37 Wendelsteiner besuchten Partnerort Zukowo in Polen

14.5.2015, 08:15 Uhr
37 Wendelsteiner besuchten Partnerort Zukowo in Polen

© Gunther Hess

Zukowo ist eine aufstrebende Gemeinde im Umkreis von Danzig und zählt mittlerweile 32-000 Einwohner auf 16.000 Hektar Fläche. Der Bevölkerungszuwachs in den vergangenen zehn Jahren ist enorm gewesen; fast 1000 Personen pro Jahr.

Der Ort ist hervorgegangen aus einem Kloster. Dieses Kloster wurde vor gut 800 Jahren erstmals urkundlich erwähnt; das Ortsjubiläum wurde 2012 gefeiert.

Das Ortszentrum besteht aus Kreisverkehr, Rathaus, einer Grünanlage und der großen Tankstelle. An dem Kreisverkehr vor dem Rathaus und am anderen Kreisel, 300 Meter weiter, ist oft Stau, denn auch der Verkehr hat zugenommen in dem Ort am östlichen Rand der kaschubischen Schweiz. Geplant ist eine Umgehung.

Die Wirtschaft in dem 38-Millionen-Einwohner-Land Polen wächst, und mit ihr auch die Infrastruktur. So wurde im Zuge der Fußball-EM im Juli 2012 die Autobahn bis Stettin gebaut. Zukowo selbst ist allerdings nicht an das Autobahnnetz angebunden.

Von der Dreistadt ins Grüne

Reihenhäuser, die bei uns die Siedlungen dominieren, gibt es in Zukowo kaum, dort bestimmen freistehende Einfamilienhäuser das Bild. Das Baurecht ist eher lax, gebaut wird, wo Platz ist. Entsprechend abenteuerlich sind oft die Zufahrten zu den Häusern. Der Ort ist stark zersiedelt. Der Trend geht zum „Wohnen im Grünen“, die Leute ziehen vornehmlich aus der nur rund 20 Kilometer entfernten Dreistadt Danzig/Sopot/Gdingen an der Danziger Bucht nach Zukowo.

Die Siedlungsdruck ist enorm. Bauen in Zukowo ist vergleichsweise günstig. Der Quadratmeter Grund kostet zwischen 25 und 50 Euro. Die Einfamilienhäuser stehen meist auf rund 1000 Quadratmeter Fläche. Sie sind gut gepflegt und bestens in Schuss.

Zukowo liegt in Pommern und auch in der Kaschubei. Die Kaschuben habe eine eigene Sprache und eigene Sitten und Gebräuche. Bekannt ist die Gegend für kunstvolle Stickereien.

Im Stadtrat sitzen 21 Rätinnen und Räte, das Budget der Gemeinde hat – dem Bevölkerungswachstum entsprechend – zugenommen auf 32 Millionen Euro. Die größte kommunale Investition derzeit ist der Neubau des Feuerwehrhauses. Der Rohbau steht hinter der Tankstelle.

Einkaufszentren und Läden

Es gibt in den Städten Einkaufszentren mit Real, Lidl, Rossmann, McDonalds, Kentucky Fried Chicken, Ikea, Intermarche, Auchan, Carrefour. Und natürlich sind in den polnischen Städten alle großen Automarken vertreten. In Zukowo hingegen gibt es noch mehrere kleine Läden und Geschäfte. An den Sozialismus erinnert in ganz Polen beinahe nichts mehr. Ausnahmen sind einige Plattenbauten und die teilweise riesigen Felder.

Die Reise hatte auf Wendelsteiner Seite Bürgermeisteramtsleiter Norbert Wieser organisiert, in Zukowo war sein Pendant Magdalena Markiewicz, die die Wendelsteiner Gruppe beinahe immer begleitete.

Die Sprache, bei der vier oder auch einmal sechs Mitlaute in Folge stehen können, bildete zwar eine gewisse Hürde, die jedoch durch die Hilfe von Übersetzern locker genommen werden konnte. Magda Markiewicz spricht fließend Englisch. Sie ist in der Gemeindeverwaltung von Zukowo beschäftigt. Allerdings wird sie den Ort verlassen, denn sie ist nach Danzig umgezogen. Ihre Nachfolgerin wurde den Wendelsteinern bereits vorgestellt: Sylwia Laskowska-Bobula, die ebenfalls Englisch spricht. Die Führungen in Sopot und Danzig hielt auf Deutsch Magdalena Latowska.

Große Hilfe: Adam Pasternak

Eine große Hilfe für die Reisegruppe war auch der  Wendelsteiner Rentner Adam Pasternak, ein gebürtiger Pole, der immer wieder beim Übersetzen half. Als Übersetzerin fungierte auch Ania Warmowska, Deutschlehrerin in Zukowo.

Teil der Wendelsteiner Reisegruppe war ebenfalls Altbürgermeister Wolfgang Kelsch mit Ehefrau Grit. Wolfgang Kelsch hatte die Partnerschaft vor 15 Jahren mitbegründet. Die Anfänge liegen jedoch etwas weiter zurück und haben ebenfalls mit Wolfgang Kelsch zu tun. Der wurde nämlich in Danzig geboren. Als der Bezirk Mittelfranken damals die triregionale Partnerschaft Limousin/Mittelfranken/Pommern einzufädeln begann, machte er sich stark für eine trikommunale Partnerschaft.

Am 1. Mai 2000 reiste er nach Saint-Junien und wurde sich dort mit Bürgermeister Roland Masiun einig. Ein Jahr später, im Jahr 2001, verständigten sich Masuins Nachfolger Pierre Allard und Wolfgang Kelsch mit Bogdan Lapa, der damals Bürgermeister von Zukowo war, auf die trikommunale Partnerschaft Zukowo/Wendelstein/Saint-Junien.

Pierre Allard ist in Saint-Junien immer noch Bürgermeister, in der polnischen Partnerstadt ist Wojciech Kankowski mittlerweile der vierte Bürgermeister seit Beginn der Partnerschaft, in Wendelstein folgte Werner Langhans auf Wolfgang Kelsch. Damals, zu Beginn der trikommunalen Partnerschaft, zählte Zukowo übrigens lediglich 22 000 Einwohner.

Zum neunten Mal in Zukowo

Die Partnerschaftsreise begleitete auch Reinhard Hell, der pensionierte Schulleiter der Wendelsteiner Grundschule, mit seiner Gattin. Er kennt Zukowo wie seine Westentasche und pflegte und intensivierte alte Kontakte. Hell war nun zum neunten Mal in Zukowo und hat die Anfänge der Partnerschaft miterlebt und mitbegleitet. Er war verantwortlich, als im November 2001 eine Lehrergruppe aus Wendelsteiner Schulen die Schulen der Partnergemeinde Zukowo besuchte und im Jahr darauf der Besuch aus Pommern nach Wendelstein kam. Es folgten Besuche von Wendelsteiner Kindern und Elternteilen in Zukowo – immer begleitet von Reinhard Hell – sowie Gegenbesuche. Auch diesmal führte ihn sein Weg in die Schule, wo er Kontakte zur neuen Schulleiterin knüpfte. Hell ist zwar im Ruhestand, doch die Partnerschaft zu Zukowo ist ihm nach wie vor ein Herzensanliegen.

Einladung der Handballer

Auch die Wendelsteiner Handballer haben auf der Bürgerreise Kontakte geknüpft. Uwe Mehl und Klaus Winderl haben Sportler aus Zukowo eingeladen, am Handball-Turnier des TSV Wendelstein im Juli 2015 teilzunehmen.

Die Idee dahinter: Eine Jugend-Handball-Mannschaft plus Betreuer soll nach Wendelstein kommen und in dieser Zeit am Rasen-Turnier teilnehmen. Wendelstein sorgt dabei für Unterkunft und Verpflegung und ein Rahmenprogramm, Zukowo soll die Reisekosten tragen. An den Finanzen soll es also nicht scheitern. Die Frage ist nur noch: Wer kommt?

Das Besichtigungsprogramm der Bürgerreise war ausgesprochen reichhaltig. Nach einem Empfang im Rathaus vom Zukowo erkundeten die Reiseteilnehmer die Ortsmitte zu Fuß. Hier galt die Aufmerksamkeit besonders der Kirche, die auf ein Prämonstratenserinnen-Kloster zurückgeht. Die Schwestern, auch Norbertinerschwestern oder Norbertinerinnen genannt, begründeten die Stickerei-Tradition in dem Ort, der damals Zuckau hieß, die noch heute in Trachten und Deckchen fortlebt.

Besichtigt wurde auch die Kathedrale von Oliwa, die auf Zisterzienser-Kloster zurückgeht, und der Park dahinter. Dieser Park ist zweigeteilt, in einen „englischen Park“, der einigermaßen naturnah wirkt, und in einen Barock-Garten mit regelmäßigen Formen.

Ein Ausflug führte nach Sopot (Zoppot). Sopot ist ein Bade- und Kurort an der Danziger Bucht und Teil der Dreistadt Danzig/Sopot/Gdingen. Die Innenstadt wirkt mondän. Besondere Attraktionen sind ein völlig unregelmäßiges Haus in der Fußgängerzone und ein Balanceur, der auf einen Seil eine Nebenstraße überquert. 1823 gründete der elsässische Arzt Johann Georg Haffner den ersten Strandbadbetrieb mit Kursanatorium. Ihm ist zu verdanken, dass Sopot ein Kurbad ist.

Der Hauptanziehungspunkt in Sopot dürfte die knapp über 500 Meter lange Mole sein. Dieser Seesteg führt ins Meer und dient heute einerseits als Schutz für das daneben liegende Hafenbecken, zum anderen als Anlegestelle für ein historisches Restaurant-Segelschiff.

Denkmal auf Westerplatte

Ein weiterer Besichtigungspunkt war die Westerplatte, eine Halbinsel an der Ostseeküste, ebenfalls bei Danzig. Vor dem Zweiten Weltkrieg baute Polen ein Munitionslager auf der Westerplatte aus und verstärkte die Militär-Stellung. Am 1. September 1939 begann der Angriff der Deutschen auf die polnischen Stellungen — und damit der Zweite Weltkrieg.

Die Verteidigung der Westerplatte kostete auf polnischer Seite 15 Menschenleben auf deutscher Seite wohl bis zu 50. Die Westerplatte wurde nach dem Krieg zum Symbol des Widerstandes gegen Deutschland stilisiert. Ein mächtiges Denkmal auf einem Hügel zeugt davon.

Die Großstadt Danzig mit ihren 460 000 Einwohnern war ein weiteres Zielpunkt. Die Gegend ist bekannt für das Vorkommen von Bernstein, der, meist in Form von Schmuck, überall angeboten wird. Die ehemals reiche Hansestadt wurde im zweiten Weltkrieg zu 90 Prozent zerstört. In der Altstadt dominieren heute Häuser mit hohen Giebeln.

Größte Backsteinkirche

Ein Hingucker ist der Neptunbrunnen in der Fußgängerzone. Beachtlich erscheint auch die Marienkirche mit ihrem stumpfen Turm. Sie ist 105,5 Meter lang und 66 Meter breit, zählt zu den größten Gotteshäusern überhaupt und ist die größte Backsteinkirche nördlich der Alpen.

Durch die kaschubische Schweiz fuhren die Wendelsteiner nach Szymbark ins „Zentrum für Bildung und Förderung der Region“. Dies ist ein Park, in dem zum Beispiel ein auf dem Kopf stehendes Haus aufgebaut ist. Man kann in dieses Haus hineingehen, doch richtig wohl fühlt man sich nicht darin. Weitere Attraktionen sind eine Kapelle aus Holz sowie Holzhäuser aus Kanada und Sibirien, ein Bunker und eine Eisenbahn, mit der früher Gefangene deportiert wurden. Ein Höhepunkt des Parks ist das mit 36,83 Meter längste Brett der Welt aus einer Douglasie.

Ein Besuch galt einem stählernen Aussichtsturm bei Szymbark, von dem aus man einen weiten Blick über die kaschubische Schweiz hatte.

In der Stadt Kartuzy (Karthaus) wurde die alte Klosterkirche „Marienparadies“ aus dem 14. Jahrhundert mit dem sargdeckelförmigen Kupferdach besichtigt.

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