Schlosshofspiele Roth: Riesen Gaudi im Weinberg

14.7.2017, 17:37 Uhr
Schlosshofspiele Roth: Riesen Gaudi im Weinberg

© Foto: Hans von Draminski

Zuckmayers "Lustspiel", wie das Stück im Untertitel offiziell genannt wird, war ein sarkastischer Bilderbogen der Weimarer Republik mit allen Versatzstücken, die in jener Epoche typisch waren: Da treffen alte Eliten, die sich mit dem Verlust ihrer Vorherrschaft noch nicht abfinden können, auf zu Geld gekommenes Proletariat; der Stutzer und der Schnösel wetteifern um die besten Plätze an den Fleischtöpfen des neuen Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg und auch der tümelnde Nationalismus erhebt schon wieder seine Fratze.

Alle diese Archetypen hat Carl Zuckmayer in ein pointengesättigtes, temporeiches Bäumchen-wechsle-Dich-Spiel verpackt, in dessen Mittelpunkt der reiche Weinbauer Jean Baptiste Gunderloch steht. Ein Bohèmien, der auf seine alten Tage sein Weingut verkaufen möchte und vorher seine Tochter Klärchen gut verheiratet wissen will. Trefflicher Anlass, um ein Schaulaufen der Eitelkeiten zu inszenieren. Docky Schattner hat den Regiestuhl vom krankheitshalber verhinderten Stammregisseur Werner Müller übernommen – und brennt ein ebenso rasantes wie doppelbödiges Feuerwerk der subtilen Scherze, der intelligenten Wortspiele, der bewusst schrägen Witze ab. Die Schlosshofspieler besinnen sich auf ihre Stärken und bringen differenzierte Rollenporträts auf die Bühne – aus der vor gut 60 Jahren gegründeten Laientruppe hat sich längst ein professionell agierendes Theaterensemble entwickelt.

Ein eingeschworener Betrieb, der auf seine bewährten Stars setzt – und im Jubiläumsjahr neue hinzugewonnen hat. So ist Thomas Schattner als subtil selbstverliebter Gunderloch eine sichere Bank und verkörpert seinen massiv auftretenden Großgrundbesitzer mit Torschlusspanik erfrischend unaufgesetzt und natürlich.

Petra Gross-Bosch als Gunderlochs Tochter Klärchen mimt eine nur vorgeblich Quirlige, Hibbelige, die sich zur liebenden Frau wandelt und damit die Kontrastfolie für ihre Teenager-Freundinnen Babettchen (sehr präsent: Julia Metzger) und Veronika (feinsinnig: Verena Fiegl) abgibt.

Zur heimlichen Hauptfigur wird freilich Marcus Schattner als Klärchens Verlobter Knuzius: Ein bräsiger Altstudent mit Schmiss auf der Backe, braunem Gedankengut im Kopf und überbordender Libido, was ihm allerlei Probleme bereitet. Die Prügel, die er von Klärchens Geliebten, dem Rheinschiffer Jochen Most alias Frank Harzbecker bezieht, gönnt man ihm, zumal jener als grundsympathisches Raubein daher kommt und damit das Klischee des Lieblingsschwiegersohns perfekt erfüllt. Jochens Schwester Annemarie ist bei Manuela Grasl eine charmante Strippenzieherin, die sich nicht nur ihren Chef Gunderloch angelt, sondern auch ein furioses Happy End einfädelt.

Warum "Der fröhliche Weinberg" trotz absehbarer Handlung eine Riesen-Gaudi ist? Weil das Drumherum passt: Günther Fink und seine Bänkelsänger mutieren zum großbürgerlichen Gesangverein und servieren klangvolle Gartenlauben-Lieder, wenn sie nicht mit einem wundervoll schrägen Veteranen-Trio aus dem Chinakrieg konkurrieren müssen. Der Altherren-Dreier gefällt sich im Absingen fränkischer Kampflieder und Aufzwicken preußischer Mitbürger, was für sichere Zwischenlacher sorgt. Die bekommt auch Armin Gsänger als schräger Möchtegern-Tenor. Am Ende tut das Zwerchfell weh – weil man sich in mancher Szene wiedererkannt hat. Wenige Dinge sind heilsamer und Erkenntnis-trächtiger als Selbstironie. Deshalb bekommt "Der fröhliche Weinberg" schon aus Eigeninteresse fünf Sterne. Nicht verpassen!

Zehn weitere Vorstellungen bis einschließlich Kirchweihsonntag, 13. August. Kartenbestellung über Telefon (08 00) 10 700 47 oder unter www.schlosshofspiele-roth.de; mehr Bilder auf www.nordbayern.de/roth

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