Schikaniert die Bayreuther Ausländerbehörde Studenten?

17.6.2013, 07:00 Uhr
Schikaniert die Bayreuther Ausländerbehörde Studenten?

© Daniel Karmann, dpa

Bei ausländischen Studierenden ist die Wagnerstadt, die sich mit Blick auf die Festspiele sonst so weltoffen und international gibt, in Verruf geraten. Ausländische Akademiker, die dort studieren, raten Freunden ab, es ihnen gleich zutun. Seit etwa 20 Jahren ist die Ausländerbehörde in der Uni-Stadt dafür bekannt, jede Menge Fallstricke zu knüpfen, wenn es um Immatrikulationen, den Studienverlauf oder die spätere Beschäftigung ausländischer Akademiker geht. Der Ausländeranteil liegt an der Hochschule auch nur bei knapp acht statt wie im bundesweiten Durchschnitt bei zwölf Prozent.

Sachbearbeiter wurden laut

„Ich musste um jede einzelne Genehmigung kämpfen und die Sachbearbeiter wurden dabei oft sehr laut.“ Eine promovierte Akademikerin aus dem Iran beschreibt ihre Erfahrungen mit der Ausländerbehörde Bayreuth. Ihren Namen will sie nicht in der Zeitung lesen. Trotz unbefristeter Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung fürchtet sie Konsequenzen.

Weniger Glück hatte eine junge Chinesin, die einen Studienfachwechsel nicht meldete, weil es sich um ein ähnliches Fach handelte und ihr die Universität alle bislang abgelegten Leistungen anrechnete. Als die Beamten der Ausländerbehörde Bayreuth bei der Visaverlängerung das neue Studienfach bemerken, muss die Studentin ausreisen. Innerhalb von zehn Tagen, um in China eine neue Aufenthaltsgenehmigung für das neue Studienfach zu beantragen.

Professor Bernd Müller-Jacquier hat zahlreiche Fälle wie diese in den vergangenen 20 Jahren gesammelt. Der Dozent für interkulturelle Germanistik an der Uni Bayreuth hielt sie anfangs „für unglückliche Einzelfälle“, die sich aus der schlichten Tatsache ergaben, dass 90 Prozent seiner Studenten und Doktoranden aus dem Ausland kommen und mit der Ausländerbehörde zu tun hatten.

Doch die Probleme häuften sich, obwohl Müller-Jacquier und seine Kollegen vielfach versuchten, zu vermitteln und ausländische Studenten bei Behördengängen begleiteten. Auf Initiative der Uni wurde 2008 sogar ein runder Tisch einberufen. Vertreter der Stadt, der Ausländerbehörde und des universitätsinternen Internationalen Büros sollten schwierige Fälle gemeinsam klären. Das Gremium hatte nicht den gewünschten Erfolg.

Vor zwei Jahren hatte Müller- Jacquier die Nase voll. Einer ukrainischen Studentin war die Aufenthaltsgenehmigung auf genau einen Tag vor dem Abgabetermin ihrer Magisterarbeit befristet worden. „Also habe ich das getan, was ich am besten kann: Forschen“, sagt er. Dazu befragte er 80 Betroffene und interviewte unter anderem die Dienststellenleiter von 14 Auslandsbehörden in Uni-Städten von München bis Hamburg. Fazit: Ausländische Akademiker haben es andernorts leichter als in Bayreuth.

„Es hat sich herausgestellt, dass das destruktive Verhalten der Bayreuther Behörde System hat“, bringt es Müller-Jacquier auf den Punkt. Die Ergebnisse der Studie haben ihn geschockt, betont er. Die von den Studenten beschriebenen Probleme seien immer dieselben. Studienfachwechsel werden von der Behörde, ohne Rücksprache mit der Uni, abgelehnt. Die Folge: Studenten mussten ausreisen und sich im Heimatland ein neues Visum ausstellen lassen. Darüber hinaus unterstellten die Behörden den Ausländern zu lügen und Falschaussagen zu machen. „Sie werden dort richtiggehend kriminalisiert“, erläutert der Uni-Dozent.

Auf die lange Bank geschoben

Ebenso gängige Praxis der Bayreuther Behörde sei es, Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben, Ausweispapiere ohne Ersatz über eine längere Periode einzubehalten und den Ausländerbehörden in anderen Städten Kompetenzen abzusprechen. Wiederkehrend wird von den ausländischen Akademikern kritisiert, dass ein respektloser unhöflicher Umgangston die Regel sei.

In der Stadt ist das Problem bekannt. Christel Stein, vom „Bündnis Bunt statt braun“: „Es ist seit langem bekannt, was die Ausländerbehörde Bayreuth hier treibt.“ Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe Freie Wählerbeteiligung Bayreuther Gemeinschaft (BG) ist mit der Thematik bestens vertraut, stellt sich jedoch vor ihre Mitarbeiter. „Sie haben nur ihre Arbeit getan und die ihnen gesetzten Vorgaben erfüllt.“ Den einstimmigen Stadtratsbeschluss, der zu einer klaren Maßgabe für die Ausländerbehörde Bayreuth führt, begrüßt sie. Das Ausländeramt solle ab sofort seinen Ermessensspielraum so weit als möglich zugunsten der Bürger aus dem Ausland ausschöpfen sowie service- und kundenorientiert handeln.

Auch die Verwaltungsvereinbarung, die vor wenigen Wochen zwischen Stadt und Uni geschlossen wurde, und jahrelang immer wieder vertagt worden war, hält Merk-Erbe „für eine wegweisende Maßnahme“. Einmal pro Woche für zwei Stunden kommt nun ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde auf den Campus, um ausländische Studenten zu beraten. Eine Praxis, wie sie an anderen Hochschulen längst üblich ist.

OB Merk-Erbe hat die Studie an die Behörden weitergegeben und bereits Stellungnahmen erhalten. Über die Ergebnisse schweigt sie sich aus, macht aber deutlich, dass sie Professor Bernd Müller-Jacquier widersprechen. In einer Pressekonferenz will Merk-Erbe bald mehr sagen.

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