Roth: Viel "Kunst und Krempel" in Schloss Ratibor

27.3.2017, 12:00 Uhr
Roth: Viel

© Foto: Tschapka

Derzeit macht die beliebte Sendung erstmals Station in der Kreisstadt Roth, und da natürlich nicht irgendwo: In keinem geringeren als dem altehrwürdigen Prunksaal im Schloss Ratibor nahmen am Wochenende die Experten die Artefakte und Exponate genauestens unter die Lupe. Unzählige TV-Scheinwerfer erhellen und erhitzen Roths schönste Stube mit den vielen spärlich bekleidet gemalten Damen an Wänden und Decke, und so sind die Temperaturen im Saal ordentlich schweißtreibend, sodass man fast glauben könnte, die Künstler hätten damals beim Malen in weiser Voraussicht auf zu viel Stoff verzichtet. Aber der Hausherr und Museumschef Guido Schmid gibt Entwarnung, den Bildern mache die vorübergehende Wärme ganz bestimmt nichts aus.

Spielzeug und Skulpturen

Am Freitag drehte sich alles um Spielzeug und Skulpturen. Am Samstag ging es weiter mit der Begutachtung von Porzellan- und Designerstücken, und am Sonntag waren Militaria und Gemälde an der Reihe. Aber auch schon die Spielzeugfraktion, die aus dem gesamten Großraum Nürnberg und zum Teil weit darüber hinaus angereist ist, kann sich zahlenmäßig sehen lassen.

Ronald Köhler, der "Land und Leute"-Redaktionsleiter, ist begeistert: "Wir sind überwältigt von der großen Resonanz in Mittelfranken und glücklich, in so einem tollen Saal wie dem Prunksaal drehen zu dürfen", schwärmt er. Bis jemand aber dort hinein darf, muss dessen Exponat erst einmal durch die "Vorentscheidung" ein Stockwerk tiefer in den Ratsstuben.

Alle Interessenten hatten im Vorfeld ein Foto samt Beschreibung ihres Stückes an den BR geschickt, und wenn diese erste Sichtung dort viel versprechend verlief, bekam man eine Einladung nach Roth. Das war zwar immer noch kein Garant dafür, ins Fernsehen zu kommen, aber eine Expertenprüfung des Stückes war jedem Teilnehmer gewiss.

Einen Zettel ergattern mit dem begehrten "K" (für Kamera), sozusagen die Eintrittskarte für den Prunksaal, konnte Martina Leykauf aus Schwanstetten. Ihr orangefarbiger Teddybär hatte das Interesse der Experten geweckt und war übrigens auch der einzige Bär, der es diesmal in die Sendung schaffte. "Der kleine Medienstar bekommt anschließend auf alle Fälle einen Ehrenplatz in der Vitrine", kündigt Thomas Pichl an, der seine Frau Martina zu "Kunst & Krempel" begleitet.

Zu Hause geblieben sind stattdessen rund 200 andere Bären, denn Martina Leykauf hat in ihrer Jugend Teddybären jeglicher Art gesammelt. Kleine Bären, große Bären, Bären aus Glas, Keramik und vielen anderen Materialien. "Aber wir haben trotzdem kein Museum zu Hause, es gibt jede Menge bärenfreie Zonen", beeilt sich Leykauf zu versichern.

Der orangene, übrigens namenlose Bär ist seit rund 30 Jahren in ihrem Besitz und ein Geschenk einer Cousine ihrer Oma (Jahrgang 1919) aus Schlesien. Diese verschlug es nach dem Zweiten Weltkrieg nach Magdeburg und sie besuchte im Rentenalter häufig ihre Familie im Westen. Mit dabei war immer auch der kleine Bär, aber irgendwann, noch zu Zeiten der Berliner Mauer, erhielt Martina Leykauf ein Päckchen aus Magdeburg, und drin lag der kleine, orange Bär. Ein unerwartetes Geschenk.

Nachdem die beiden TV-Experten, die Auktionatorin Anke Wendl und Mathias Ernst vom Spielmuseum Soltau, zunächst unter anderem ein Jugendstil-Puppenhaus, eine Dampfmaschine und ein Spielzeugauto begutachteten, war der kleine Bär der Hauptdarsteller bei "Kunst & Krempel".

Mit kritischem Blick wurde dieser von allen Seiten betrachtet, bis die Kunstexperten schließlich die Vermutung von Martina Leykauf und Thomas Pichl bestätigen konnten: Der kleine Bär stammt aus der ehemaligen Nürnberger Spielzeugfabrik der Gebrüder Bing, die sich seit der Gründung im Jahr 1864 von der anfänglichen Metallwarenfabrikation bis Anfang des 20. Jahrhunderts zum größten Spielzeughersteller der Welt entwickelte. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise ging das Unternehmen 1929 Bankrott.

Anhand des charakteristischen orangefarbenen Pelzes stellten die Experten fest, dass es sich bei dem kleinen Kerl um ein ganz seltenes Exemplar handelt, gefertigt Anfang der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Sein Wert: Mindestens 1000 Euro plus X, so das offizielle Expertenurteil.

Das spielt bei Martina Leykauf aber keine Rolle, denn der kleine Teddybär bleibt trotz seines überraschend hohen Wertes nach wie vor Bestandteil der Familie. "Ein Verkauf kommt überhaupt nicht infrage", so Leykauf, die sich zusammen mit ihrem Mann vor allem über die Tatsache freut, dass es den kleinen Bären nach seiner langen Reise wieder in die fränkische Gegend verschlagen hat, in der er vor vielen, vielen Jahren produziert worden war.

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