Roth: Mit Abschiedskonzert endet 41-jährige Ära

22.10.2018, 17:36 Uhr
Roth: Mit Abschiedskonzert endet 41-jährige Ära

© Foto: Hans Pühn

Diese besondere Hingabe, mit der Chor, Orchester und Solisten die kraftvolle, mit Worten der Heiligen Schrift unterlegte Musik der Altmeister Johannes Brahms und Felix Mendelssohn Bartholdy interpretierten, ließen den letzten Auftritt von Kirchenmusikdirektor Klaus Wedel am Dirigentenpult der sehr gut besuchten evangelischen Stadtkirche zu einem außergewöhnlichen Konzert-Ereignis werden. Das Publikum bewies Gespür für die besondere Situation und bedankte sich nach der Aufführung mit minutenlangen Ovationen beim scheidenden Kantor, der die Beifallsbekundungen spontan den insgesamt 124 Protagonisten der aufgeführten Werke, "Ein deutsches Requiem" und "Lobgesang", widmete.

Mit 22 Jahren hatte Klaus Wedel als ehemaliger "Windsbacher" Chorknabe seinen Dienst als Kantor in Roth angetreten. Die Kantorei, der Posaunenchor, eine Band, die 1979 beim Nürnberger Kirchentag auftrat, und der von ihm gegründete Kammerchor: An Aufgaben mangelte es für Wedel von Anfang an nicht. Nach 41 Jahren in Roth und insgesamt 1500 Aufführungen, vom Konzert im evangelischen Seniorenheim bis hin zum Requiem von John Rutter als deutsche Erstaufführung, ist er nun vorzeitig in den Ruhestand getreten. Eigentlich war sein Abschiedskonzert für Mai 2021 geplant. Doch weil, wie in einem Interview mit dem Evangelischen Sonntagsblatt zu lesen, in Roth vom geschäftsführenden Pfarrer und dem Kirchenvorstand seine liturgische Kompetenz nicht mehr wie in früheren Jahren geschätzt wird, setzte Wedel als dienstältester Kirchenmusiker Bayerns den Schlusspunkt.

Sein Abschiedskonzert setzte sich aus Teilen der ursprünglich für Mai 2021 und für Oktober 2018 geplanten Werken zusammen: Ein deutsches Requiem von Johannes Brahms, der Lobgesang von Felix Mendelssohn Bartholdy und zum Abschluss das "Dona nobis pacem" aus der h-Moll-Messe. Klaus Wedel wusste natürlich, dass er seinem Kammerchor samt Projektchor mit diesem Programm sehr viel zumutete. Beide Werke sind, so Wedel, "schwere Stücke", die viel Stimmkraft voraussetzen, um die Spannung während der gut zweistündigen Aufführung aufrecht erhalten zu können. Das Wagnis zahlte sich aus. Der Chor nämlich wurde allen Anforderungen gerecht. Klaus Wedel sprach im Nachhinein von "tollen Leuten mit einem hervorragenden Stimmenpotenzial und herausragendem Engagement". Sein Bruder Wolfgang, eine Koryphäe an der Orgel und schon wiederholt in Roth mit von der Partie, sprach von einem der besten Konzerte, das je in der Rother Stadtkirche aufgeführt worden sei.

Im hohen Maße zum stimmigen Eindruck beigetragen haben die 50 Musiker der renommierten Vogtland Pilharmonie Greiz/Reichenbach, mit der Wedel kurz nach der Wende in Kontakt trat und die seit dieser Zeit alle großen Konzerte in Roth bestritt sowie die Solistinnen Silke Herold-Mändl (Sopran) und Karin Steer (Alt) beziehungsweise die Solisten Reiner Geißdörfer (Tenor) und Markus Simon (Bass). Am Dirigentenpult bewies Klaus Wedel wieder einmal das nötige musikalische Gespür, um die einzelnen Elemente eines höchst aufwändigen Konzertes harmonisch zusammenzuführen. Im Vorfeld hatten Wedel und die Protagonisten hart für den Erfolg gearbeitet. In den letzten Tagen vor dem Konzert beispielsweise war Wedel noch zweimal zur Probe mit dem Philharmonie-Orchester ins Vogtland gereist.

Roth: Mit Abschiedskonzert endet 41-jährige Ära

© Foto: RHV–Archiv

Zum Publikum an diesem denkwürdigen Sonntagnachmittag in der Rother Stadtkirche zählten neben Landrat Herbert Eckstein und Bürgermeister Ralph Edelhäußer auch etliche Wegbegleiter von Klaus Wedel. Darunter die Rother Pfarrer aus den 1970er-Jahren, Hans-Jürgen Krödel und Arnulf Elhardt sowie Dekan Stark. Dankesworte an den scheidenden Kirchenmusikdirektor sprachen vor dem Konzert geschäftsführender Pfarrer Joachim Klenk und nach der Aufführung Günter Dorn ("ein wunderbares Konzert") im Namen des Kirchenvorstandes. Bereits am Sonntagvormittag hatte Bürgermeister Ralph Edelhäußer in einer Feierstunde Klaus Wedel mit dem Rother Freyungs-Gulden ausgezeichnet. Am Abend lud dann Klaus Wedel, dem die Ökumene bekanntlich sehr am Herzen liegt, ins Katholische Jugendheim ein. Besonders freute er sich, dass der ehemalige Rother Pfarrer Dr. Christian Löhr die weite Anreise auf sich genommen hatte. Zum Projektchor Brahms/Mendelssohn zählten übrigens auch einige Mitglieder des katholischen Kirchenchors. Außerdem sangen ehemalige Praktikanten und jetzige Kollegen von Klaus Wedel mit

Auf die Frage, ob und wie es mit dem Rother Vorzeigechor, dem Kammerchor, weitergeht, gibt es offensichtlich noch keine verbindliche Antwort. Die geplante Neuordnung der Kirchenmusik im Evangelischen Dekanat Schwabach dürfte dabei wohl eine wesentliche Rolle spielen. Chorgründer Klaus Wedel jedenfalls hätte kein Verständnis dafür, wenn dieser Klangkörper nicht mehr weiter existieren würde. Wedels Nachfolger muss wohl eine entsprechende Entscheidung treffen. Allerdings läuft derzeit erst die Abstimmung einer Ausschreibung für die offene Stelle. Mit dem neuen Rother Kantor ist wohl frühestens im Juni 2019 zu rechnen.

Fest steht, dass die Rother Kantorei am kommenden Sonntag einen Ausflug nach Schauenstein (Helmbrechts), der neuen Heimat von Klaus Wedel, unternimmt, um, wie könnte es anders sein, in der dortigen Kirche den Gottesdienst musikalisch zu umrahmen. Müßiggang ist nicht die Sache des Klaus Wedel. Zum einen obliegt ihm zumindest bis Januar 2021 das Präsidentenamt des Bayerischen Kirchmusikerverbandes und zum anderen ist er in seiner neuen Heimat schon einmal gewillt, ein Volksliedersingen ins Leben zu rufen.

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