Abschlusslesung mit Tanja Kinkel auf Burg Abenberg

4.6.2017, 08:56 Uhr
Abschlusslesung mit Tanja Kinkel auf Burg Abenberg

© Unterburger

Bäuerlein erinnerte an die Auftaktlesung mit der Schriftstellerin Anfang Mai. Auch bei einer "Zwischenlesung" in der Bücherei seien Zuhörerinnen und Zuhörer im Alter von sieben bis 80 Jahren da gewesen und hätten der Autorin hochinteressante Fragen gestellt. In rund einem Jahr werde es ein Buch geben, in dem Tanja Kinkel über ihre Erfahrungen in Abenberg als Turmschreiberin berichtet.

Tanja Kinkel dankte den Zuhörern fürs Kommen und für die Gastfreundschaft der Abenberger. Namentlich dankte sie Bürgermeister Werner Bäuerlein, Franz Kornbacher, Schwester Valentia vom Kloster Marienburg, Billy Wechsler, Hans und Irmgard Kuhn sowie der Künstlerin Sabine Weigand.

RAF-Roman vorgestellt

Im ersten Teil der Abschlusslesung stellte Kinkel ihren RAF-Roman "Schlaf der Vernunft" vor, der im Februar dieses Jahres als Taschenbuchausgabe erschien. "Es war mein Versuch, mich mit dem so genannten deutschen Herbst und dem Terror der Rote-Armee-Fraktion auseinanderzusetzen", so Kinkel.

Der Roman beginnt im Jahre 1998. Nach fast zwei Jahrzehnten ohne Kontakt fällt es Angelika Limacher schwer, sich nach der Begnadigung ihrer Mutter Martina auf sie einzulassen. Zu sehr lastet die Vergangenheit auf ihrer Seele. Angefangen mit dem plötzlichen Verlust ihrer Mutter, als diese sich entschloss, in den terroristischen Untergrund zu gehen — bis hin zum Kontaktabbruch, als Martina im Gefängnis sitzend von heute auf morgen ihre Tochter nie wiedersehen wollte.

Brennende Fragen beschäftigen Angelika. Wie konnte ihre liebevolle Mutter nur zu einer kaltblütigen Terroristin werden? Kann sie ihre Mutter Martina wieder gefahrlos in den Kreis ihrer Familie aufnehmen? Aber auch das Leid der Opfer verjährt nie, und so suchen auch die Söhne von Martinas Opfern nach Antworten auf Fragen, wie: Warum mussten ausgerechnet ihre Väter sterben? Wer hat damals wirklich geschossen?

"Eine goldene Auskunftsquelle"

Tanja Kinkel berichtete, dass der damalige Minister Klaus Kinkel, mit dem sie weder verwandt noch verschwägert ist, für sie "eine goldene Auskunftsquelle" war. Er habe ihr die Gesprächsprotokolle mit der Terroristin Brigitte Mohnhaupt zur Verfügung gestellt.

Die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg beim Besuch des Schahs von Persien in Berlin 1967 sei "die Initialzündung" für den Terror der RAF gewesen, stellte die Turmschreiberin fest. "Die Radikalisierung war ein längerer Prozess, der sich langsam steigerte", sagte sie. Der Tod des Terroristen Holger Meins sei der Grund für manche gewesen, vom Sympathisanten zum Täter zu werden.

Sie habe eineinhalb Jahre für diesen Roman recherchiert, berichtete Tanja Kinkel. "Mir ging es vor allem um die Frage: Wie radikalisiert sich ein Mensch? Das war einer der Gründe, warum ich den Roman geschrieben habe."

Erst Turm, dann Kloster

Interessant wurde es aus lokaler Sicht, als ein Zuhörer die Turmschreiberin fragte, wie sie ihren vierwöchigen Aufenthalt in Abenberg empfand. "Das Wohnen im Schottenturm war schön, aber ich habe nur die eine Hälfte der Zeit im Turm gewohnt, die andere Hälfte war ich im Kloster Marienburg untergebracht", erzählte Tanja Kinkel. "Vom Schottenturm aus bot sich mir ein fantastischer Blick ins Land", schwärmte sie, "vom Kloster aus hatte ich einen tollen Blick auf die Abenberger Burg".

"Im Schottenturm hatte ich eine Dauerbegrüßung durch die Vögel, das hatte Charme", so Kinkel weiter. Die Vorstellung, in einem Turm zu wohnen, sei ein Kindheitstraum von ihr gewesen, der sich nun erfüllt habe.

Im Kloster war Kinkel in der so genannten Ganztages-Betreuungsstelle untergebracht. Sie genoss dort eine "wunderbare Ruhe". Natürlich werde sie auch, wie ihre vier Turmschreiber-Vorgänger, ihre Erlebnisse und Eindrücke in einem Buch zusammenfassen. Ihr schwebe vor, einen Band mit Kurzgeschichten zu schreiben, der eventuell "Stimmen aus Abenberg" heißen soll.

Am Ende der Abschluss-Lesung bedankte sich Irene Heckel aus Georgensgmünd mit einem Lorbeer-Kranz, den sie der Turmschreiberin verlieh. Der Lorbeer- oder Siegerkranz gilt als Symbol für eine besondere Ehre oder Auszeichnung, insbesondere für einen Sieg oder einen besonderen Erfolg. "Ehre, wem Ehre gebührt!", schrieb schon Paulus im Römerbrief ...

 

Keine Kommentare