Reichsbürger: Stammtisch in Polsdorf

26.10.2016, 16:02 Uhr
Reichsbürger: Stammtisch in Polsdorf

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Dass das Flugblatt mittlerweile polizeilich geprüft wird, ist einem aufmerksamen Jäger aus Heideck zu verdanken. Ein ihm unbekannter Mann habe ihm dieses Pamphlet auf der Schießanlage in Thalmässing in die Hand gedrückt, berichtet Manfred A. (Name der Redaktion bekannt). Der Jäger war in Thalmässing, um sein neues Jagdgewehr nebst Zielfernrohr einzuschießen. Auf dem Parkplatz der Anlage sei dem Rentner ein Auto aufgefallen, an dem die Kennzeichen verkehrt herum montiert waren – also auf dem Kopf standen.

Als A. seine Zielübungen beendet hatte, sei er zum Zahlen ins Schützenheim gegangen. Dabei habe er flapsig in den Raum geworfen „Wer von euch fährt denn mit seinem Auto auf dem Kopf?“. Worauf ihm ein unbekannter Mann zur Antwort gegeben habe, dass man nicht immer mit den staatlichen Vorgaben konform sein müsse. Sprach’s, gab ihm ein Flugblatt und lud ihn zum Gedankenaustausch ein. „Wir treffen uns regelmäßig in Polsdorf“, soll der Mann gesagt haben, ohne zu benennen, wer denn hinter dem „Wir“ stecke.

Das Flugblatt sei ohne große Würdigung in seiner Jacke verschwunden, sagte A. im Gespräch mit unserer Redaktion. Erst nach dem schrecklichen Vorfall in Georgensgmünd, wo der Reichsbürger Wolfgang P. einen Polizisten erschoss, habe er sich wieder dieses Pamphlets erinnert. Nicht zuletzt, weil ihm beim Überfliegen des Textes in Thalmässing aufgefallen sei, „dass diese Bewegung keine Steuern zahlt“ – wie es die sogenannten Reichsbürger tun, die die Bundesrepublik Deutschland total ablehnen.

„Eigentümliche Ansichten“

Noch gravierender ist allerdings der Umstand, dass Manfred A. den Todesschützen persönlich kannte. „Er war vor fünf, sechs Jahren in einem Jagdkurs mein Schüler“, erzählt A. und erinnert sich, dass Wolfgang P. ihm damals durch „eigentümliche Ansichten hinsichtlich des Verhaltens gegenüber der Staatshoheit“ aufgefallen sei. So soll P. berichtet haben, wie man mit seinen Finanzen umgehen soll, damit man keine Steuern zahlen muss. P. habe übrigens die „Jagdprüfung ohne Beanstandung absolviert“ und dabei „fast überdurchschnittliche Leistungen gezeigt“.

Ende vergangener Woche gab Manfred A. das Flugblatt bei der Hilpoltsteiner Polizei ab. Die Beamten müssten informiert werden, welche Typen im Landkreis unterwegs seien, um bei Verkehrskontrollen noch mehr Vorsicht walten zu lassen. Dienststellenleiter Siegfried Walbert hat dieses dann ans Kommissariat Staatsschutz bei der Schwabacher Kriminalpolizei weitergeleitet, wie er betont.

Der Kripo sei mittlerweile auch bekannt, dass es in der Gaststätte in Polsdorf einen Reichsbürger-Stammtisch gebe. Allein, an welchem Tag müsse man noch prüfen, sagte Ulrich Kaiser, Chef des Kommissariats Staatsschutz. Auf jeden Fall werde man diesen Treffpunkt im Auge behalten.

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