Challenge Roth: Angriff auf die Weltbestzeit

6.7.2017, 16:10 Uhr
Challenge Roth: Angriff auf die Weltbestzeit

Beginnen wir bei den Männern. Anders als im Vorjahr, als Jan Frodeno als einsamer Solist zur Weltbestzeit gestürmt ist, kommt diesmal ein halbes Dutzend Profis für den Sieg in Frage. Die niedrigsten Quoten für einen Wetteinsatz würde es wohl für einen Tipp auf Nils Frommhold und Timo Bracht geben. Denn beide haben schon einmal gezeigt, dass sie in Roth gewinnen können.

Frommhold hat ein gutes erstes halbes Jahr hinter sich, er ist in allen drei Disziplinen ungefähr gleich stark, und seit seinem Sieg in Südafrika "weiß ich, dass ich nicht unbedingt als Erster vom Rad steigen muss, um am Ende zu gewinnen". Will heißen: Läuferisch hat der Wahl-Freiburger, der bei seinen bisherigen Roth-Starts die Plätze eins, zwei und drei belegt hat, noch zugelegt. Insofern fühlt er sich stark genug fürs Rennen: "Das Ziel ist das Treppchen, der Traum ist der Sieg." Mindestens ein weiterer Teilnehmer im Feld der gut 3400 Einzelstarter und 1950 Staffelteilnehmer aus 71 Nationen würde ihm den Triumph gönnen: Nils Frommholds Bruder Sven, ein Polizist, ist ebenfalls am Start.

Auf den Sieg spekuliert aber nicht nur Nils Frommhold, auf den Sieg spekulieren auch andere. Zum Beispiel Timo Bracht. Der 41-Jährige will sich bei seinem letzten Langdistanzrennen als Profi mit einem Paukenschlag verabschieden.

Fokus auf Roth

Anders als Frommhold hat er in diesem Jahr kaum Ergebnisse in anderen Rennen vorzuweisen. Was ihn aber nicht stört. Seit November hat er sich konzentriert auf sein persönliches Finale vorbereitet. Auch da will er wieder den Wettkampf "mit Köpfchen" angehen, was in seiner rund 20-jährigen Profi-Karriere nicht immer das schlechteste Rezept war. "Ich bin bereit und kann im richtigen Moment zuschlagen." Ob der richtige Moment beim abschließenden Marathon sein wird, darf vermutet werden. Bracht weiß: "Bei den angekündigten heißen Temperaturen wird das ein ganz schönes Gemetzel geben."

Das veranstaltende Team Challenge hat Nils Frommhold und Timo Bracht für ein Duell gewinnen können, doch es ist diesmal sehr wahrscheinlich, dass sich noch weitere Ambitionierte einmischen wollen beim Kampf um den Sieg. Der superschnelle Neuseeländer Terenzo Bozzone hat bei der Pressekonferenz schon mal eine Zeit von 7:50 Stunden angekündigt und auch der Engländer Joe Skipper, im Vorjahr Zweiter, hat durchaus Lust auf eine weitere Sektdusche auf dem Podium im Zielraum.

Rollen klar verteilt

Challenge Roth: Angriff auf die Weltbestzeit

Bei den Frauen sind die Rollen klarer verteilt. Es wäre schon eine sehr große Überraschung, wenn die Schweizerin Daniela Ryf ihren Vorjahressieg nicht wiederholen würde. Schließlich ist die 30-Jährige derzeit die alles überragende Athletin auf der Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren, 42,195 km Laufen). Im Vorjahr, bei ihrer Premiere in Roth, streifte sie die sechs Jahre alte Fabel-Weltbestzeit von Chrissie Wellington. Wenn Ryf es schafft, vier Minuten schneller als 2016 zu sein, dann würde sie Wellingtons 8:18:13 Stunden, aufgestellt am 10. Juli 2011 in Roth, aus den Rekordbüchern tilgen.

Doch dazu muss alles passen. Vor allem: Ryfs Körper muss funktionieren. Das tat er in diesem Jahr fast drei Monate lang nicht, deshalb fühlt sie sich noch nicht ganz so wie bei ihrem bisher besten Rennen 2016 auf Hawaii, wo sie Wellingtons Streckenrekord pulverisiert hat. "Aber ich habe in den vergangenen Wochen riesige Sprünge nach vorne gemacht", sagte Ryf vor Medienvertretern in der Rother Kulturfabrik. Von einer Rekordjagd wollte sie am Donnerstag nicht mehr sprechen. Sondern eher davon "herauszufinden, wie schnell ich sein kann, wie optimal ich meinen Körper tunen kann".

Neue Strecke

Wie schnell man sein kann, hängt auch von den äußeren Bedingungen ab. Die im Kanal kennt Ryf, die auf der Radstrecke auch. Es wird am Sonntag relativ heiß werden, dafür dürfte den Vorhersagen nach kaum Wind stören. Was neu ist beim Challenge Roth, ist allerdings die Marathon-Strecke. Die führt zum Entsetzen mancher Triathlon-Puristen nicht mehr entlang der schmalen und monotonen, dafür aber brettebenen Betriebswege des Main-Donau-Kanals, sondern erstmals nach Büchenbach. So etwas hat es seit den 1990er-Jahren nicht mehr gegeben, als die in den Anfangsjahren üblichen drei 60-km-Radrunden zu zwei 90-km-Runden auseinandergezogen wurden. Das ging damals ohne große Geschwindigkeitsverluste über die Bühne.

Challenge Roth: Angriff auf die Weltbestzeit

Beim neu designten Marathon muss man sehen. Die zweimal zu durchlaufende, gut 20 Kilometer lange Pendelstrecke hat es nämlich in sich. Zwar ist sie fast komplett asphaltiert (gut fürs Tempo), dafür müssen deutlich mehr Höhenmeter bewältigt werden. Und statt einmal geht es jetzt viermal über das Kopfsteinpflaster in der Rother Innenstadt.

Immerhin gibt es unterwegs reichlich Unterstützung. 17 Stimmungsnester sind angekündigt zwischen der Kanallände (östlichster Punkt) und dem Büchenbacher Weiher vor dem Rathaus (nordwestlichster Punkt). Eine fast durchgängige Partyzone also. Renndirektor Felix Walchshöfer begründete den Umzug mit Sicherheitsaspekten. Am Kanal habe es in den vergangenen Jahren einige Zusammenstöße von Läufern mit begleitenden Fahrradfahrern gegeben.

Walchshöfer kann dem Publikum, erwartet werden zu Bayerns größten Ein-Tages-Sportereignis bestimmt wieder 200 000 Zuschauer, jetzt einen deutlich kompakteren Wettkampf bieten. Und wer dann noch den Überblick zu verlieren droht, der kann sich ins Internet einwählen. Die Spitzenathleten sind nämlich allesamt mit einem Tracker ausgestattet, der live anzeigt, wo sie sich gerade befinden.

Möglich macht das Hauptsponsor Datev. Die Nürnberger Softwareschmiede stattet mit dieser Technik ihre eigenen 85 Starter (25 Staffeln, zehn Einzelstarter) aus. Und sagte logischerweise nicht nein, als das Interesse seitens des Veranstalters auch für die Top-Profis signalisiert wurde. Schließlich pflege man beim weltweit größten Langdistanz-Triathlon eine "Partnerschaft statt reines Sponsoring", wie es in der Pressekonferenz hieß.

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