Zeugin verzögert den Urteilsspruch

NÜRNBERG/ROTH - Ein Gramm Crystal Speed kostet im Schnitt zwischen 50 und 60 Euro. Das hat die 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth von Timo S. gelernt. Der Angeklagte war geständig – doch dann kam eine Zeugin, die den Prozess mit einem Nebensatz nun verzögert.

Aus wie viel Gramm besteht eine „Nase“ Crystal und wie viel Gramm der Droge konsumiert ein „normaler“ Abhängiger? Was kostet ein solches Gramm, und wie viel davon passt in einen Kaffeebecher mit 400 Milliliter Fassungsvermögen? Es wurde viel gerechnet im Prozess gegen Timo S., der sich seit gestern vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in Tateinheit mit bewaffnetem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln verantworten muss.

Im April fuhr der 33-Jährige mit seiner Bekannten Nina K. von Roth aus nach Borna. Die beiden hatten erfahren, dass sie von ihren Partnern betrogen worden waren. Außerdem wollen beide bereits seit Tagen auf Entzug gewesen sein. Nach erfolgreichen Verhandlungen sollen sie dann an einer Tankstelle rund 23 Gramm Metamphetamin gekauft haben, bevor sie die Heimreise antraten.

Als sie dann in eine Polizeikontrolle gerieten, soll Timo S. das Metamphetamin in einen Behälter mit Scheibenwischwasser gekippt haben, in dem es sich sofort auflöste.

„Das haben wir vorher so ausgemacht“, sagte Nina K., die bereits verurteilt wurde und sich in Strafhaft befindet, im Prozess. In einer Bauchtasche, die Timo S. dabei hatte, fand die Polizei außerdem ein Springmesser und einen Schlagring.

Der Beschuldigte soll zuvor schon zwei Mal mit seiner damaligen Freundin Lisa B. in der Tschechei gewesen sein und sich dort ebenfalls Metamphetamin – sowohl für den Eigenkonsum, als auch für den Weiterverkauf – besorgt haben.

Federführend sei sie gewesen, sagte Lisa B. Es war ihre Quelle, von der sie das Crystal Speed erhalten haben wollen. Sie war es auch, die die Droge anschließend in seiner Wohnung weiterverkauft haben will.

Lisa B., die deswegen bereits ebenfalls in Untersuchungshaft sitzt, und in der gestrigen Verhandlung als Zeugin aussagte, sorgte nach einer langen Befragung über Drogenmenge, Preise, Anteile und Wiederverkäufe schließlich mit einem Nebensatz für großes Erstaunen. Timo S. sagte aus, dass sie bei ihrer ersten Fahrt eine kleinere, bei der zweiten eine größere Menge Metamphetamin gekauft haben wollen. Lisa B. hingegen sagte: „Die größere Menge Metamphetamin haben wir auf der Fahrt im November geholt.“

Vorsorglich warf der Richter einen Blick in die Akten und fragte dann schon fast etwas vorsichtig: „Was für eine Fahrt im November?“ Angeklagt ist Timo S. wegen zwei Fahrten mit Lisa B. im Dezember und Januar, und einer mit Nina K im April.

Von einer weiteren Fahrt im November war bis zu diesem Moment keine Rede. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin eine Erweiterung der Anklage. Der Prozess geht deswegen weiter.