Über 500 Ausbildungsplätze sind in der Region unbesetzt

3.11.2017, 06:00 Uhr
Die Auszubildenden bei Nutrichem in Roth werben für ihren Arbeitgeber - und wollen andere Jugendliche für eine Ausbildung bei dem Unternehmen begeistern.

© Foto: Jürgen Leykamm Die Auszubildenden bei Nutrichem in Roth werben für ihren Arbeitgeber - und wollen andere Jugendliche für eine Ausbildung bei dem Unternehmen begeistern.

Doch Langer bangt bei einem Pressegespräch zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt auch mit den Arbeitgebern auf ihrer verzweifelten Suche nach künftigen Fachkräften. Nutrichem als Gastgeber der Runde hat hier allerdings wenig Sorgen.

Seit fünf Jahren nun gäbe es schon ein solches Überangebot. 4079 Stellen haben die Arbeitgeber bei der Agentur heuer gemeldet, bis Ende September in 503 Fällen erfolglos.

Die meisten Gesuche gibt es im verarbeitenden Gewerbe (1466), es folgen der Handel (856) und das Baugewerbe (502). Besonders hoch ist der Anteil Lachner zufolge im Gastgewerbe und in der Nahrungsmittelherstellung (je 27 Prozent) sowie im Baugewerbe (16). Im Schnitt käme man rein rechnerisch wie im Vorjahr auf 1,2 Lehrstellen pro Bewerber. Den 500 unbesetzten Ausbildungsstellen stehen 35 unversorgte Bewerber gegenüber.

Den Arbeitgebern rät der Agenturchef "mehr in die Werbung einzusteigen" und stärker über die Arbeitsmöglichkeiten in den verschiedenen Berufszweigen zu informieren, für die sie Ausbildung anbieten. Der Agenturchef wünscht sich aber auch, dass sich die Unternehmer verstärkt zu Kompromissen bereit erklärten und nicht nur nach den vermeintlich besten Schulabgängern schielten. "So manche Fähigkeiten sind nicht durch Noten in den Zeugnissen hinterlegt", betont der Agenturchef.

Zudem gäbe es ja noch die ausbildungsbegleitenden Hilfen. "Mit ihnen haben wir schon viel erreicht", weiß Ute Ernst, Leiterin des Arbeitgeber-Service. Für die, die sich die "soft skills" noch aneignen müssten, stehe sozialpädagogische Unterstützung bereit.

Zum Spitzentrio der Top Ten der Berufswünsche bei den jungen Männern zählen Industriemechaniker, Kfz-Mechatroniker Pkw-Technik und Industriekaufmann. Die Industriekauffrau ist bei den Frauen sogar auf Platz eins zu finden - dahinter rangieren die Kauffrau im Büromanagement und die medizinische Fachangestellte. Doch wer etwa besagten Kfz-Mechatroniker als Berufswunsch anvisiert, könne ja auch mal überlegen, ob er nicht auch mit Motorrädern oder Landmaschinen arbeiten möchte.

Noch etwas weiter gedacht, könnte ja auch das Berufsbild des Lebensmitteltechnikers in Frage kommen. So die Überlegung von Tim Riechel, Personalchef bei Nutrichem, einer Firma mit heute 366 Mitarbeitern. Ausgebildet werden hier Industriekaufleute, Maschinen- und Anlagenführer, Fachlageristen, Chemielaboranten und Mechatroniker.

Die Resonanz sei überall gut bis sehr gut — nur bei der Ausbildung zur Fachkraft in der Lebensmitteltechnik bleibe es schwierig. Hier gab es aktuell gerade zwei Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz. Riechel führt das auf einen zu geringen Bekanntheitsgrad zurück, hier sei man herausgefordert. Zum anderen werde der Beruf wohl als zu spezialisiert und damit als mit Risiko behaftet gewertet.

Doch es sei genau diese Spezialisierung, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet, kontert hier Mitglied der Geschäftsleitung Lutz Stude. Das gelte auch intern - denn bei Nutrichem werden 90 Prozent der Azubis nach ihrer Ausbildung als Fachkräfte übernommen. Lutz fordert zudem noch eine engere Verzahnung der Betriebe mit den Schulen. "Das darf sich nicht nur auf Praktika erschöpfen!"

Langer pflichtet ihm da gerne bei. Die Agentur suche den Kontakt schon in den Vorabgangsklassen. Aber hier seien auch die Unternehmen gefragt. Die Schüler könnten sich viel zu oft unter zu vielen Berufsbilder zu wenig vorstellen. In diesem Sinne wünschen sie sich auch noch mehr Arbeitgeberbeteiligung bei Veranstaltungen wie dem Berufsparcours in Roth, ergänzt Ernst.

"Wir brauchen Azubis für die Zukunft", betont Reichel, "sie sollen unsere erfahrenen Mitarbeiter von morgen werden." Das Schielen nach Noten sei hier nicht mehr die Maßgabe — "das Gesamtpaket zählt", und da würde man auch mal einen Mittelschüler vor dem Abiturienten den Vorzug geben.

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