„Reichsbürger“ schießt ohne Vorwarnung

19.10.2016, 18:23 Uhr
„Reichsbürger“ schießt ohne Vorwarnung

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„Reichsbürger“ schießt ohne Vorwarnung

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Was war passiert? Bei einer Razzia in Georgensgmünd hat ein 49-Jähriger vier Polizisten verletzt. Wie Herrmann mitteilte, sollten die legalen Waffen des sogenannten „Reichsbürgers“ wegen dessen Unzuverlässigkeit sichergestellt werden. Zur Unterstützung der Behördenmitarbeiter des Landratsamtes war eine Spezialeinheit der Polizei vor Ort. Beim Zugriff in den frühen Morgenstunden schoss der Mann vom ersten Stock durch die Tür sofort auf die Beamten – ohne Vorwarnung. Mindestens der erste Schuss sei im Haus durch eine geschlossene Wohnungstür abgegeben worden, hieß es. Wie viele Schüsse insgesamt fielen, ist noch unklar. Der Täter, der eine Schussweste trug, konnte kurz darauf leicht verletzt festgenommen werden.

Der Zugriff geschah im Haus des „Reichbürgers“ in Georgensgmünd, Am Weinberg 13. Der 49-Jährige, der früher eine Kampfsportschule betrieben habe, sei derzeit ohne Arbeit, wurde mitgeteilt. Sein „Territorium“ hat er durch eine gelbe Markierung abgesteckt. Darüber darf nur derjenige, der eine Erlaubnis hat.

Angehörige der „Reichsbürger“-Bewegung erkennen die Bundesrepublik nicht an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe völkerrechtlich bis heute fort, da die Weimarer Reichsverfassung weder von den Nationalsozialisten noch von den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs jemals abgeschafft wurde. Häufig legen sie dabei die Grenzen von 1937 zugrunde. Die Bundesrepublik, sagen sie, sei völker- und verfassungsrechtlich illegal und de jure nicht existent. Vor diesem Hintergrund sprechen sie dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren amtliche Bescheide nicht. Man drückt sich vor Steuerforderungen oder missachtet Urteile.

Bisher war der 49-Jährige nicht einschlägig vorbestraft, wird berichtet. Landrat Herbert Eckstein sprach vielmehr von Skurrilitäten, die ihn bei den Behörden bekannt gemacht hätten. Darunter versteht Eckstein Schriftstücke, die der Mann als „Reichsbürger“ unter anderem auch an das Landratsamt gerichtet hat.

Im Juni dieses Jahres meldete er sich beispielsweise bei der Gemeinde Georgensgmünd ab. Er teilte auch dem Landratsamt mit, dass er sich nicht an staatliche Maßnahmen halten werde, sagte Herbert Eckstein. Hierbei ging es um die Kontrolle seiner Waffen, ob diese auch ordnungsgemäß in geeigneten Schränken gelagert sind. Mehrmals hatte er den Mitarbeitern des Landratsamtes den Zutritt zu seinem Grundstück untersagt. Das Landratsamt bat ihn schließlich in einem Anhörungsschreiben um Stellungnahme. Laut Waffenbesitzkarte gehören dem 49-Jährigen über 30 Waffen, die er als Sportschütze oder Jäger legal erworben hatte; darunter auch historische und amerikanische Waffen. Seine Waffenbesitzerlaubnis wurde als Konsequenz für seine strikte Verweigerungshaltung — er reagierte weder auf die Schreiben des Landratsamtes noch auf die eines Gerichtes — im August widerrufen. „Er hat auf uns einen unzuverlässigen Eindruck gemacht“, so Eckstein. Deshalb wollte die Polizei am Mittwochmorgen auch die Wohnung des Mannes durchsuchen und die Waffen sicherstellen.

Der Täter wurde nach seiner Festnahme bei der Kriminalpolizei Schwabach vernommen, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes. Innenminister Herrmann warnte zudem bei der Pressekonferenz im Landratsamt in Roth davor, Reichsbürger als „Spinner“ abzutun. Sie seien offensichtlich zu brutaler Gewalt fähig. Die „Reichsbürger“ würden vom bayerischen Verfassungsschutz bereits seit längerem intensiv beobachtet, erklärte er. Einige seien sogar rechtsextrem einzustufen. Nach den den Geschehnissen von Georgensgmünd, müsse man die Gefahr aber „höher einschätzen“. Es solle ab sofort systematisch überprüft werden, inwieweit unter den Anhängern der Bewegung Waffenbesitzer sind.

 

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