Wahl in Roth: Vom "Desaster" bis zur fröhlichen Sektlaune

14.10.2018, 22:20 Uhr
Blumen für den Wahlsieger: Volker Bauer holte erneut das Direktmandat im Stimmkreis Roth. Aber zum Feiern war auch der Landkreis-CSU angesichts des Absturzes der Christsozialen in der Wählergunst auf Landesebene nicht.

© Foto: Schmitt Blumen für den Wahlsieger: Volker Bauer holte erneut das Direktmandat im Stimmkreis Roth. Aber zum Feiern war auch der Landkreis-CSU angesichts des Absturzes der Christsozialen in der Wählergunst auf Landesebene nicht.

Verlierer und Gewinner gleichermaßen. Eine seltsame Konstellation und trotzdem ist der Christsoziale Volker Bauer als einziger der Landkreis–Kandidaten in der neuen Wahlperiode im Landtag, obwohl auch er im Vergleich zur Landtagswahl 2013 zum Teil heftige Stimmeinbußen hinnehmen musste. Dennoch: "Ich habe ein deutlich besseres Ergebnis erreicht als gedacht. Das ist für mich sehr motivierend", erklärte der Kammersteiner CSU-Direktkandidat gestern Abend. Zur teils drastischen Diskrepanz zwischen Erst- und Zweitstimme könne er noch nichts sagen. "Das muss man jetzt analysieren."

Sahnehäubchen für die Grünen

Gerechnet hat er mit etwa 15 Prozent, gesteht ein strahlender Andreas Hofmann — vor dem Büro der Grünen in Roth mit einem Glas Sekt in der Hand, nachdem gerade drinnen die erste Prognose über den Bildschirm gelaufen ist. Die verspricht nämlich deutlich mehr: Um die 18 Prozent landesweit — "dass wir so hoch im zweistelligen Bereich liegen, habe ich nicht erwartet", freut sich der Landtagskandidat beim fröhlichen Anstoßen mit einem Dutzend Freunden. "Wir wollen keine Angst machen, sondern Mut geben — das hat gepunktet."

Dass es für die Grünen sogar noch zwei bis drei Direktmandate in Bayern geben könnte, zählt er als Sahnehäubchen dazu. Über Koalitionen denke er eigentlich noch nicht nach, aber "wir sprechen mit jeder demokratischen Partei, die gerechte und faire Politik macht und sich nicht im Populismus verfängt". Schnittmengen mit der CSU entdeckt Hofmann "bisher noch keine, aber vielleicht finden sich ja noch welche".

Desaster für die Sozialdemokraten

"Ich persönlich bin immer noch optimistisch", redet SPD-Landtagskandidat Marcel Schneider gegen den kleinen roten Balken an, den er mit den Genossinnen und Genossen in Georgensgmünd auf dem Bildschirm fixiert (nur in seiner Heimatgemeinde Rednitzhembach heimst er über 20 Prozent der Erststimmen ein). Denn er selbst glaube fest daran, noch in den Landtag einzuziehen. Trotzdem gibt er gleichzeitig zu: Das Gesamtergebnis der Sozialdemokraten ist ein "Desaster".

Schuld am "erdrutschartigen" Abrutschen der Partei sei aber auch Berlin: "Das war kein Rückenwind, sondern Saharasturm Stärke fünf." Was ihn jedoch richtig niederdrücke, sei das Ergebnis eines Ortsteils im Landkreis: "Ich habe sieben Prozent, der AfD-Kandidat 19 Prozent. Dort gibt es keinen einzigen Flüchtling."

Einen "langen, spannenden Abend" hat FDP-LandtagskandidatStefan Stromberger nicht nur wegen seines persönlichen Wahlergebnisses durchlitten, sondern weil die gesamte Partei auf die kleinen Schwankungen hinter dem Komma starrte. "Ich bin sicher, dass wir noch über fünf Prozent erreichen und den Einzug schaffen", gibt er sich optimistisch. Auch für sich selbst wolle er noch abwarten, "weil ja die Mittelfrankenliste nochmal komplett durchgemischt wird".

"Bayern muss freiheitlich und liberal bleiben"

"Echt enttäuscht" sind die Linken, gibt ihr Kandidat Tino Schwarz unumwunden zu. "Wir haben zumindest mit einer Vier vor dem Komma gerechnet — und auf eine Fünf gehofft." Zumal er den Eindruck habe, "dass wir vor Ort recht guten Zuspruch bekommen haben". Sein Motto lautet trotz der Niederlage: "Einfach immer weitermachen."

Thomas Schneider (FW) war von der Prognose und den ersten beiden Hochrechnungen für die Freien Wähler sehr erfreut. "Allerdings tanzt noch niemand auf den Tischen", sagt er. 11,5 Prozent würden seiner Meinung nach reichen, dass die Freien Wähler in Mittelfranken wieder drei Abgeordnete stellen können. "Ist mein Ergebnis besser als das des Stimmkreisabgeordneten aus Weißenburg-Gunzenhausen, dann könnte ich noch auf Platz Drei rutschen". Direkt unterliegt er dem CSU-Platzhirsch Bauer, nur in Röttenbach selbst schlägt er ihn. Mit dem Ergebnis der AfD tut Schneider sich schwer. "Wir wollen kein anderes Land, Bayern muss freiheitlich und liberal bleiben."

AfD-Kandidat als absoluter Newcomer

Als "absoluter Newcomer" ist Ferdinand Mang von der Alternative für Deutschland (AfD) mit seinem Ergebnis absolut zufrieden. "Ich war für viele völlig unbekannt. Insofern ist es für mich ein Vertrauensbeweis, dass mich so viele gewählt haben", sagt Mang, der die Wahlergebnisse zusammen mit seinen Kollegen in Wendelstein verfolgt. In Bayern habe die AfD angesichts der Konkurrenz durch die Freien Wähler unter erschwerten Bedingungen antreten müssen.

Dass das Erstimmenergebnis nahezu identisch mit dem Resultat der Zweitstimmen ist, erklärt er folgendermaßen: "Das sind Leute, die von der AfD überzeugt sind."

Robert Gattenlöhner (Die Franken) bewertet das Wahlergebnis wie folgt: "Die Prognosen haben dieses Ergebnis doch schon seit Wochen vorhergesagt. Wenn jemand das schlechte Ergebnis der CSU noch schön redet, wie es Söder getan hat, dann ist ihm nicht mehr zu helfen. Allgemein sind die Parteien bei der Landtagswahl in den Bundesthemen untergegangen. Für die Franken wünsche ich mir, dass wir für unser Engagement belohnt werden und über ein Prozent aller Stimmen erhalten, dann gibt es für uns auch Gelder aus der Parteienfinanzierung aus München."

Das Ergebnis der Zweitstimmen für die Parteien im Wahlkreis Roth: 

- CSU: 44,63 %
- B'90/Grüne: 15,41 %
- Freie Wähler: 10,64 %
- AfD: 9,35 %
- SPD: 9,00 %
- FDP: 3,31 %
- Linke: 2,97 %

(Wahlbeteiligung: 75,38 %)

Keine Kommentare