Umweltfreundliche Energie für das Urlaubsparadies

24.8.2016, 17:48 Uhr
Umweltfreundliche Energie für das Urlaubsparadies

© Foto: Benjamin Huck

Sie sind ein Paradies für Urlauber mit einer einzigartigen Tierwelt: Die Galapagosinseln vor der Küste Ecuadors. Das Archipel bietet einen reichhaltigen Schatz an Flora und Fauna, der Großteil der Inseln ist ein Nationalpark, die Vereinten Nationen zählen sie zu ihrem Weltkulturerbe. Doch auch die Idylle braucht Strom zum Leben. Einst erzeugten große Dieselgeneratoren die notwendige Energie, doch nicht immer ging alles glatt: Tankschiffe verschmutzten auf dem Weg zur Insel das Meer und gefährdeten Tierarten oder sanken sogar. Ein Unternehmen aus Göggelsbuch bei Allersberg hat eine nachhaltige Möglichkeit der Energieerzeugung errichtet: „Wir betreiben ein Hybridkraftwerk mit Pflanzenöl“, erzählt Georg Gruber, Geschäftsführer der Vereinigten Werkstätten für Pflanzenöltechnologie.

Ehemalige Mitarbeiter der in Konkurs gegangen Firma Elsbett gründeten 1995 das mit VWP abgekürzte Unternehmen. Ihr Ziel: Handelsübliche Motoren — für Autos, Traktoren oder Stromgeneratoren — so umzurüsten, dass sie problemlos mit Pflanzenöl betrieben werden können. Nachdem sich die Schiffsunglücke und Umweltkatastrophen vor den Galapagosinseln häuften, übten die Vereinten Nationen Druck auf die Regierung von Ecuador aus. Entweder sie lasse sich ein naturfreundlicheres System einfallen oder die UN entziehen der entlegenen Inselgruppe den Titel als Weltkulturerbe.

Abgeschnittene Gebiete mit Elektrizität zu versorgen — darin hatten die VWP schon Erfahrung. Denn die ersten Kunden waren Alpenvereine: Viele entlegene, hochalpine Berghütten wurden einst mit Dieselgeneratoren betrieben. Doch hin und wieder ist Kraftstoff ausgelaufen und hat die Bergseen verschmutzt. Bei Pflanzenöl besteht dieses Problem nicht, ist es doch biologisch abbaubar. In den vergangenen 20 Jahren haben die Spezialisten schon an die 60 Berghütten auf eine 100-prozentige Stromversorgung aus erneuerbaren Energien umgerüstet.

Jetzt also die tropischen Inseln. Zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit entwickelten die VWP für die kleinste der bewohnten Galapagosinseln, Floreana, eine neue Stromversorgung. Photovoltaikanlagen gewinnen aus der Sonne Strom und speisen ihn ins Netz ein. Die überschüssige Elektrizität wird in Akkus gespeichert. In der Nacht springen automatisch zwei Generatoren an — umgebaut in Göggelsbuch und betrieben mit Pflanzenöl.

Damit die mitunter etwas zähflüssigeren Öle auch richtig verbrennen, ist einiges an Vorarbeit notwendig: Dichtungen müssen für den anderen Kraftstoff ausgetauscht, Vorheizgeräte eingebaut und die Motorsteuerung geändert werden.

Hier kommt Thomas Dotzer zum Einsatz, ein Kraftfahrzeugmeister, der in Hilpoltstein eine Firma für Motortechnik betreibt. „dts.“ heißt die Ausgründung, die neben der Pflanzenölumrüstung auch Chiptuning betreibt. „Die Motoren benötigen einen gleichbleibenden Kraftstofffluss, damit sie ordentlich verbrennen“, sagt Dotzer. Während Diesel bei verschiedenen Temperaturen immer gut fließt, kann Pflanzenöl in der Kälte zäh werden, der Motor würde stottern.

Konkurrenz auf dem Acker

Beim Thema Kraftstoff aus Pflanzen spielt auch immer die Frage der Nahrungsmittelversorgung eine Rolle. Gruber weiß um die Konkurrenz auf den Äckern — dabei gibt es zumindest in Ecuador einen Vorteil: Jatropha. Die Pflanze kann zwar als Arznei genutzt werden, ist aber auch giftig und nicht für den Verzehr geeignet. Traditionell werden Jatropha-Hecken zwischen den Feldern angebaut, um sie abzugrenzen und vor Erosion zu schützen. Die ölhaltigen Samen sind also ausreichend vorhanden, aus 2,5 Kilogramm wird etwa ein Liter Kraftstoff.

Die Landwirte sammeln nun die Saaten ein und bringen sie zur Ölmühle. „Wir haben Wert darauf gelegt, alles genossenschaftlich zu gestalten“, sagt Gruber. Nicht die großen Mineralölkonzerne sollen den Profit einstreichen, sondern die lokalen Bauern vor Ort. Bislang hat sich die Methode bewährt: Seit sechs Jahren laufen die Generatoren auf Floreana problemlos mit dem Pflanzenöl. Zur Not könnten die Motoren aber auch mit herkömmlichem Diesel betankt werden.

Die nächste Generation der Generatoren steht schon in den Startlöchern. Vor Kurzem haben die VWP neue Motoren für die Galapagosinsel Isabella ausgerüstet. Zusammen mit Siemens entsteht dort Anfang 2017 eine hybride Kraftwerkstation. Auf der Insel Santa Cruz ist allerdings ein südkoreanisches Unternehmen — unterstützt von dessen Regierung — zum Zug gekommen und liefert dort mit einem ähnlichen System den Strom.

Ein Punkt ärgert Gruber bei der deutschen Entwicklungshilfe. Während die Deutschen nur ein funktionierendes Kraftwerk errichten, geben die Südkoreaner auch Geld für ein Info-Zentrum aus, in dem die Hybridtechnik erklärt wird. Das sei wichtig, um den Urlaubern die Anlage nahezubringen, so Gruber: „So sehen die Leute, was an nachhaltiger Technik heute schon möglich ist.“ Nun fehlt noch die Insel San Cristóbal bis zur vollständigen, nachhaltigen Stromversorgung des Archipels. Die VWP hoffen, bald wieder umgerüstete Motoren liefern zu können.

 

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