Rother starten die 27. Bluestage in der Kulturfabrik

19.3.2018, 16:21 Uhr
Rother starten die 27. Bluestage in der Kulturfabrik

© Hans von Draminski

Wenn es an diesem Abend in der Kufa nicht ganz voll wurde, dürfte es nicht zuletzt am Wetter gelegen haben, das wohl manchen Bluesfan vom Konzertbesuch abhielt. Schade drum, denn sowohl Festival-Dauergast Henrik Freischlader als auch der Soulsänger "San2" mit seiner Gruppe "Soul Patrol" hätten einen volleren Saal verdient gehabt. Zumal das, was die beiden so unterschiedlichen Frontmänner auf die Bühne stellen, Bestand über kurzlebige Pop-Moden hinaus hat.

"San2" alias Daniel Gall kennt man von einem umjubelten Auftritt zu später Stunde im Wendelsteiner Jugendtreff vor ein paar Jahren. Damals wurde der Münchner Charismatiker noch als Geheimtipp gehandelt – und rockte in den Stunden um Mitternacht herum das Haus mit starker Stimme und einer Menge musikalischer Fantasie. Man hört dem hinterfragten Soul dieses Musikers an, dass er von US-Vorbildern hautnah geprägt wurde – Gall lebte in den USA. Und er hat es gelernt, schwarz zu klingen, ohne eine bloße Kopie des typischen Motown-Sounds abzuliefern. So serviert der Mann mit dem Fidel-Castro-Bart beispielsweise eine sehr intelligente und angenehm witzige Version des altbekannten Steve-Miller- "Jokers" und macht aus der an sich schon ziemlich ausgenudelten Nummer ein hinreißendes Cover mit Soul-Seele und Jazzfärbung.

Dass die unverwechselbaren Klänge von Fender Rhodes und Hammond-Orgel zum Soundkonzept gehören, passt ins Bild: "San2" setzt ganz bewusst auf mehr als eine Spur Retro-Feeling, die guten Sachen sind manchmal eben die alten Sachen, der amtliche Stoff, den Daniel Gall mit Energie und ganz viel Herzblut über die Rampe bringt und dabei kein Problem damit hat, sich hemdsärmelig und ein wenig kantig zu geben. Seinen Job als Anheizer für Henrik Freischlader erfüllt er perfekt, die Bluesfans stehen vor Begeisterung Kopf – und stehen in der Pause gerne Schlage, um diese besondere Spielart des Soul auf Tonträger, gerne als LP in feuerrotem Vinyl, nach Hause zu tragen.

Stimme, Vinyl und Gitarrenspiel

Auch auf dem Merchandise-Stand von Henrik Freischlader gibt es analoges Futter für den Plattenspieler – aber ansonsten ist alles anders. Der in der Wolle gefärbte Blueser Freischlader, der die Bluestage mit schöner Regelmäßigkeit beehrt, ist ein Gitarrenperfektionist, dessen Soli so studiopräzise geraten, dass man jedem anderen Playback-Beihilfe unterstellen würde. Aber nein, Henrik spielt tatsächlich so virtuos. Und ja, dieses raue, tiefe, ausdrucksvolle Organ ist tatsächlich die Originalstimme eines Sängers, der noch nie "weiß" geklungen hat.

Ihre aktuelle Tour haben Freischlader und seine Band – Keyboarder Roman Babik, Altsaxofonspieler Marco Zügner, Basser Armin Alic und Schlagzeuger Moritz Meinschäfer – unter das Thema "Oldschool" gestellt. Und wirklich klingt es in der Kufa mehr nach intimen Club als nach großer Konzerthalle. Dazu passt, dass Freischlader mit seinen Fans flachst und blödelt, mit dem Alter und der Vergesslichkeit kokettiert und so sehr schnell auch zu jenen einen Draht findet, die nicht unbedingt auf der Suche nach handgemachtem Rootsblues oder erdigem Bluesrock sind. Freischladers Routine aus ungezählten Auftritten bleibt immer spürbar, er liefert ein rundes Wohlfühl-Paket ab, in dem keine echten Überraschungen stecken. Aber für die sind ja auch die Winter-Kapriolen draußen vor der Tür zuständig.

 

Verwandte Themen


Keine Kommentare