Lebende Legenden und heiße Geheimtipps

25.2.2015, 16:03 Uhr
Lebende Legenden und heiße Geheimtipps

© Hans von Draminski

Im nächsten Jahr, 2016, wird bei den Bluestagen groß Jubiläum gefeiert. Mancher Festivalmacher würde allerdings bereits angesichts des diesjährigen „Line ups“ mit stolzgeschwellter Brust herumlaufen. Hat das Team um Kufa-Chefin Monika Ammerer-Düll doch ein paar dezidierte „Hochkaräter“ versammelt, die auch abseits eines Festivals geeignet erscheinen, selbst größere Hallen zu füllen. Den samtstimmigen Barden Eric Bibb beispielsweise, der in Roth seit 1998 zu den Stammgästen zählt: Der Mann mit dem Hut darf am Samstag, 21. März, 20 Uhr, in der Kulturfabrik die Bluestage eröffnen – und er hat erstmals seine Tochter Yana dabei, die erst vor kurzem ihr Debütalbum „Not A Minute Too Late“ veröffentlicht hat.

„Eigentlich ist Yana der Festival-Opener“, erklärt Monika Ammerer-Düll. Die Bibb-Tochter stehe, wie Ammerer-Düll bei der Pressekonferenz in der Kulturfabrik ausführte, dem Jazz deutlich näher als ihr Vater und lasse, in Schweden aufgewachsen, auch Elemente der schwedischen Folkmusik in ihre Songs einfließen.

Das Festival geht schon vor dem großen Jubiläum neue Wege: Nachdem der abschließende Blues-Brunch in der Awo-Kantine „Auf Draht“ beim Publikum erfahrungsgemäß ebenso gut ankommt, wie etwa das kulinarische Angebot im Traditionsgasthaus „Zur Linde“, dürfen Schlemmer am 21. März im Landhotel Zum Böhm dieses Mal zum Auftakt des Festivals auch noch ein großes New-Orleans-Dinner genießen. Dazu spielt „Heye’s Society“ um den Sound des Deltas.

Robillard kommt endlich

Am Sonntag, 22. März, gastiert der US-Amerikaner Duke Robillard in der Kufa. Eigentlich hätte der Gitarrist vor einem Jahr seine aktuelle Scheibe „Calling All Blues“ vorstellen sollen, musste aber krankheitsbedingt absagen — er hatte sich auf dem Heimweg von einem Auftritt die Hand gebrochen, wie Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer weiß.

Am selben Tag lässt es Münchens Swamp-Blues-Ikone Dr. Will im „Posthorn“ zu Eckersmühlen ordentlich krachen.

Prince, der kreative Fruchtzwerg aus Minneapolis, hält große Stücke auf Nik West, die einst in seiner Stammband spielte. Auch ohne diesen popmusikalischen „Adelsschlag“ stellt die schöne Sängerin und Bassistin eine Ausnahmeerscheinung dar. Ihre Talente stellt Nik am Dienstag, 24. März, in der Kufa unter Beweis. Dass sie tatsächlich zusagte, nachdem Monika Ammerer-Düll mit Niks deutschem Agenten die Gage „wie im türkischen Basar“ ausgehandelt hatte, hat für Nik Wests Sympathie für JJ Grey zu tun.

Dessen Musik ist zwischen Southern Rock und Swamp Soul anzusiedeln. Mit seiner Band „Mofro“ lässt JJ Grey am Mittwoch, 25. März, die Wände der Kulturfabrik wackeln.

Als Anheizer ist an diesem Abend der Sänger und Songschreiber Marc Broussard dabei, der wie viele Künstler ein neues Album im Gepäck hat. Zeitgleich treten im „Posthorn“ „Sonnie Ronnie & The Shotguns“ auf — Norbert Schottenhamml zeigt einmal mehr, warum sein Ruf in der deutschen Bluesgemeinde legendär ist.

Die Headliner der Bluestage sind am Donnerstag, 26. März, in der Kulturfabrik zu hören. „Canned Heat“ haben seit Woodstock gefühlt keine Pause gemacht und sind nach über 40 Jahren immer noch Garant für besondere Konzerte, in denen Aufbruchstimmung ebenso spürbar wird wie die präzise Routine lebender Rock-Legenden. Eine Band, die laut Monika Ammerer-Düll „seit Jahren mit dem zufrieden ist, was sie macht“, sich gar nicht weiterentwickeln wolle — „und das muss nicht verkehrt sein“, meint Ammerer-Düll lächelnd.

Im Anschluss zum Auftritt der Kultgruppe bitten Pianomann Michael Stahl und sein Schlagzeuger Andreas Stahl zur offenen Session im Foyer der Kufa. Andreas Kümmert siegte mit seiner urgewaltigen Stimme 2013 bei der Castingshow „The Voice Of Germany“ und sorgt ebenfalls am Donnerstag in der „Galaxy Lounge“ für intime Club-Atmosphäre und Gänsehaut-Momente. Die Video-Zuspielung zur Pressekonferenz machte Appetit auf den präsenten Soulsänger Kümmert, der in Kürze am deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest teilnimmt.

Ein Doppelkonzert der besonderen Art steht am Freitag, 27. März, auf dem Kufa-Programm: Die wunderbar versaute Bluesrock-Röhre Layla Zoe trifft auf den Blues-Charismatiker Thorbjörn Risager. Im Doppelpack werden die beiden die Kufa rocken, als gäbe es kein Morgen. Zoe, die vor einigen Jahren im „Posthorn“ auftrat, ist künstlerisch gereift, wie Monika Ammerer-Düll betont: „Damals war sie eine laszive Janis-Joplin-Epigonin, mittlerweile hat sie sich dem Rootsblues zugewandt und klingt eigenständiger und authentischer.“

Das gilt auch für „Vdelli“ aus Australien und „Hundred Seventy Split“ mit den „Ten Years After“-Masterminds Leo Lyons und Joe Gooch. Die beiden Bands, die sich am Samstag, 28. März, in der Kulturfabrik auf der Bühne ablösen, sind beide für schweißtreibende Gitarrenorgien, ohrwurmige Bluesmelodien und unsterbliche Konzertmomente gut. Lyons hat erst kürzlich, mit 71 Jahren, „Ten Years After“ den Rücken gekehrt, weil ihn das aus einer Laune gegründete „Hundred Seventy Split“-Projekt vollumfänglich beansprucht.

Im Gasthaus „Zur Linde“ serviert Klaus Brandl, unlängst mit dem Nürnberger Kulturpreis ausgezeichnet und bei der Pressekonferenz raustimmiger „Teaser“ für das Festival, seine gewohnt schrägen Großstadtballaden und zelebriert seine urfränkische Auffassung eines uramerikanischen Musikstils: „Ois is Blues“.

Funk im Blues

Fast. Denn Deitra Farr, die am Sonntag, 29. März, 11 Uhr, mit dem Hammondorgel-Virtuosen Raphael Wressnig und seiner Band „Soul Gift“ in der Awo-Kantine „Auf Draht“ beim Blues-Brunch für gute Laune sorgen soll, hat auch Soul und Funk im Blues. Die 1957 geborene Sängerin ist auch Journalistin und schreibt für verschiedene Fachblätter.

Den Schlusspunkt setzt am Abend die Blues-Neuentdeckung Jesper Munk: Der junge Münchner wird bereits als neuer Stern am Blueshimmel gefeiert und verleugnet zu keiner Zeit seine Pop- und Garagenrock-Wurzeln. Ein ganz heißer Tipp.

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