Verantwortung für andere — bis zur Katze auf dem Baum

19.11.2017, 14:56 Uhr
Verantwortung für andere — bis zur Katze auf dem Baum

© Foto: Carola Scherbel

Verwöhnt wurden die Gäste mit Liedern eines musikalischen Schwabacher Quartetts (Brigitte Becker, Lara Schneider, Katharina Schlammberger und Lucas Linner), mit einer inhaltlich fundierten und trotzdem unterhaltsamen Rede der stellvertretenden Landtagspräsidentin Inge Aures und anschließend mit Häppchen, Sekt und wertvoller Zeit für Gespräche.

"Danke sagen, neue Netzwerke knüpfen und sich einfach mal wiedersehen." Das sind, so Helga Schmitt-Bussinger, die Gründe dafür, ehrenamtlich Tätige einzuladen zu einem Abend, der ihnen gewidmet sein soll. Auch wenn immer mal wieder zu hören sei, dass die Politik statt Empfänge zu geben lieber etwas für das Ehrenamt tun solle: Das sei schon richtig, aber das Dankeschön an all diejenigen, die der Gesellschaft so viel geben, sei eben auch notwendig.

Verantwortung übernehmen

So nahmen die deutlich mehr als 100 Gäste die Einladung der Abgeordneten denn auch gern an als Zeichen der Anerkennung ihrer vielfältigen Arbeit. Denn: "Ohne Ehrenamt wäre unser Gemeinschaftsleben gar nicht möglich", stellte Abenbergs Bürgermeister Werner Bäuerlein lapidar fest.

Er wisse aus eigenem Erleben, dass immer schwerer Verantwortliche für Feuerwehr oder Sportverein zu finden seien. Aber gerade als junger Mensch lerne man mit solchen Ämtern und Funktionen auch, Verantwortung zu übernehmen – wichtig für das ganze Leben.

Als "Ausdruck der Freiheit des Einzelnen und seiner Verantwortung für unsere Gesellschaft" hat Johannes Rau 1999 als Bundespräsident das Ehrenamt bezeichnet, daran erinnerte der nächste SPD-Landtagskandidat Marcel Schneider aus Rednitzhembach. Er selbst, der zahlreiche Benefizveranstaltungen organisiert hat und dabei insgesamt 380 000 Euro für Kinder mit Handicap, für Senioren und den Tierschutz gesammelt hat, habe bei Besuchen in Werkstätten, Schulen oder Tierheimen in 15 Jahren "so viel Dankbarkeit und Zuneigung erfahren, dass es mich immer wieder bestärkt weiterzumachen".

Kreisvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Beirätin in der Baugenossenschaft, Mitglied im VdK, bei der Feuerwehr und bei den Schützen – dort sei sie allerdings eine "Karteileiche", verriet Inge Aures unter dem fröhlichen Applaus der Gäste.

Fröhlich, frech, oberfränkisch

Die SPD-Politikerin aus Kulmbach, die in ihrer Heimatstadt zwölf Jahre lang Oberbürgermeisterin war, bevor sie in den Landtag gewählt wurde und dem sie inzwischen als Vizepräsidentin vorsteht, hat wirklich was zu erzählen, wenn es ums Ehrenamt geht. Und das tat sie – fröhlich, frech und oberfränkisch nahm die Festrednerin kein Blatt vor den Mund. So berichtete sie von den schrecklichen Erfahrungen der Hilfsorganisationen, die vor wenigen Monaten an der Autobahn 18 Tote aus einem verbrannten Bus bergen mussten – und davon, dass die sich statt eines medial wirksamen Vorbeidefilierens des Ministerpräsidenten lieber ein Dankeschön von Seehofer an die Helfer gewünscht hätte.

Auch die Aufnahme der vielen Flüchtlinge vor zwei Jahren sei ohne die zahllosen ehrenamtlichen Helfer nicht möglich gewesen: "Den Staat könnte es gar nicht geben ohne das Ehrenamt." Die Ehrenamtler sind ein Glücksfall – und mit Geld nicht zu bezahlen. Beispiel: Rettungshelfer am Badesee.

Und in Bayern seien es besonders viele Menschen, die sich für die Gesellschaft engagieren. 47 Prozent, fast jeder zweite sei bürgerschaftlich engagiert, "das ist die größte Bürgerbewegung". Die meisten im Sport (19 Prozent) , viele aber auch im sozialen Sektor (zehn Prozent), in Kultur und Musik oder im kirchlichen Bereich (jeweils neun). Vom Elternbeirat in der Schule über Geselligkeitsvereine bis zu BRK, THW oder Feuerwehr.

Gerade die Feuerwehren haben in Bayern einen besonderen Stellenwert: 320 000 Menschen leisten in Freiwilligen Wehren ihren Dienst (dazu kommen die Berufs- und Werkswehren). In Mittelfranken sind es fast 38 000, die aktiven Dienst tun. "Und es ist wirklich kein Hobby, wenn man ausrücken muss", wehrte Aures sich heftig gegen so manche Geringschätzung. "Wie wichtig die Wehren sind, das merken diese Leute erst dann, wenn ihre Katze auf dem Baum sitzt und nicht mehr allein runterkommen kann."

"Alle heilige Zeit"

Aber auch zum Sozialbereich mit Blick auf den Staat hat Inge Aures ein paar Takte zu sagen: Obwohl in der bayerischen Verfassung seit 2013 gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Freistaat verankert sind, sei man in Nordbayern davon noch weit entfernt. Anhand der Zahlen des Bruttoinlandsprodukts machte sie klar, welche Regierungsbezirke dabei deutlich langsamer vorankommen. "In München fährt alle zwei Minuten eine U-Bahn, aber bei uns im Frankenwald kommt alle heilige Zeit mal ein Bus. Da braucht man für den Arztbesuch einen halben Tag."

Trotzdem und gerade wegen der immer noch uneinheitlichen Lebensverhältnisse im Freistaat Bayern sei sie froh und den vielen tausend Menschen in Bayern dankbar, die sich ehrenamtlich engagieren. Inge Aures: "Nur so kann eine Gesellschaft funktionieren."

Keine Kommentare