Rouladen und Katzensprünge

29.4.2011, 17:24 Uhr

Wie so oft bei kleinen Verrücktheiten ist ein Internetvideo schuld – schuld daran, dass Max, Dominik und Thomas sowie viele junge Mitstreiter in der Halle oder im Freien im „Freestyle“ über Hindernisse springen. Vor rund drei Jahren stolperte Max Heckl bei „Youtube“ über Aufnahmen, die Sportler bei Parkour zeigten. „Das will ich auch“, war dem trainierten Rother sofort klar.

Gesagt getan. Die Sprünge im Internet hundert Mal angeschaut und nachgemacht. Ein Weg, den der mittlerweile 19-Jährige immer noch geht.

Allerdings auf hohem Niveau, wie die Sprünge beweisen, die Heckl und Co. in der alten TSV-Turnhalle oder auf dem Gelände der Rother Realschule zeigen. Denn während der harte Kern der Gruppe in der Anfangszeit rein im Gelände unterwegs war, haben sich die Jugendlichen vor rund einem halben Jahr unter dem Dach der Turn- und Sportgemeinschaft 08 Roth organisiert. Und das nicht nur, um ein Dach über dem Kopf zu haben.

„Wir wollen vielmehr etwas von dem Lebensgefühl weitergeben“, erklären Max Heckl und Dominik Süßbauer, während um sie herum rund 20 Jugendliche hin und her springen. Was auf den ersten Blick wie eine wirre Mixtur aus Turnen und Sprungübungen ist, geschieht durchaus vor dem Hintergrund von Methodik und Trainingslehre.

Tipps vom Trainer

So stehen an jeder der aufgebauten Stationen — genutzt werden Barren und Reck ebenso wie Weichbodenmatte, Bock und Kasten — Trainer, die Tipps geben, aber auch mal hinlangen können. Zum Programm in der Halle gehören aber auch Aufwärmen, Dehnen oder Übungen zur Kräftigung. Denn: Nur wer trainiert ist und seinen Körper kennt, kann sich verbessern und die Sprünge — die nach wie vor auch im Internet abgeschaut werden — nachmachen.

Gerade seit Kinder (geeignet ist der Sport für alle ab etwa zehn Jahren) am Training teilnehmen, legen die Verantwortlichen noch mehr Wert auf die richtigen Grundtechniken und das Beherrschen der turnerischen Grundelemente. Begonnen wird stets mit leichten Aufgaben wie „Katzensprünge“ über Kästen. Traceure sprechen oft auch vom „Saut de chat“, denn viele Elemente werden nach ihrem französischen Ursprung benannt. Dann fallen Begriffe wie „Passe muraille“ (Mauerüberwindung) oder „Roulade“ (Rolle).

Natürlich gebe es immer wieder Momente, in denen es „auch um den Adrenalinkick“ gehe. Mehr aber darum, ein Gefühl für seinen Körper zu entwickeln und zu erfahren, wo die eigenen Grenzen liegen — auch im Kopf. Offenbar vermitteln Heckl und Co. das ganz gut, denn bisher ist die Gruppe, die sich immerhin schon seit zwei Jahren trifft, beinahe täglich Sport macht und auch in Nürnberg unterwegs ist, von Verletzungen verschont geblieben.

Ein anderer Punkt, der den bis zu 30 Aktiven in Roth wichtig ist, ist der Umgang mit Privateigentum. Immer mal wieder würden Parkour-Sportler in den Verdacht geraten, etwas kaputt zu machen. Dabei sei das ja das letzte Ansinnen der Aktiven, wie Max Heckl erklärt. Wenn zum Beispiel ein alter Bauzaun oder ein Gerüst kaputt ginge, stünde es den Traceuren ja nicht mehr zur Verfügung — von der Verletzungsgefahr ganz zu schweigen.

Natürlich könne es vorkommen, dass man beim Sprung über einen Papierkorb mit einem Fuß nicht auf öffentlichem, sondern auf Privatgrund aufkomme, aber „Absicht ist das nie“ und auch das Wort „Entschuldigung“ würde — wenn nötig — selbstverständlich eingesetzt. Der frischgebackene Abiturient und seine Mitstreiter können aber auch von positiven Erlebnissen berichten. So gebe es in der Kreisstadt schon einige Flächen, auf welchen die Parkour-Sportler mit dem Einverständnis der Eigentümer herumspringen dürften.

Beim Training im Gelände ist die Gruppe meist kleiner und auch von den Kindern und Jugendlichen dürfe immer nur ein Teil mit — damit diese stets gut betreut werden könnten. Gleiches gelte für die Fahrten nach Nürnberg, wo neben dem Austausch mit Gleichgesinnten der Reiz auch in einer neuen Umgebung besteht.

Apropos Reiz: Diesen haben auch die Nachwuchstraceure Felix (elf) und Tim (zwölf) erkannt, die es „einfach cool finden, über Mauern zu klettern und Hindernisse zu überwinden“.

Und auf einen positiven Nebeneffekt verweisen. Neben Spaß bringe die Sportart auch jede Menge Anerkennung auf dem Schulhof, weil man „wo drüber kommt und andere nicht“.

Während sich Gruppenleiter Heckl über mangelndes Interesse von Jungs nicht beklagen kann, wundert er sich, dass „wir keine Mädchen haben“. Zwar sind mit Caro und Laura zwei Freundinnen im Training mit dabei, sie kümmern sich aber lieber um Telefonlisten, organisatorische Belange und die Rolle als „Fans“. Dabei wären auch weibliche Traceure durchaus gerne gesehen, meinen die Rother, die den Mädchen Sprünge und Co. durchaus zutrauen.

Und irgendwie liegen sie damit richtig: denn es geht ja um den Bewegungsdrang und den haben bekanntermaßen alle...

Trainingszeiten: Montag 17 bis 19.30 Uhr in der Realschulhalle Roth, weitere Informationen auch unter der Telefonnummer (0160) 5013859.