400 Jahre Spitzengeschichte auf Burg Abenberg

3.3.2015, 09:25 Uhr
400 Jahre Spitzengeschichte auf Burg Abenberg

© F.: Unterburger

In seiner Jahresausstellung zeigt das Klöppelmuseum Abenberg kunstvoll geklöppelte Spitzen mit figürlichen Motiven und Tierdarstellungen in den unterschiedlichsten Variationen aus 400 Jahren.

„Das Interesse an der Spitzenkunst wächst immer mehr“, freute sich Kerstin Bienert und wies darauf hin, dass das Klöppelmuseum mittlerweile 3000 Exponate besitze. „Franz Kornbacher und Joseph Heiling haben die Sammlung aufgebaut“, würdigte die Museumsleiterin, „nun ist es die Aufgabe der nächsten Generation, diese Sammlung zu bewahren und zu erweitern“. Das Klöppelmuseum Abenberg habe inzwischen eine überregionale Bedeutung erlangt.

In ihren Grußworten würdigten Bezirksrat Robert Gattenlöhner, die stellvertretende Landrätin Dr. Hannedore Nowotny und Abenbergs 2. Bürgermeister Hans Zeiner, dass durch die Klöppelschule Abenberg die alte Handwerkskunst des Klöppelns bis heute erhalten werde.

Anschließend lud Museumsleiterin Kerstin Bienert zu einem gedanklichen Rundgang durch die Sonderausstellung ein. Sie wies darauf hin, dass die Exponate in acht Glasvitrinen und 40 Schubläden ausgestellt sind. „Die Bandbreite der gezeigten Werke und Themen ist sehr groß“, sagte Bienert, „die Zeitspanne deckt 400 Jahre Spitzengeschichte ab, so sind Werke von 1615 bis 2015 zu bewundern“. Somit könne die Ausstellung unter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten angeschaut werden.

„Die Ausstellung ist interessant für diejenigen, die sich für die historische Entwicklung der Spitzenkunst interessieren, aber auch für die, die sich speziell für die verschiedenen Techniken interessieren.“ Insgesamt würden 20 verschiedene Spitzenarten gezeigt: „Ausgehend von Brüsseler Spitze über Mailänder Spitze, Honiton, bis hin zu Pariser Spitze und Duchesse machen wir auch eine Reise quer durch Europa und die Zentren der Spitzenherstellung.“ Daneben lohne sich der Besuch der Ausstellung auch für jene, die Vogelarten bestimmen, die gerne Tiere entdecken oder sich für spezielle Jagd- und Tanzszenen interessieren.

Aus Privatbesitz

Kerstin Bienert berichtete, dass die Spitzen für die Ausstellung aus einer Privatsammlung zur Verfügung gestellt worden seien. „Hier zeigt sich einmal mehr die gute Vernetzung unserer Museen“, freute sich die Museumsleiterin, „ohne all diese Idealisten, die sich hier zum großen Teil ehrenamtlich engagieren, könnten wir derartige Ausstellungen nicht stemmen.“

Speziell für Sonderausstellungen im Klöppelmuseum seien Kreativität und außergewöhnliche Unterstützung erforderlich. „Von Anfang an gibt es diese Unterstützung aus den Reihen des deutschen Klöppelverbandes und des Forums Alte Spitze“, freute sich Bienert, „wir zeigen einzigartige Spitzen aus der Privatsammlung von Marianne Stang und Anneliese Wienands.“

Figuren seien bereits sehr früh auf Spitzen abgebildet worden, blickte Kerstin Bienert kurz in die Historie. Während im 16. Jahrhundert streng geometrische Formen und Ornamente dominierten, tauchten im 17. und frühen 18. Jahrhundert verstärkt eigenständige Bildmotive in der Klöppelspitze auf. Gerade in dieser Anfangszeit fänden sich immer wieder auch biblische Szenen in Spitze dargestellt. So sei Brüsseler Spitze mit der Darstellung der Kundschafter im gelobten Land ausgestellt.

Jagdszenen, allegorische Tierdarstellungen und Wappentiere bestimmten die Bildthemen weltlicher Auftragsgeber. Weiter zu sehen sind Fächerblätter mit Chantillyspitze aus schwarzer Seide. Sie zieren kleine, nackte Figuren. Hier tummeln sich Putti in Booten beim Angeln, sie erklimmen eine Leiter am Baum oder schweben zwischen Blumenranken, aber auch Pfaue und Adler werden umgesetzt.

Ein weiterer Schwerpunkt beschäftigt sich mit dem Thema „In der Luft und im Wasser“. Hier gibt es viel zu entdecken: Vögel, Schmetterlinge, Insekten, Schwäne und Enten. Ausgestellt ist auch eine Tischgarnitur aus dem Haus der Sektkellerei Henkel.

„Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach und Belgien von deutschen Truppen besetzt wurde, konfiszierten die Deutschen das für Spitzenmacherinnen so kostbare Leinengarn“, bedauerte Kerstin Bienert. „Rund 40 000 belgische Klöpplerinnen verloren auf diese Weise ihren Lebensunterhalt.“ Die internationale Hilfe sei groß gewesen. Viele Spitzen seien den Unterstützern aus Dankbarkeit geschenkt worden. Daher fänden sich auf den Spitzen Tiermotive, die symbolisch für die jeweiligen Länder stehen: das Einhorn für Großbritannien, der Bär für Russland, der Adler für Amerika, der Löwe für Belgien und der Hahn für Frankreich.

Abschließend wies Kerstin Bienert auf die Abteilung „Auf dem Weg in die Moderne“ hin. 1903 sei die „Wiener Werkstätte“ nach dem Vorbild der britischen Arts-and-Crafts-Bewegung gegründet worden. „Ganz im Geist der Jahrhundertwende setzten sich die Gründer für die Erneuerung des Kunstbegriffes im Bereich des Kunstgewerbes ein“, so Kerstin Bienert. „Die Wiener Werkstätte hatte eine klare Zielsetzung: die gesamten Lebensbereiche des Menschen gestalterisch im Sinne eines Gesamtkunstwerks zu vereinen.“ Kunst und Leben müssten eine Einheit bilden, Gebrauchsgegenstände seien in schöne Form zu bringen und zwischen hoher Kunst und Kunsthandwerk sei nicht zu unterscheiden.

Die Sonderausstellung „Mensch und Tier — in Spitze eine Zier“ ist bis 20. Dezember zu sehen.

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