Zum Spielen gab es nur ein Sandeimerchen und einen Haufen Dreck

24.9.2018, 05:50 Uhr
Zum Spielen gab es nur ein Sandeimerchen und einen Haufen Dreck

© Foto: Marco Frömter

"Wir wollen das kulturelle Erbe der Stadt Roth aufrecht erhalten", sagte Bürgermeister Ralph Edelhäußer bei der Eröffnung der Bilderschau. Für ihn seien solche Zeitdokumente aus Roth ein besonderer Leckerbissen, den man auch der Öffentlichkeit nicht vorenthalten dürfe. Es sei besonders interessant, wie die Kinder damals spielten und mit welchen Spielzeugen.

Mit relativ einfachen Gegenständen vertrieben sich die Rother Kinder ihre wertvolle Zeit. Wertvoll deshalb, da es nicht selbstverständlich gewesen war, dass die kleinen Rother auch ausreichend Zeit für Spiele hatten. Nur die reichen Industriefamilien konnten sich längerfristige Schulbesuche leisten. Die Kinder aus normalen und ärmeren Familien mussten meist schon mit zwölf Jahren in der Fabrik arbeiten oder im Haushalt der Eltern helfen.

Auch bei den Spielzeugen selbst unterschied sich die Ausstattung immens. Während die "reichen Kinder" mit Soldatenfiguren aus plastischer Hartmasse – in der Regel hergestellt von heimischen Firmen wie Ley, Fröha oder Schlemmer – spielten, stand den "Normalsterblichen" nur ein Sandeimerchen und ein Haufen Dreck zur Verfügung. "Roth war eine Arbeiterstadt", so Edelhäußer. Folglich blieb auch nicht viel Zeit zum Spielen.

In die Gegenwart und Zukunft blickend lobte er die Kreisstadt: "Wir sind aber weit gekommen." Heute sehe die Spielzeuglandschaft völlig anders aus. Computer, Internet und "daheim bleiben" stünde nun im Vordergrund.

Die Bilderausstellung öffnete auch Schlosspfleger Karl Schnitzlein die Augen, dass "früher nicht alles besser war als heute." Die Vernissage sollte man seiner Ansicht nach tief reflektieren lassen. "Die Bilder sollen die Besucher darauf aufmerksam machen, wie die Kindheit in Roth einst ausgesehen hat", erklärte Stadtarchivar Guido Schmid. Dabei seien die Unterschiede der Industriebarone, der Bürgerschaft und der Arbeiterschicht sehr deutlich zu erkennen: "Es wurde völlig verschieden gespielt."

Darüber hinaus freue er sich über solche Dokumente, aus denen hervorgeht, wo die Rother früher Schlitten gefahren sind oder an welchen Orten damals gespielt wurde. "Wir wollten eine emotionale Ebene öffnen, das hat uns sehr motiviert." Schmid wünsche sich besonders, dass sich einige Rother durch die Ausstellung wieder an ihre Kindheit erinnern können. Für Schmid habe sich besonders im Bereich des Spielens über die Jahrhunderte hinweg sehr viel verändert: "Es gab kein Handy und kein Facebook, da hat sich ganz schön was getan."

Mit der Ausstellung "Kind, Kegel, Klapperstorch" wolle die Stadt Roth an die Gefühle der Besucher appellieren: "Schließlich waren wir alle einmal Kinder", so Schmid. Da die Herbstausstellung im letzten Jahr über das Thema Nationalsozialismus für sehr viel Gesprächsstoff sorgte, habe man sich nun für eine "etwas leichtere Kost" entschieden.

Die zahlreichen Bilder aus den privaten Fotoalben der Rother Familien Häußlein und Warnhofer sind bis zum 30. November im Museum Schloss Ratibor zu bestaunen.

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