufgrund der zu kalten Wassertemperaturen oder wegen Terminschwierigkeiten scheitern, machen sich die fünf im September endgültig auf nach Oberitalien. Wobei bereits die Organisation des Unternehmens vor Ort eine Herausforderung darstellt. Im Gegensatz zu Freiwasser-Zielen wie dem Bodensee sind Querungen am Gardasee eine Seltenheit, Veranstalter und eine entsprechende Logistik fehlen daher. Demzufolge müssen Begleitboote, Beobachter, Ausrüstung und dergleichen selbst organisiert werden. Immer wieder sei man bei den Vorbereitungen auf Kopfschütteln und Unverständnis gestoßen, erzählt Mirjam Schall lachend. "Die dachten, wir veräppeln sie."

Der lang ersehnte Startschuss für das Unternehmen fällt schließlich an einem Samstagmorgen Ende September. Der Rother Extremschwimmerin Mirjam Schall wird die Ehre zuteil, um kurz vor 6.30 Uhr anzuschwimmen. Denn sie verfügt über die meiste Erfahrung, wenn es um das Schwimmen im Freiwasser bei Dunkelheit geht. Die 40-Jährige gibt rund 40 Minuten lang Vollgas, ehe sie von Triathlon-Routinier Marcus Schattner abgelöst wird. Im Anschluss an Schall und Schattner sind Lunel van der Merwe, Daniel König und zum Schluss Alexander Gallitz gefordert, Strecke zu machen. Eine ausgefeilte Rennstrategie haben sich die fünf bewusst nicht zurechtgelegt. Lediglich eine feste Reihenfolge gibt es, alles andere wird flexibel und nach Gefühl gehandhabt. Während immer eine Person im Wasser schwimmt, essen oder ruhen die restlichen Teammitglieder an Bord des Begleitbootes und versuchen, während der Pause trotz des kalten Winds nicht allzu stark auszukühlen. Währenddessen wacht BTV-Kampfrichter Frank Kräker darüber, dass die Regularien eingehalten werden.

Kälte macht zu schaffen

Stunde um Stunde, Kilometer um Kilometer kämpfen sie sich so voran. In der nördlichen Hälfte des Lago macht ihnen vor allem die Kälte zu schaffen. Beim Start hat das Wasser nur knapp 16 Grad, laut Reglement muss dennoch ohne Neopren geschwommen werden. Zwar wird es langsam umso wärmer, je weiter sie nach Süden kommen. Allerdings nimmt hier auch die Strömung deutlich zu. Vor allem nach Torri del Benaco haben die Sportler mit einer enormen Gegenströmung zu kämpfen. Die Wechselintervalle werden kürzer, es wird jetzt viertelstündlich getauscht. Längst hat sich so etwas wie Routine eingestellt: schwimmen, essen, pausieren, schwimmen, essen, pausieren.

Mit der Zeit beginnt es zu dämmern. Um vom Boot aus gesehen zu werden, befestigen die Schwimmer kleine Blinklichter an den Bändern der Schwimmbrille. Irgendwann ist es stockdunkel. Jetzt heißt es, sich voll auf die Anweisungen vom Boot zu konzentrieren und dem Skipper zu vertrauen. Mittlerweile ist es mitten in der Nacht und der achte Durchgang ist angebrochen. Kurz nach 23 Uhr ist es schließlich so weit: Der Nürnberger Marcus Schattner geht in Peschiera del Garda – gefolgt vom Rest des Teams – an Land. Als erste Staffel haben die fünf den Gardasee einmal der Länge nach ohne Unterbrechung und künstliche Hilfsmittel durchschwommen. Auch wenn alle glücklich und stolz sind: "Groß gefeiert wurde nicht", berichtet Mirjam Schall. Die Kälte und vor allem die Anstrengung von 53 Kilometern bzw. 16 Stunden und 42 Minuten Schwimmen steckt den fünf Ausdauerathleten dann doch in den Knochen.

 

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