AKG-Oberstufe stimmte im Blauen Theater nachdenklich

9.4.2014, 08:22 Uhr
AKG-Oberstufe stimmte im Blauen Theater nachdenklich

© Johannes Möhler

Ein Bettler kriecht über die Bühne. Reiche Bürger, die vor Arroganz strotzen, stolzieren vorbei. Ein Gaukler führt seine Kunststücke vor. Prostituierte verkaufen sich für ein Stück Brot. Eine angebliche Feindin der Revolution wird aufs Schafott geführt.

Das Volk jubelt, ist begeistert, die Stimmung kocht.

Die Zuschauer der aktuellen Produktion des Oberstufentheaters des AKG werden ins Paris der Französischen Revolution entführt. Der Revolutionär Marat, zur Linderung seiner Krankheit in der Badewanne sitzend, schreibt Pamphlete und prangert die Zustände an.

Doch seine Gegnerin Corday hat sich bereits auf den Weg gemacht, ihn zu ermorden.

Den Reiz des Stückes macht vor allem dessen Anlage aus: Insassen einer Heilanstalt versuchen, Marats Ende auf die Bühne zu bringen. Menschen, die selbst nicht frei sind, spielen für Freiheit kämpfende Revolutionäre. Da geraten die Ebenen zwischen dem Geschehen auf der Bühne und dem in der Heilanstalt schnell durcheinander.

Und so kämpfen die Insassen nicht nur für Marats Freiheit, sondern auch für ihre eigene.

Diese Herausforderung – nicht nur eine Figur zu verkörpern, sondern eine Figur, die ihrerseits wiederum eine Rolle spielt – meistern die Schauspieler mit Bravour. Äußerst präzise, mit enormer körperlicher Präsenz und viel Spielfreude gelingt es ihnen glaubhaft, sowohl den Patienten der Anstalt als auch den Figuren des Stücks im Stück Leben einzuhauchen.

Rhyhtmus gefunden

Fast alle Schüler sind ununterbrochen auf der Bühne und bestechen dabei durch absolute Konzentration. Unter der Leitung von Henning Krüger und Johannes Möhler haben sie einen Rhythmus gefunden, der zwischen Anstalt und dem revolutionären Paris ebenso wechselt wie zwischen turbulenten, lauten, fast schon chaotischen und ruhigen, nachdenklichen Szenen.

Dabei tauchen immer wieder zwei zentrale Fragen auf: Wie weit darf eine Revolution gehen? Und: Kämpfen die Menschen wirklich für Ideale wie Freiheit oder gehen sie nur auf die Straße, wenn sie nichts zu essen haben?

Die Antwort, die die Schauspieler geben, wirft kein allzu gutes Licht auf die Menschen. Am Schluss ergreift die Anstaltsleiterin Coulmier das Zepter. Ihre Argumente – ein sicheres Dach über dem Kopf und immer etwas zu essen – siegen über den Ruf nach Freiheit.

Nachdenklich, aber auch sichtlich angetan von einer hoch konzentrierten, stimmigen und geschlossenen Ensembleleistung verließen die Zuschauer das restlos ausverkaufte Blaue Theater.

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