Wenn's gefährlich wird: Ju Jutsu für Klinikpersonal

24.4.2015, 19:42 Uhr
Wenn's gefährlich wird: Ju Jutsu für Klinikpersonal

© F: oh

Herr Suck, was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie das Wort „Krankenhaus“ hören?

Horst Suck: Viele Patienten, Ärzte in weißen Kitteln, Stress, Hektik, große Verantwortung...

 

Mir kommen da Menschen in den Sinn, die wegen einer Erkrankung auf die Hilfe von Schwestern, Pflegern und Ärzteschaft angewiesen sind. Meistens müssen Kranke ja im Bett liegen, und trotzdem bieten Sie als Ju Jutsu-Trainer der TSG Roth „Deeskalations- und Sicherheitsseminare für Klinikpersonal“ an – zum Schutz vor potenziellen Patienten-Attacken...

Suck: In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass gar nicht so selten Patienten eingeliefert werden, die aufgrund von psychischen Erkrankungen oder Alkoholeinfluss diese Hilfe weder erkennen noch annehmen.

Die Maßnahmen des Personals werden dann abgelehnt oder mit Aggression beantwortet – das geht los bei verbalen Ausfälligkeiten und kann vom Wegschubsen bis hin zu Schlägen reichen. Darum ist ein Kurs, in dem die Pflegenden lernen, sich zu schützen, nur hilfreich.

 

Haben Sie konkrete Fälle in petto?

Suck: Es gibt viele Beispiele, von denen man mir in den Seminaren erzählt. Da wird etwa eine Schwester in den Würgegriff genommen und aufs Bett gezogen, während die Außenstehenden hilflos zuschauen. Meistens fehlen in solchen Ausnahmesituationen einfach die richtigen Handlungsmaßnahmen. Der Polizist ist – beispielsweise bei einer Demo – auf gewälttätige Übergriffe vorbereitet und weiß entsprechend zu agieren; ein Arzt geht aber grundsätzlich nicht davon aus, dass er Opfer einer Tätlichkeit wird...

 

Wie oft kommt sowas tatsächlich vor?

Suck: Sicher nicht täglich, zum Glück! Das lässt sich halt schwer in Zahlen fassen, weil keine Statistiken existieren. Aber die Kliniken sind inzwischen darauf aufmerksam geworden, dass es diesbezügliche Problemfelder gibt.

 

Werden Ihre Dienste denn häufig angefordert?

Suck: Ich bin ganz gut ausgelastet. Die Rother Kreisklinik hat dabei den Anfang gemacht. Über unser Seminar in Schwabach war neulich auch ein Bericht im Fernsehen zu sehen. Das erhöht jetzt sicher die Aufmerksamkeit für dieses Angebot, das von der Bayerischen Landesärztekammer ganz offiziell als Fortbildungsveranstaltung anerkannt wird.

 

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, so ein Konzept zu basteln?

Suck: Natürlich fließen da meine beruflichen Erfahrungen bei der Polizei ein. Außerdem weiß ich aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Ju Jutsu-Trainer bei der TSG Roth: Wenn man bestimmte Kniffe kennt, mit denen man sich im Notfall zur Wehr setzen kann, dann wirkt sich das positiv aufs Selbstvertrauen aus. Man tritt ganz anders auf. Das ist Präventionsarbeit im besten Sinn.

 

Und wie funktioniert´s in der Praxis?

Suck: Das Basisseminar umfasst drei Einheiten zu je zwei Stunden. Es fängt an mit der Wahrnehmung: Wie kann ich mein Gegenüber einschätzen? Wie nähere ich mich ihm? Und: Was drücke ich selber aus? Trete ich vielleicht zu arrogant auf, sodass ich dadurch aggressives Verhalten provoziere?

Es geht darum, Situationen richtig einzuordnen, Grenzen zu setzen, auf sein Bauchgefühl zu achten. Selbstverständlich vermittle ich dazu auch körperliche Maßnahmen wie Befreiungstechniken oder Deckungsverhalten. Hier greife ich auf meine Ju Jutsu-Kenntnisse zurück. Es sollen aber keine asiatischen Kampfkünste gelehrt werden. Die Ziele sind: Selbstvertrauen stärken und Handlungsfähigkeit schaffen.

 

Kann man ja eigentlich immer und überall gebrauchen.

Suck: Logisch! Deswegen richtet sich unser Seminarspektrum auch an Firmen und Behörden. Mitarbeiter vom Rother Landratsamt und der Sparkasse Mittelfranken-Süd haben schon ein Training bei uns absolviert.

Wir bieten aber auch spezielle Kurse für Frauen, für die Generation 50plus und für Einzelpersonen an. Sich in punkto „Eigensicherheit“ gut zu positionieren, ist schließlich nicht auf Krankenhausflure beschränkt.

 

tsg08-roth.de oder fds-seminare.de

Mit Horst Suck sprach:

 

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