Ungewöhnliche Freiheit mitten im Labyrinth erfahren

14.5.2017, 13:54 Uhr
Ungewöhnliche Freiheit mitten im Labyrinth erfahren

© Foto: Leykamm

HILPOLTSTEIN — Im Mittelpunkt des Geschehens steht dabei kein Motto, kein Programm, sondern die Mitte des Christentums selbst: Jesus Christus. Deutlich wird das gleich zu Beginn, als sich sowohl von der Christuskirche wie von der Stadtpfarrkirche ein Menschentross auf einen Kreuzweg hin zur Försterwiese macht. Bestückt mit je einem Balken. Beide Hölzer schrauben der katholische Diakon Bernd Grünauer und der evangelische Religionspädagoge Gerhard Lachner zu einem großen Kreuz zusammen.

Das vertikale Exemplar symbolisiere dabei "den Weg zum Herrn", das horizontale mache deutlich, "dass wir nicht alleine sind". So die Erklärung, bevor die beiden Herren mit den Anwesenden in das "Vaterunser" einstimmen, das beide Ebenen vereint. Gleich darauf dürfen persönliche Anliegen "ans Kreuz genagelt werden". Eine symbolische Handlung, aber eben nicht nur. Zumindest empfiehlt die Bibel selbst, ebensolches zu tun. Um die Last am Kreuz Jesu abladen, der sie bereits getragen hat. Den Anfang macht ein junger Mann, der seine "5 in Mathe" ins Holz hämmert. Bald darauf legen die beiden siebenjährigen Freundinnen Anna-Lena und Anne los. Langsam steigert sich das Alter der Hämmernden. Die Bitte um ein gesundes Baby oder um Schutz sind bald auf den angebrachten Zetteln zu lesen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation lässt sich nebenan gleich noch vertiefen. Im Labyrinth aus Kerzenlichtern, das die "Betreter" im wahrsten Sinn des Wortes an viele Wendepunkte führt.

Dazu wehen die Klänge der "Moonlight Poppies" herüber, die unter anderem den Hit zum Reformationsjubiläum im Gepäck haben. "Allein aus Gnade gehört uns sein Herz", erklingt es, während sich die Besucher immer mehr auf die verschiedenen Standorte verteilen. Die Wahl fällt schwer: Hin in die Christuskirche zum Tüchertanz der Kinder der Tanzschule Pietzner oder in die Stadtpfarrkirche zu den ostkirchlichen Gesängen des "Collegium Orientale" aus Eichstätt?

Viele beteiligte Gruppen treten mehrmals auf, sodass eigentlich jeder überall dabei sein kann. Zum Beispiel bei der Meditation im katholischen Gotteshaus, auf die sich eingelassen werden will. Es gilt in der Begegnung mit dem nahen und fremden Mitmenschen die gemeinsame Verwurzelung in einer liebenden Gottheit zu entdecken. Einige Ziegelsteine bilden hier eine Art Mini-Klagemauer, in deren Hohlräume geschriebene Gebete Platz finden. Zu später Stunde erfüllen gemeinsame Taizé-Lieder den Raum.

Feurig geht es in der evangelischen Kirche zu, wo der Wilson-Gospel Chor mitreißt und sich dabei auch gerne im Publikum verteilt. "We Shall Overcome" singen die Chormitglieder, während die Hände ineinander greifen. Kurz darauf wandeln die Besucher auf den Spuren der Mönche beziehungsweise essen wie sie bei gemeinsamem Schweigen. Dazu gibt es geistliche Impulse: "Der Mensch lebt nicht vom Brot alleine...". Und später darf dem Blockflötenensemble und dem Kirchenchor gelauscht werden.

Wild und kreativ geht es an der Residenz zu. Während im Innern das "Eine-Welt-Café" verköstigt, läuft das Impro-Theater des Gymnasiums draußen zur Hochform auf und lässt etwa auf Zurufe der Zuschauer verschiedene Szenen entstehen. So wird gar der Bürgermeister-Darsteller zum Benutzen von Schimpfwörtern gezwungen.

Eine Art Mittelpunkt des Geschehens war die Försterwiese, wo eifrig Stockbrot gebacken und getrommelt wird, oder man sich in der Jurte zu Märchenworten von Daniela Lechner trifft. Als es richtig dunkel geworden ist, zaubern die Feuerkünstler von "Elmsfeuer" brennende Figuren in die Nacht. Einmal ist deutlich ein "H" zu lesen. Das könnte ebenso für Herz, wie auch für Himmel stehen. Oder für den Hauch von beidem, der die abschließende Andacht durchweht.

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