Wenn die große Freiheit von Spalt aus ins Rollen kommt. . .

26.5.2017, 18:47 Uhr
Wenn die große Freiheit von Spalt aus ins Rollen kommt. . .

© Foto: Studio Lichtblick

Jörg Stroh ist ein Mann der entspannten Sorte. Einer, der viel herumkommt und gern wieder heimkehrt. Nach Spalt. Kein Wunder: "Dou wer´n die Leit goar alt", sagt man.

Im vergangenen Jahr bereiste der 37-jährige Umweltschutzingenieur sechs Wochen die Westküste der USA, Hawaii inklusive. Just liegt ein Südostasien-Aufenthalt hinter ihm: drei Monate mit Rucksack auf dem Rücken, rein ins Landesinnere. Die Erinnerung ist noch frisch.

So sehen also Verrückte aus? Ein spontanes Nicken, eine kleine Korrektur: "Ersetzen wir das Wort ,verrückt’ lieber durch abenteuerlustig", amüsiert sich Jörg Stroh. Aber ja, es stimme. Er und sein sechs Jahre jüngerer Bruder Christian wären schon von einem "besonderen Menschenschlag". Einem, der die Ferne mag; der interessiert sei an anderen Kulturen, neuen Bekanntschaften — und an Herausforderungen. An letzteren besonders.

Die wären auch ursächlich dafür, dass sich die Gebrüder Stroh für die "Baltic Sea Circle"-Rallye angemeldet hätten. Kostenpunkt: 850 Euro. Doch dieser Einsatz würde lohnen, denn: "Du fährst über holprige Straßen, vorbei an weißen Stränden, einsamen Schären, rauen Kliffs und tiefen Fjorden – mitten durch robuste Nadelwälder, die unglaubliche skandinavische Natur, die abgefahrene Kultur Russlands und der Baltischen Staaten. Mit dem ,Baltic Sea Circle’ bringen wir dich an den nördlichsten Zipfel des Kontinents: das Nordkap". So machen die Veranstalter vom "Superlative Adventure Club" (SAC) Lust auf mehr.

Eine Landschaft so schön, dass sie einem den Atem raube, wird da versprochen. Bereist in einem Auto, "von dem dein Vater heute noch träumt". Mindestalter des Vehikels: 20 Jahre. Ein Old-School-Road-Trip abseits touristischer Pfade. Und ein bisschen Party. So was kommt an bei Zeitgenossen, die das Außergewöhnliche schätzen. Das weiß man bei SAC. Auch dahinter verbirgt sich übrigens ein Brüderpaar: Daniel und Sebastian Kaerger, zwei Hamburger Jungs. 2010 seien sie ins Erlebnis-Rallye-Geschäft eingestiegen, erzählt Sebastian Kaerger. Weil sie selbst erfahren hätten, wie viel Spaß es machen kann, sich die große Freiheit auf vier Rädern zu erschließen. Ganz ohne Komfort. "Man entwickelt ein völlig anderes Verständnis für Land und Leute", lautet Sebastians Credo, aus dem die "Kaerger Brothers" schließlich eine "Mission" entwickelt haben. Sie offerieren das "Abenteuer für jedermann".

Pfiffige Pflichten

Selbiges beginnt für Jörg und Christian Stroh aus Spalt sowie knapp 250 weitere BSC-Starterteams (darunter eine zweite Spalter Mannschaft und eine aus Heideck) am 17. Juni in Hamburg. Dort erhalten die Teilnehmer dann ihr "Roadbook" - ein Pflichtenheft mit Aufgaben, die auf dem Weg nach Dänemark, Schweden, Norwegen, zu den Lofoten, übers Nordkap, zurück via Baltikum und Polen bewältigt werden wollen. Die Unterschrift eines russischen Grenzbeamten auf der Motorhaube oder ein Elfmeterschießen mit norwegischen Kickern — in diesem Spektrum würden sich die Anforderungen wohl bewegen, hat Jörg Stroh aus den Erfahrungsberichten früherer BSC-ler herausgelesen.

Bange sei ihm davor nicht. Im Gegenteil: "Ich freu’ mich schon auf die Leute, die wir treffen", sagt ein altgedienter Pfadfinder, der keine Scheu vor dem Ungewissen hat. "Bären kann ich zwar nicht fangen, aber sonst..." - Jörg Stroh und Christian, seines Zeichens Maschinenbautechniker, würden die Tour schon schaukeln. Zelt rein, Motor an. Alles andere werde sich ergeben.

Ergeben habe sich ja auch die Sache mit dem Volvo: Typ 244 GLE, Baujahr 1980, 130 000 Kilometer, 122 PS, ein Durchschnittsverbrauch von zehn Litern. Den habe ihm ein Ex-Arbeitskollege zum Symbolpreis von zwei Euro verkauft, "wollte ihn in guten Händen wissen", jubiliert Jörg Stroh noch immer über dieses "Schnäppchen".

Inzwischen haben die Strohs das silberne Gefährt in ein kleines Schmuckstück verwandelt. Die Technik unter der Motorhaube hätten sie zwar lieber einem versierten Kfz-ler überlassen ("Wir sind nur interessierte Laien"), dafür aber die Optik "gepimpt" und den Volvo mittels zahlreicher Klebe-Logos heimischer Betriebe verziert.

Charity-Projekt

Aus gutem Grund. Mit der "Baltic Sea Circle" rollt nämlich nicht nur das große Vergnügen an, sondern auch der gute Zweck. So soll ein erkleckliches Sümmchen einem überregionalen Charity-Projekt und einer lokale Initiative in der Heimat der Teilnehmer zufließen. Ein Spendenvolumen von 1000 Euro Minimum ist somit Startvoraussetzung.

Demnach mussten sich die künftigen Abenteurer zunächst einmal auf Sponsorensuche begeben und/oder ihren Erfindergeist spielen lassen, was sonstige Einnahmequellen anbelangt. Im Falle der Gebrüder Stroh ging ein Serienbrief an die Spalter Geschäftswelt raus; außerdem sollte eine Losaktion mit anschließender Konzerteinlage Geld aufs Spendenkonto spülen. Funktioniert habe beides — "bestens!". Mittlerweile seien an die 2500 Euro eingegangen, erklärt Jörg Stroh.

Profitieren würden davon nicht nur sozial benachteiligte Kinder ("Die Arche"), sondern "natürlich" auch die Spalter Pfadfinder, deren "integraler Bestandteil" die Strohs seit früher Jugend sind. Und nachdem sich Jörg Stroh "durchaus bewusst" sei, dass er mit diesem "Roadtripping" alles andere als einen umweltfreundlichen Urlaub antritt, wolle er die CO2-Emissionen der Reise im Anschluss über die Teilnahme an einem Klimaschutzprojekt kompensieren.

So weit, so geplant. In Sachen "Packliste" scheint Jörg Stroh hingegen weniger organisiert. Doch er winkt ab. Es sei ja schließlich noch Zeit.

Und die Ersatzteile fürs Auto? "Es geht eh’ immer das kaputt, was nicht kaputt gehen soll", meint er fatalistisch. Ölkanister, Zelt, Schlafsack und eineinhalb Kilo geräucherter Schinken nebst ein paar Spalter Bieren – das sollte einem echten "Spalter Schweden" (vorerst) doch wirklich reichen!

Infos über Teams aus der Region: balticrally.superlative-adventure.com; Unterstützung der Brüder Stroh: spalterschwede.de

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