Reinhard Bienert: Veränderung ist das Beständige

20.8.2017, 17:01 Uhr
Reinhard Bienert: Veränderung ist das Beständige

© Foto: Robert Unterburger

Bei der Vernissage wurde es eng, denn zahlreiche Künstlerkollegen, ehemalige Schüler seiner Malschule und Vertreter des öffentlichen Lebens zeigten ihre Wertschätzung für den Künstler und Menschen Reinhard Bienert.

"Es war dein Wunsch, dass ich zu deinem 70. Geburtstag als deine Nichte die Laudatio zu deiner Ausstellung ,Kunst feiert Feste‘ spreche", verriet die Kunsthistorikerin Kerstin Bienert. "Die Kunstausstellung erlaubt einen Einblick in deine Seele."

Kerstin Bienert blickte zurück auf die Zeit vor 20 Jahren, als Reinhard Bienert aufgebrochen war zu einer mehrwöchigen Reise nach Nigeria, von der er verändert zurückgekommen ist. "Er bekam Einblicke in sein tiefstes Inneres." Der Aufenthalt in Afrika habe Bienert geprägt: "Das war eine Zeit neuer Ziele, neuer Wünsche, Sehnsüchte, aber auch eine Zeit der Erholung, der Entspannung und der Abenteuer." In den großen Entdeckungsreisen des 15. und 16. Jahrhunderts und auch bei Goethes Italienreise "entdeckten die Künstler das Unterwegssein als neue Form", was auch für Reinhard Bienert zutreffe.

Die Kunst der Igbo-Frauen in Nigeria habe Bienert nicht mehr losgelassen. Fortan habe er sich Ezimo genannt und sei in afrikanische Lebensphilosophie, Mythen und Geschichten eingetaucht. Fasziniert habe ihn, dass die Afrikanerinnen Zeichen auf ihren Lehmhäusern anbringen und diese mit Gemälden bemalen. Seither sei der Grafik-Künstler von diesen Formen geprägt worden.

"In deinen Bildern überlagern sich zwei Traditionen", analysierte die Laudatorin, "sie sind ein Pendel zwischen klaren, geometrischen Formen und freier, ungezwungener und kreativer Malerei". Kunst zu machen sei eine abenteuerliche Reise, bei der man an Orten verweilt, von denen man vorher noch gar nichts wusste, so Kerstin Bienert weiter.

Leidenschaftlicher Pädagoge

"Reinhard Bienert war auch ein Reiseführer und leidenschaftlicher Pädagoge. Bildung ist für ihn das Entzünden von lodernden Flammen." Viele Menschen seien mit ihm unterwegs gewesen und es sei ihm immer um einen ganzheitlichen Zugang zu den Malobjekten gegangen, seien es Malreisen, Malaktionen am Rothsee, das von ihm initiierte Aquarellmeeting, die Kunstschule am Rothsee und zahlreiche andere Aktionen gewesen. Reinhard Bienert habe auch die Schwabacher "Ortung" initiiert.

Bienerts Gestaltungsprinzipien lehnten sich an den Ballhaus-Stil an, er fühle sich dem abstrakten Expressionismus verpflichtet. Die angewandten Techniken reichen vom klassischen Acrylbild zur Acrylcollage, von Papierarbeiten über Kreidezeichnungen auf Forex bis zur plastisch in den Raum gebrachten Installation.

"Es geht dir darum, neue Wege einzuschlagen und Neues anzustoßen", unterstrich die Laudatorin, "du hast erkannt: Die Veränderung ist das einzig wahrhafte Beständige".

Bienert praktiziere das "blinde Malen", das nach den Gesetzen des Zufalls funktioniere, das Aus-dem-Bauch-Malen und das entspannte Malen. Der Künstler baue auf Meditation, autogenes Training, das Experimentieren mit verschiedenen Techniken, er male spontan und energiegeladen, suche "das Chaos" in der Malerei und das Abenteuer. "Kunst machen ist eine abenteuerliche Reise", so die Laudatorin.

Die aktuelle Ausstellung ist eine Reise durch Reinhard Bienerts Leben seit dessen 50. Geburtstag, ein Zyklus der vergangenen 20 Jahre. 14 meist großformatige Bilder hat der Künstler ausgewählt, Jahreszahlen am Boden künden von der Entstehungszeit der Werke und sind Wegmarken für ihn und den Betrachter.

Reinhard Bienert wurde 1947 in Prag geboren. Nach der Flucht seiner Eltern in den Westen kam er im Lager Limbach an und wuchs in Schwabach auf. Schon 1970, kurz nach seinem Grafik-Studium an der Nürnberger Grafik- und-Design-Fachhochschule, hat er sich selbständig gemacht. Bienert entwarf Plakate für das Schwabacher Bürgerfest und mehrfach preisgekröntes Corporate-Design für Stadt und Landkreis Roth, für den Triathlon und gestaltete Logos für Städte, Gemeinden, Biere und Wege. Er rief den Kunstverein Spectrum ins Leben und war mehrere Jahre Vorsitzender, 30 Jahre später noch einmal von 2013 bis 2015.

"Tod und Leben"

2003 schuf Bienert einen Passionszyklus, der in mehreren Kirchen zu sehen war. Viele seiner Bilder setzen sich mit dem Thema "Tod und Leben" auseinander. Die Suche nach dem Sinn des Lebens spiegeln viele Werke von ihm wider. Dazwischen gab es klare Lichtblicke. So etwa das Bild "Jesus Child", das er aus Dankbarkeit gemalt hat, seine Frau Pia Morgenthum gefunden zu haben.

"Eine Arbeit schließt den Kreis der Reise nach Afrika, nämlich das Thema Samenkorn." Das Samenkorn sei eine Metapher für den ewigen Kreislauf in der Natur, für das Wachsen und Werden. "Bei Reinhard Bienert geht es immer darum, sich auf eine Gedankenreise zu begeben und Gefühle aufkommen zu lassen", so Kerstin Bienert abschließend. Ihrem Onkel Reinhard gab sie als "Reisewunsch" auf den Weg: "Beurteile den Tag, was du ausgesät hast!" Sie schloss mit einem Zitat von Paul Klee: "Kunst macht Unsichtbares sichtbar."

Ezimo Reinhard Bienert, bekannt als Künstler, Dozent und Designer sowie als Initiator vielfältiger Kunstveranstaltungen in der Metropolregion, zeigt einen Querschnitt seiner Arbeiten der vergangenen 20 Jahre. Aufbauend auf einer Arbeit für die ORTUNG Schwabach als Gastteilnehmer entwickelte er eine völlig neue Formensprache, stellvertretend hierfür sind die Werkgruppen "Akabixe" sowie "Stirb und Werde" zu nennen.

Die Ausstellung "Kunst feiert Feste" mit Werken von "Ezimo" Reinhard Bienert in der Galerie des Kunstvereins Spectrum in den Rothmühl-Passagen, Willy-Supf-Platz 2, Roth, ist bis 14. September geöffnet jeweils donnerstags 14 bis 18 Uhr.

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