Rother Militärpfarrer tauscht Talar gegen Kampfanzug

9.9.2018, 06:00 Uhr
Rother Militärpfarrer tauscht Talar gegen Kampfanzug

© Foto: Frömter

Zur Betreuung von Bundeswehrsoldaten im westafrikanischen Mali hat Thomas Hellfritsch mehr als vier Monate lang seine Familie verlassen müssen. Der Einsatz kam jedoch nicht überraschend: "Wenn ein Militärpfarrer eingestellt wird, dann unterschreibt er auch, dass er in den ersten sechs Jahren seiner Tätigkeit zweimal in den Einsatz geht." Schon bei Dienstantritt stehe eine Schulung beim Kirchenamt in Berlin an. Teil der Ausbildung und Vorbereitung für den Dienstalltag: "Dort lernt man einsatzspezifische und verwaltungsrechtliche Aufgaben – solche Schulungen sind Voraussetzung für den Einsatz."

Kein Waffenträger

Bevor Hellfritsch allerdings mit gepacktem Seesack ins Flugzeug stieg, hatte er noch andere Lehrgänge zu besuchen. Zwar unterscheide sich die Einsatzvorbereitung bei den Militärseelsorgern von dem, was die Soldaten lernen würden, doch im Wesentlichen durchlief er die gleiche Prozedur. "Ich bin kein Waffenträger und hatte deshalb keine Schießausbildung. Zum Schutz wurde mir ein Soldat beigestellt."

Dieser übernahm in Mali dann auch die Aufgaben eines "Pfarrhelfers" und teilte sich mit Hellfritsch einen Container von gerade mal zehn Quadratmetern. "Wir hatten aber Glück, normalerweise sind die Container mit drei Mann belegt." Im westafrikanischen Einsatzgebiet war es Hellfritschs Aufgabe, die Soldaten seelsorgerisch zu betreuen – konfessions- und religionsunabhängig: "Das ist ein breites Spektrum. Ich war für rund 1000 Soldaten zuständig."

Viel herumgelaufen und Truppen besucht

Zu tun gab es im Feldlager immer etwas für ihn, beispielsweise die Beratung bei Familienproblemen oder Beistand bei Todesfällen zu Hause: "Einmal kam ein Soldat und wollte beten. Wir zündeten eine Kerze an, während in Deutschland ein Familienmitglied beerdigt wurde", erinnert sich Hellfritsch. Er stand auch beratend bei, wenn es Probleme in der Einheit oder mit Vorgesetzten gab. "Ich bin viel herumgelaufen und habe die Truppenteile besucht."

In der "deutschen Containerstadt in Mali" gebe es alles, was man zum Leben braucht: Von der Post bis hin zur Wäscherei. So vielfältig wie die Aufgaben seien auch die Menschen. "Im Einsatz ist die Hemmschwelle, zu einem Seelsorger zu gehen, niedriger als im Heimatland", erklärt er.

In Deutschland ginge jeder seinem Tagesgeschäft nach. Im Auslandseinsatz würde man viel enger zusammenrücken. Eng arbeitete Hellfritsch auch mit Psychologen und Freizeiteinrichtungen der Bundeswehr zusammen: "Das ging Hand in Hand und macht den Dienst leichter." Von Mali selbst habe Hellfritsch hingegen nur wenig gesehen. Die Situation im "Lager Gao" sei sehr auf das Leben innerhalb der Einrichtung beschränkt: "Weiter als bis zur Flugbahn bin ich in Gao nie gekommen. Die Soldaten haben da schon mehr Berührungspunkte mit dem Land und den Leuten."

"Man kann nichts planen"

In der wenigen Freizeit wurde viel Volleyball gespielt oder man ging ins Sportzelt, um sich körperlich zu ertüchtigen. Auch mit der Familie zu telefonieren, "funktionierte gut." Außerdem gab es Veranstaltungen wie einen Weihnachtsmarkt oder ein Fest zum 3. Oktober. "Ansonsten heißt es ’Leben in der Lage’", erklärt Hellfritsch. Manchmal sei das aber einfach nur langweilig, denn: "Einsatz heißt auch warten. Man kann nichts planen. Alles passiert sehr kurzfristig, dann muss reagiert werden." Einmal wurde Thomas Hellfritsch Zeuge eines Mörser-Angriffs auf das Lager in dem er lebte: "Wir hatten großes Glück, denn wir wurden verfehlt."

"Würde es wieder tun"

Oft wird Thomas Hellfritsch gefragt, wie er es als Pfarrer verantworten könne, bei der Bundeswehr zu arbeiten. "Soldaten haben das gleiche Recht auf seelische Unterstützung, wie alle anderen Menschen auch. Es ist nicht das Ziel eines Soldaten zu töten, sondern durch seine Arbeit anderen Menschen zu helfen. Hellfritsch habe seinen Einsatz jedenfalls als positiv und sinnvoll empfunden.

Auch wenn es nicht immer einfach war und sehr anstrengend – vor allem für seine Familie. Doch: "Ich würde es wieder tun." In etwa zwei bis drei Jahren könnte der nächste Einsatz für ihn anstehen. Wo es hingehen wird, ist noch nicht bekannt. "Soldaten haben ganz normale Sorgen und Nöte – und dafür bin ich im Einsatz dabei."

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