„Verdienstausfälle von bis zu 10 000 Euro“

28.10.2011, 16:48 Uhr
„Verdienstausfälle von bis zu 10 000 Euro“

© Dominik Kranzer

Der ursprünglich aus Weißenburg stammende Heidenreich praktiziert seit 1978. Seine Stimme hat Gewicht und er weiß, wovon er spricht. Schließlich war Heidenreich acht Jahre lang im Vorstand der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB) und Vorsitzender des freien Verbands deutscher Zahnärzte. „Bei den Puffertagen dürfen wir bei AOK-Patienten nur akute Fälle behandeln, um die Kosten gering zu halten“, erklärt er. Denn vom 21. November bis zum 23.Dezember hat die AOK nur noch ein begrenztes Budget für die Zahnärzte zur Verfügung.

„Über die Abrechnungsstelle KZVB haben wir ein Rundschreiben bekommen, dass dieser Fall zum wiederholten Male eintritt“, erklärt Heidenreich. Den 64-Jährigen treffen die Budgettage allerdings nicht so schlimm, wie andere Kollegen. „Das liegt zum einen daran, dass ich rechtzeitig darauf reagiert habe und meine AOK-Patienten schon vorher einbestellt habe, zum anderen habe ich nur ein Drittel AOK-Patienten“, sagt Heidenreich.

Sechs Euro würden reichen

Fakt ist, dass nur Bayerns größte Gesundheitskasse zusammen mit der Knappschaft und dem Bundesverband der Innungskrankenkassen die Puffertage ausgerufen hat. „Der Grund dafür ist eine Budgetüberschreitung der AOK. Andere Kassen haben pro Versicherten einen höheren Beitrag, da ist das kein Problem. Der AOK fehlt das Geld am Ende des Jahres, deswegen diese Budgetierung“, erklärt Leo Hofmeier von der KZVB auf Anfrage dieser Zeitung. Die Strategie der AOK sei es, als Kasse ohne Zusatzbeiträge zu werben. „Trotzdem fehlt eine Deckung von vier bis fünf Prozent. Ein einmaliger Betrag in Höhe von sechs Euro würde reichen, um das Defizit für die zahnmedizinische Versorgung zu decken“, so Hofmeier weiter.

Den Streit und den Stein ins Rollen gebracht hat das Patientenversorgungsgesetz, das 1993 vom damaligen Bundesgesundheitsminister und jetzigen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer abgesegnet wurde. „Aus diesem Grund ist die AOK formal im Recht. Ihr Motto ist ,Wir tun das, was wir tun müssen‘. Aber sie könnten ja freiwillig mehr tun“, befindet Hofmeier.

Die AOK will jedoch über das heiße Eisen „Puffertage“ nicht reden. Der Rother Geschäftsstellenleiter Josef Arnold verwies an die Pressestelle auf bayerischer Ebene. Von dort hieß es nur. „Wir schicken ihnen eine Mitteilung und hoffen, dass damit das Thema erledigt ist.“ Wobei Pressereferentin Helga Leirich verdeutlichte: „Ich bin von ihrer Anfrage nicht begeistert.“ Dieses Verhalten stützt die Aussage von Leo Hofmeier von der KZVB. „Die AOK möchte das Thema unter den Tisch kehren, deswegen bekommen auch die Patienten nichts mit. Die AOK hat eine marktbeherrschende Stellung und mit ihr sich anzulegen, traut sich niemand.“

Hofmeier sagt jedoch deutlich: „Das Verhalten der AOK ist nicht besonders freundlich.“ Dabei verweist er auf eine Pro-Kopf-Übersicht der Kassen, aus der deutlich wird, dass das Budget der AOK Bayern unter 165 Euro pro Mitglied liegt, das der Barmer EHK oder der DAK zwischen 165 und 200 Euro. „Wir verteilen das vorhandene Geld auf die Zahnärzte. Man muss jedoch berücksichtigen, dass nicht jedes Mitglied gleich Versicherter ist.“ Dass will heißen: Für eine vierköpfige Familie stellt die AOK also weniger als 165 Euro bereit. Wenn dieses Budget aufgebraucht ist, kommt es zu den Puffertagen.

Die AOK verweist jedoch in ihrer Pressemeldung darauf, „dass es keine Einschränkungen gebe“ und bezeichnet das Vorgehen der KZVB „als durchsichtiges Manöver“.

Eine Lösung sieht Zahnarzt Heidenreich unter den derzeitigen gesetzlichen Bedingungen nicht. „Wenn die Politik diesen Sachverhalt nicht löst, wird es irgendwann zum Crash kommen. Denn wenn Kollegen die Patienten aufs nächste Jahr schieben, dann ist das ein Teufelskreislauf“, findet er.

Optionen sieht er jedoch für seine Kollegen: „Der Praxisurlaub könnte in die Puffertage gelegt werden oder an Samstagen gearbeitet werden“, weiß Heidenreich. Samstags gelten die Puffertage nämlich nicht. Seiner Meinung nach lassen sich die Zahnärzte zu viel gefallen: „Wenn man seit über 23 Jahren keine Gehaltserhöhung bekommt, würde das niemand akzeptieren. Die Zahnärzte lassen das mit sich machen.“

Leo Hofmeier von der KZVB ist jedoch zuversichtlich: „2013 soll dieses Steuerungsinstrument beerdigt werden. Wir probieren es damit an höherer Stelle und es sieht gut aus.“ Will heißen, dass auch im nächsten Jahr nochmal Puffertage auf die 9400 Zahnärzte in Bayern zukommen.

Heidenreich glaubt, dass solange er praktiziert, sich nichts ändern wird. Eigentlich will er ja nur seinen Job machen und die Medizin sollte im Vordergrund stehen. „Es ist ein spannender Job, bei dem man mit netten Menschen täglich zu tun hat. Die Erfolgserlebnisse und die gesundheitsbewussten Patienten motivieren mich jeden Tag.“

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