TTIP: "Politik hat das Thema zu unsensibel kommuniziert"

30.3.2017, 09:06 Uhr
TTIP:

© Foto: Robert Schmitt

Das Exportvolumen bayerischer Unternehmen lag 2016 bei 183 Milliarden Euro. Damit hat der Freistaat 15,1 Prozent der deutschen Ausfuhren getragen. 56,5 Prozent dieser Waren sind in den EU-Binnenmarkt gegangen. Lediglich 11,2 Prozent aller bayerischer Exporte sind in den USA gelandet. Tendenz rückläufig.

Mit dem Wirtschaftsjuristen und Amberger Landtagsabgeordneten Dr. Harald Schwartz, Norman Blevins von der Münchner Hanns-Seidel-Stiftung und Karl Scheuerlein, Leiter der Rother Unternehmerfabrik, diskutierten in der siebten Auflage der "Rathaushofrunde" ausschließlich TTIP-Befürworter.

Ein "Entwicklungsmotor"

"Deutschland profitiert mehr vom Freihandel, als uns bewusst ist", sagte Harald Schwartz. Karl Scheuerlein sah die Unternehmen im Landkreis als umso erfolgreicher an, je geringer der Formalismus im internationalen Handel sei. "Freihandel ist ein Entwicklungsmotor", ergänzte Norman Blevins, hielt allerdings eine weitere Bedingung für erforderlich: "Er muss auch fair sein, also zu gleichen Bedingungen für alle ablaufen", so Blevins. TTIP hätte seiner Meinung nach deshalb die Chance geboten, Deutschland und die USA im Verhältnis zu China gemeinsam zu positionieren. Ein Teil der Kritik am TTIP-Prozess war für Blevins dennoch berechtigt. "Die Politiker haben es zu unsensibel kommuniziert", so der Diplom-Informatiker. "Im weiteren Verlauf ist TTIP aber für Antiamerikanismus missbraucht worden", erklärte Blevins und begründete seine Meinung vor allem mit dem öffentlichen Aufbegehren in Deutschland gegen die Angleichung von Standards.

Seiner Darstellung zufolge sind US-Standards nämlich häufig strenger als ihre EU-Pendants. "Mit der Schaffung des größten Wirtschaftsraums der Welt hätten künftig außerdem die EU und die USA die globalen Standards geprägt und nicht China", war Blevins überzeugt.

Joachim von Schlenk, Rother Unternehmer und Chef des örtlichen Industrie- und Handelsgremiums, sah das ebenso. "US-Standards sind nicht schlechter", erklärte er. Ihre gegenseitige Anpassung hielt er insbesondere für Betriebe wie den seinen für einen Vorteil. "Das ist notwendig, sonst prüfen wir uns zu Tode", sagte von Schlenk. "Hier liegen die meisten Gegner falsch", war er überzeugt und sah in den TTIP-Kritikern "echte Freihandelsgegner, die das Abkommen als Vehikel missbraucht haben". Für ihn ist klar: "Wer für die soziale Marktwirtschaft ist, kann nicht gegen Freihandel sein, denn dabei gibt es ausschließlich Gewinner und keine Verlierer", positionierte sich von Schlenk eindeutig.

,Riesenchance‘ für Deutschland

Harald Schwartz stimmte dem zu. "Die Kritik, das war Antiamerikanismus in verkleideter Form", sagte Schwarz. Er hoffe, die Chance auf TTIP bleibe erhalten. Karl Scheuerlein sah es ebenfalls als Rückschritt an, wenn es künftig keine offenen Märkte mehr geben würde. "Zölle weisen in Richtung Krieg", wurde auch er recht deutlich. Scheuerlein sah es wie Blevins als Riesenchance für Deutschland, an den künftigen Standards im weltweiten Handel mitzuarbeiten.

Für Joachim von Schlenk ist dieser Zug indes "endgültig abgefahren". Norman Blevins war nicht so skeptisch. "Der Zug mag weg sein, aber das Gleis bleibt doch", nützte er Schlenks Bild für eine positive Prognose. Er zeigte sich zuversichtlich, dass TTIP oder eine entsprechende Vereinbarung doch noch gelingt.

Keine Kommentare