Areal Alte Rother Straße: Wohnungen oder Gewerbe?

5.4.2018, 10:00 Uhr
Areal Alte Rother Straße: Wohnungen oder Gewerbe?

© Foto: Thomas Correll

Es geht um das Areal zwischen Bahnlinie, Rother Straße und Alter Rother Straße, in unmittelbarer Nachbarschaft des Tevi-Elektronikmarkts. In einer Stadtratssitzung wurden vor knapp zwei Wochen nach heftiger Diskussion die vorliegenden Dehner-Pläne mit einer recht knappen Mehrheit abgelehnt.

Vonseiten der Stadt gibt es derzeit noch nichts Neues zum weiteren Verfahren. Mit der Firma Dehner gab es noch keine Gespräche, so Stadtsprecher Jürgen Ramspeck. Im Lauf der nächsten Woche werde man mehr wissen. Stand jetzt gilt weiterhin der sogenannte vorhabenbezogene Bebauungsplan, den der Stadtrat ursprünglich beschlossen hat. Und der sieht einen "Garten- und Zoofachmarkt" vor.

Dringender Bedarf

Die Schwabacher Grünen wollen das ändern. Der Stadtrat müsse dafür "einen Bebauungsplan für einen Gartenmarkt ablehnen und zugleich den Flächennutzungsplan ändern", erklärt Karin Holluba-Rau. Was den Grünen vorschwebt, ist eine Mischung aus Wohnraum, Kleingewerbe und Handwerk. Dieser Bedarf sei wesentlich dringender als der nach einem weiteren Gartenfachmarkt.

Man könne die Lärmprobleme des Areals lösen, so die Grünen in einer Pressemitteilung: Mit Schallschutzfenstern und mehrstöckigen Häusern für Gewerbe und Handwerk an den Gleisen, die den Bahnlärm abmildern sollen. Die Lage sei für Wohnraum "auf den ersten Blick vielleicht nicht ideal", die günstige Verkehrsanbindung zu Bahnhof und Autobahn, fußläufig erreichbare Einkaufsmöglichkeiten, auch die Nähe zu Kindergarten und Parkbad sprächen aber für eine geteilte Nutzung mit Wohnen und Arbeiten. Es komme jetzt darauf an, mit dem Eigentümer und potenziellen Investoren seitens der Stadt eine geänderte Nutzung zu diskutieren und in die Wege zu leiten, so die Grünen.

Das sieht die CSU-Fraktion völlig anders. Vorsitzender Detlef Paul betont: "Gewerbliche Nutzung halten wir nach wie vor für das einzig Sinnvolle." Das Areal sei eine Enklave – zwischen Bahn, Tevi-Markt und anderem Gewerbe an der Alten Rother Straße.

Kein vernünftiges Wohnumfeld, findet Paul: "Ich könnte mir nicht vorstellen, meine Kinder dort spielen zu lassen." Ob nun ein Dehner-Markt oder etwas anderes, darüber könne man reden, aber gewerbliche Nutzung müsse sein. Einer Änderung des Flächennutzungsplans werde seine Fraktion nicht zustimmen.

Paul stößt besonders der geforderte soziale Wohnungsbau sauer auf. "Zu sagen: Na ja, die Fläche ist gut genug für Bedürftige, das hat einen faden Beigeschmack." Ohnehin würden sich zunächst Juristen mit dem Areal beschäftigen. Die Firma Dehner habe schließlich bereits viel Geld investiert. "Ich weiß aber nicht, ob da etwas einklagbar ist", so Paul.

"Das ist schlicht falsch"

Schwabachs SPD-Chef Peter Reiß bestreitet das: "Es gibt keinen juristischen Anspruch. Ich bin ja Jurist! Das ist schlicht falsch." Auch sozialer Wohnungsbau verträgt sich für Reiß durchaus mit der Lage des Areals. Zumal in Bayern geförderte Wohnungen nicht auf die niedrigsten Einkommen beschränkt seien, sondern "50 bis 60 Prozent der Bevölkerung erreichen". "Der Bedarf ist sehr hoch für bezahlbaren Wohnraum", sagt Reiß. Und ein einstöckiger Gartenbaumarkt "frisst Fläche".

Die Freien Wähler sehen das genauso. Bruno Humpenöder stimmte im Stadtrat gegen die Dehner-Pläne und betont: "Wohnbau wäre wünschenswert." Mit den heutigen Möglichkeiten des Lärmschutzes hält er das auch für machbar.

Humpenöder ist am Schwabacher Obi-Markt beteiligt, weshalb er mit seiner Abstimmung gegen Dehner, einem möglichen Konkurrenten, besonders im Fokus steht. Für Humpenöder kein Problem: "Es ist kein Geheimnis, dass ich Gesellschafter bei Obi bin. Alle Stadtratsmitglieder haben Berufe, die hier und da in den politischen Entscheidungen eine Rolle spielen." Es ändere nichts daran, dass Schwabach mit Hornbach und Obi bereits gut versorgt sei. Was man mit Dehner an Gewerbesteuer einnehmen würde, so Humpenöder, fiele dann bei den anderen beiden Märkten weg.

Axel Rötschke (FDP) hatte schon im Stadtrat versucht, die Wogen mit einem Kompromissvorschlag zu glätten. Man könne prüfen, ob ein mehrstöckiges Gebäude mit gewerblicher Nutzung im Erdgeschoss und einem Kindergarten oder auch Wohnungen in oberen Stockwerken möglich sei. Sein entsprechender Antrag war im Stadtrat jedoch abgelehnt worden.

Falsches Signal

Eine Änderung des Flächennutzungsplans kommt für Rötschke nicht in Frage: "Das ist ein Industriegebiet." Eine primär gewerbliche Nutzung sei das einzig Sinnvolle. Rötscke ist nun gespannt, wie Oberbürgermeister Matthias Thürauf reagiert. Man wolle ja "Premium-Unternehmen" nach Schwabach locken, die viele Arbeitsplätze schaffen. Da sei Verlässlichkeit wichtig und eine Absage an Dehner das falsche Signal.

Nicht nur die Politik, auch die Schwabacher Bürger diskutieren über das Thema. So haben uns zwei Leserbriefe erreicht, die in eine ähnliche Richtung gehen. Ingeborg Kadler aus Katzwang schreibt: "Ich halte es für wirklich unklug, in Schwabach (...) einen dritten Gartenfachmarkt zuzulassen." Schwabach brauche keinen Dehner, "sondern Wohnungen". So sieht es auch Hartmut Renz aus Schwabach. Der Stadtrat habe einen "sinnvollen Stopp" ausgesprochen. Ein "kluges Konzept zur Bebauung" sei notwendig. "Flächennutzungspläne sind nicht in Stein gemeißelt".

Die Reaktionen auf der Facebook-Seite des Tagblatts zum Thema sind geteilt. Während einige Kommentatoren ebenfalls Wohnungen fordern, sehen andere das Areal als dafür unpassend an und könnten sich mit Dehner durchaus anfreunden. Für die Nutzung gibt es außerdem einige kreative – und zum Teil nicht ganz ernst gemeinte – Ideen: Einen Kentucky Fried Chicken etwa, das lang ersehnte neue Hallenbad, ein Mini-Einkaufszentrum, ein Indoor-Spielplatz oder eine Justizvollzugsanstalt.

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