Rother Schüler forschte 12 Tage am Schweizer CERN

22.1.2018, 18:15 Uhr
Der Zwölftklässler Matteo Kumar aus Roth durfte zwölf Tage lang seine eigenen Experimente am CERN ausprobieren.

© privat Der Zwölftklässler Matteo Kumar aus Roth durfte zwölf Tage lang seine eigenen Experimente am CERN ausprobieren.

Teilchenbeschleuniger, Protonen-Synchrotron und Quark-Gluon-Plasma. Wer in der Schule von Physik nichts wissen will, versteht bei diesen Begriffen nur Bahnhof. Bei Matteo Kumar ist das anders. "Ich beschäftige mich auch in meiner Freizeit viel mit Physik", sagt der 17-Jährige. "Mein Wissen hilft mir, alles einzuordnen. Ich habe dadurch ein größeres Gesamtbild."

Sein Interesse entdeckte der Schüler in der achten Klasse am Gymnasium Roth. Sein Physiklehrer lud ihn zu einem Uni-Vortrag über Teilchenphysik ein. "Ich fand das Thema sehr interessant", sagt Kumar. Vertreter der Universität Erlangen-Nürnberg boten dem Schülern an, mit an andere Schulen zu gehen und dort Interessierten die Teilchenphysik näherzubringen. In den Pfingstferien war Matteo mit anderen Jugendlichen am CERN bei einem Workshop zu Gast, zu dem das "Netzwerk Teilchenwelt" eingeladen hatte, ein Zusammenschluss von 29 deutschen Universitäten und Forschungsinstituten. Die Wissenschaftler wollen Jugendliche und Lehrer für die Teilchenphysik begeistern.

Im Herbst durften die jungen Forscher erneut in die Schweiz reisen und diesmal nicht nur den Profis über die Schulter schauen, sondern selbst an eigenen Experimenten forschen. Kumar war dem ALICE-Projekt zugeteilt, eines von vier großen Forschungsprojekten am CERN. Die Wissenschaftler beschleunigen in einer Röhre zwei Kerne von Bleiatomen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit und lassen sie aufeinanderprallen. Dabei wird eine gewaltige Menge Energie frei, die die Bleikerne in ihre ursprünglich noch viel kleineren Bestandteile zerfallen lässt. "Das ist mit zwei Lego-Autos vergleichbar, die schnell aufeinandergeschoben werden", erklärt Kumar. "Man kann dann sehen, wie die beiden Schwer-Ionen aufgebaut sind."

Bei dem Experiment wird für sehr kurze Zeit der Zustand des Universums erzeugt, in dem es sich direkt nach dem Urknall befunden hat: das sogenannte Quark-Gluon-Plasma. "Um die Röhre herum liegen wie ein Mantel Detektoren", beschreibt Kumar den Aufbau des Experiments, an dem rund 1500 Wissenschaftler aus aller Welt arbeiten. Durch den Zusammenstoß fliegen die einzelnen Bestandteile durch die Röhre und verändern den Ladungszustand des Gases in der sogenannten Spurendriftkammer.

Anhand der Geschwindigkeit und Spannung, die die Detektoren messen, lässt sich errechnen, um welchen Bestandteil es sich handelt. "Bei meinen Forschungen hatte ich ein Elektronikbauteil, das diese Spannungen misst", sagt Kumar.

Der Schüler hat an einer Simulation gearbeitet. "Bei mir sind keine Teilchen aufeinandergeprallt, sondern ich habe elektronische Impulse gegeben", erklärt der Zwölftklässler. Sein Ziel war es, herauszufinden, "wann die Elektronik am effizientesten arbeitet". Kommt mindestens die Hälfte der Elektroden in Kontakt mit geladener Materie, lohnt es sich, eine Liste mit diesen Elektroden zu erstellen und den Rest nicht auszuwerten.

Der Großteil der Forschungsarbeiten fand in der Schweiz statt. Viel Zeit zur Vorbereitung hatte Kumar nicht. Das lag auch daran, dass sein wissenschaftlicher Betreuer an der Goethe-Universität in Frankfurt arbeitet. Am CERN bekamen die Teilnehmer eine gemeinsame Einführung. "Ansonsten hat aber jeder eigenständig gearbeitet. Auch in der Zeiteinteilung waren wir ziemlich frei", erzählt Kumar.

Lockere Arbeitsatmosphäre

Die Atmosphäre vor Ort hat den Schüler beeindruckt. "Alle waren sehr locker, und man hatte das Gefühl, dass jeder sehr gerne dort arbeitet. In der Kantine konnte man sich zu jedem einfach dazusetzen und mit ihm sprechen. Ich habe dort niemanden mit schlechter Laune gesehen." Kumar kann sich gut vorstellen, später selbst einmal am CERN zu forschen. "Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich eine Naturwissenschaft oder doch Jura studieren will." Dass der Nachwuchsforscher ab nächstem Jahr Gesetzestexte wälzen wird, hält er aber selbst nicht für sehr wahrscheinlich. Auch seine Seminararbeit in der Oberstufe hat er über die Teilchenphysik geschrieben. "Am Ende wird es dann wohl doch Physik werden", sagt Kumar, "denn mich interessiert einfach, wie unsere Welt aufgebaut ist."

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